Heinrich Spoerl
ausgeben darf, was habe ich denn davon?«
»Auf jeden Fall wünsche ich nicht, daß die Leute etwas merken und sich die Mäuler zerreißen.«
»Och, wenn es niemand sieht, dann macht mir das ganze Geld überhaupt keinen Spaß.«
Knittel tritt ernst vor sie hin. »Liebe Erika, von Spaß ist hier sowieso nicht die Rede. Wenn ich dich darum bitte, dann hat das seine Gründe.« Er reicht ihr die Hand. »Ich erwarte, daß du mir – Augenblick mal, wer klimpert denn da, ist das bei uns?«
Er reißt die Tür zum Wohnzimmer auf und sieht ein Klavier, schwarz, spiegelnd und kantig mit grellweißen Tasten, und davor stehen Lotte und Bübchen und drücken mit runden Fingerchen auf den Tasten herum.
»Hast du das gekauft?« schnaubt Knittel.
»Ja sicher, das ist für die Kinder, meinst du, die sollen so unmusikalisch aufwachsen wie du? Auch der Kühlschrank ist für dich, damit du dein Bier kalt hast, kostet im ganzen Monat nur ein Gasflämmchen für 18 Pfennig, und hier in die Ecke kommt das Telephon, auch für dich, damit ich Abends sehen kann, ob du auch dort bist, wo du sagst.«
Knittel stolpert über ein schlaksiges Geschöpf mit viel zu großen Füßen. »Was wollen Sie denn hier, Fräulein?«
»Aber Manne, das ist doch unsere Emma, für die Kinder und zum Einholen, wo man heute so schwer an Personal kommt, und dann habe ich noch ein Kistchen Zigarren für dich, der Teppich kommt morgen, ich wollte dich so schön überraschen, was machst du für ein Gesicht, ist auch alles schon bezahlt, Manne, und mit dem Geld kann ich machen, was ich will, hast du eben noch gesagt und die Leute brauchen das auch gar nicht merken, du bist ja auch selbst schon feste drüber gewesen, und überhaupt, wenn es auf ist, ist es auf!«
Manne ist knallrot geworden, in seiner Brust staut sich die Luft. Das ist keine Manier, das ist offene Revolution, man will ihn vergewaltigen, vor vollendete Tatsachen stellen, so soll man ihm kommen! Er beißt die Zähne aufeinander und hat gerade noch soviel Beherrschung, vorher das Küchenfenster zu schließen, wegen der Nachbarn.
Es ist ein dreiteiliges Doppelfenster, klemmen tut es obendrein, und das heiße Apfelmus steht im Wege. Aber dann ist es soweit. Er kann loslegen.
Er tut es nicht. Das umständliche Fenster hat seinen Zorn verbraucht. Er ist es leid und macht eine müde Bewegung mit der Hand: »Du weißt schon, was ich sagen will. Aber von mir aus, macht nur so weiter, ihr werdet schon sehen!« Er zieht Schuhe und Kragen aus, hüllt sich in Resignation und zieht sich still und traurig in sein Wachstuchsofa zurück. – »Macht nur so weiter!«
Erika sieht alles ein, was Knittel gesagt und was er nicht gesagt hat. Wer soviel Geld verdient, gleichgültig wie, hat auch etwas zu sagen. Manne ist ein so kluger Mann, und sie will es bestimmt nicht wieder tun. Nur noch ein paar Kleinigkeiten bettelt sie: Ein Hackbrett und eine Frisiertoilette, und was bei der Schneiderin schon in Arbeit ist für sie und die Kinder. Und dazu noch einiges, um den Besitzstand abzurunden; neue Anschaffungen zeugen neue Bedürfnisse.
Knittel bringt es nicht übers Herz, nein zu sagen; erstens weil er nicht gefragt wird, zweitens hat er immer noch ein schlechtes Gewissen, und Erika versteht es meisterlich, im gegebenen Augenblick ihn taktvoll daran zu erinnern. Außerdem bekommt er langsam Spaß an den Dingen. Manchmal, wenn er sich unbeobachtet fühlt, schlenkert er durch die Wohnung und besieht sich alles sehr genau.
Die Päckchen in der Kassette lichten sich. Erika ist nicht kleinlich. Knittel darf auch mal hineingreifen. Aber es ist sein Kummer, daß sie immer wieder neue Päckchen anreißt, ehe die alten aufgebraucht sind, so bringt man es zu nichts.
Immerhin, es ist ein schönes Gefühl, wenn man essen und trinken kann, was einem schmeckt, und kaufen, was einem gefällt. Erika kocht auch nicht mehr vegetarisch, und Knittel wird rund und lustig. Es ist Weihnachten in Permanenz und Flitterwochen dazu, ein heimliches Glück hinter verschlossenen Türen.
Es gibt keine verschlossenen Türen. Die Nachbarn sind längst mobil; die neuen Bettvorleger in Knittels Fenster haben Beachtung gefunden, vor seiner Korridortür riecht es mitten in der Woche nach Braten, Bübchen läuft auf dem Hof herum und zeigt seine Armbanduhr, vier Mark achtzig mit Leuchtzifferblatt, und Erika hat alles neu und ist über Nacht erblondet.
Der Sektpfropfen in der Mülltonne aber gibt den Rest. Knittels plötzlicher Reichtum wird ruchbar,
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