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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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sein über ihr Unglück, oder Mitleid haben mit dem Büßer da unten. Sie weiß nur das eine, sie ist unversöhnlich. Mag der stehen, bis er anwächst, das tut ihm gut! Aber dann bekommt sie ein bisschen Angst. Was heißt »Lebt wohl!« und »es wird fürs erste langen?« Und wie sonderbar der da unten steht! Eine Viertelminute vergeht, dann zieht sie die Gardine, nicht aus Versöhnung, sondern unsicher und verwirrt und ein bisschen hastig. Die Schnur zerreißt und fällt ihr über den Kopf.
    Erika merkt, sie hat zu schnell gezogen. Sie hat noch nicht überlegt, was sie ihm sagen wird. Am besten gar nichts, für sie ist er Luft. Und wie sieht es in der Küche aus! Und sie selbst im aufgekrempelten Rock, nasser Schürze und ausgezogener Bluse ist auch kein Bild, um auf einen Mann Eindruck zu machen. Sie steigt aus den nassen Sachen und macht sich so schön wie möglich.
    Ihr Instinkt ist richtig, doch sie begeht damit einen Regiefehler. Als sie in die Küche tritt, ist Knittel schon da. Jetzt kommt er nicht zu ihr, sondern sie zu ihm, und das ist ein gewaltiger Unterschied. Außerdem hat er an jedem Hosenbein ein nacktes Kindlein, das verleiht ihm Würde und Gewicht. Demgegenüber kann Erika nichts in die Waagschale werfen als ihre neue Tupfenbluse, die er noch nicht kennt, und ein paar unbequeme Fragen, die sie ihm stellt.
    Zunächst funkelt sie ihn kampflustig an. Jetzt, wo er leibhaftig vor ihr steht und sie keine Angst mehr um ihn hat, schwindet ihre Rührung. »Was willst du?«
    Knittel versucht sieghaft zu lächeln; es gerät ein bisschen dünn.
    »Mir war, als hätte jemand die Gardinen gezogen.«
    »Und was hättest du getan, wenn ich nicht gezogen hätte?«
    »Dasselbe.«
    Erika hat sich einen reuigen Sünder anders vorgestellt. »Sag mal, schämst du dich gar nicht?«
    Knittel pariert. »Doch, aber nicht, wo die Kinder dabei sind.«
    Auch Versöhnung ist Kampf; es geht um die Friedensbedingungen, und es gibt auch hier Sieger und Besiegte. Erika will sich ihr Oberwasser nicht nehmen lassen. Sie geht an die Sagobüchse.
    »Wo ist das her?« und zeigt ihm zwei Zahnstocher.
    »Steht doch drauf, von Kempinski.«
    »So. Und wie kommst du an den Handschuh?«
    Knittel nimmt seine ganze Unschuld zusammen. »Wieso Handschuh?«
    »Der so nach Parfüm stinkt!«
    Knittel wird blaß. »Tu mir den Gefallen und sprich nicht von Parfüm.«
    Das war ungeschickt von Knittel. Jetzt hat Erika einen Anhaltspunkt, von dem aus sie weiter fragen und forschen kann. Sie kreist ihn ein, kommt immer mehr in Fahrt und will eine Beichte; das ist das wenigste, was sie verlangen kann.
    Eben das will Knittel nicht. Er will allgemein bleiben und keine Einzelheiten von sich geben, die er vielleicht zeitlebens aufs Brötchen bekommt. Und als Erika immer unbequemer wird und es ganz genau wissen will, wann und wo und mit wem und wieso, da spielt Knittel seinen großen Trumpf aus, den er für den Fall der Not in Bereitschaft hat. »Gut, daß ich daran denke, hast du schon gesehen, liebe Erika, was ich dir mitgebracht habe?« Er öffnet die Kassette, die seinen Reichtum birgt, und hält sie der kleinen Frau unter das zürnende Gesicht.
    Erika will nicht, sie blickt eigensinnig weg. »Wenn du glaubst, mit so einem bisschen Geld ist alles wieder gut? Was soll ich damit, ich will kein Geld, das ist doch gleich wieder alle!«
    Immerhin, Geld ist Geld. Sie blinzelt ein bisschen um die Ecke, ihre Augen werden groß. Das ist nicht, was man allgemein unter Geld versteht, das ist ein ganzer Stapel von Päckchen, und jedes Päckchen hat wer weiß wie viele grüne Scheine, von denen schon jeder einzelne ein Erlebnis bedeutet. Sie kann nicht überschlagen, wie viel es ist, versucht es auch gar nicht, es ist ein Vermögen.
    Geld in hinreichender Menge ist nicht nur ein freundlicher Anblick, sondern eine überzeugende Wirklichkeit, die keiner Begründung bedarf, es hat seine eigene Moral und liegt jenseits von Gut und Böse. Erika steht wie betäubt. Sie ist klein und still und fragt nichts mehr und sagt nichts mehr. Sie fragt auch nicht: »Wo hast du das her?« Sie lispelt leise: »Bist du verrückt?« Aber auch das ist gegen den Besitzer eines solchen Reichtums eigentlich schon unpassend.
    Knittel ist Seelenkenner, aber auch Lebenskünstler. Während Erika die Kinder ins Bettchen bringt, richtet er ein Liebesmahl. Er weiß genau: ist die Versöhnung erst einmal gefeiert und vollzogen, dann kann sie durch nachträgliche Aufrollungen nicht mehr rückgängig

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