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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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der einen Seite stampft und faucht eine unerbittliche Dampframme, hinter ihm geistert ein verwegener Kran durch die Luft, und dicht neben ihm wird Bauschutt verladen und sendet graugelbe Staubwolken zu ihm herüber. Knittel merkt nichts davon. Ihm ist alles gleich.
    Auf einmal stehen zwei kalkbestaubte Arbeiter vor ihm. »Sie, Sie müssen jetzt aufstehen!«
    »–? –«
    »Die Bank wird ooch abjerissen!«
    ***
    Bei Erika in der Küche ist Samstag.
    Samstag werden die Kinder gebadet. Über zwei Küchenstühle ist eine Zinkwanne gestellt. Das Wasser ist auf dem Herd in verschiedenen Gefäßen, Suppentopf, Wasserkessel und Weckapparat, heiß gemacht und dampft jetzt in der Wanne. Die Küche ist voll Schwaden, es riecht nach Schwamm und Seife. Die kleine Lotte sitzt im Wasser, kräht und zappelt und planscht, daß es auf den Boden schwappt; Bübchen ist schon fertig und turnt mit einem Frottiertuch und triefenden Haaren durch die Küche. Erika muß sich um beide kümmern. Sie hat die Bluse ausgezogen, den Rock in der Taille zu einer Wurst hochgekrempelt und eine blaue Gummischürze vorgebunden. Sie ist nasser als die Kinder.
    Für Lotte ist Baden nicht Selbstzweck. Sie will Schiffchen haben. Die Schiffchen macht der Pappa aus Papier. Pappa ist nicht da. Warum ist der Pappa immer nicht da?
    Bübchen fühlt sich verpflichtet, den Vater zu vertreten. Er reißt den Samstag vom Kalender und faltet daran herum. »Schiffchen machen kann ich ooch.«
    »Wie sprichst du schon wieder«, sagt Erika. »Du sollst nicht ›ooch‹ sagen, es heißt ›auch‹.«
    »Ha'ck doch ooch jesaacht«, erklärt Bübchen beleidigt.
    In das Idyll klingelt ein Dienstmann und bringt ein großes Paket. Beim Auspacken sind es zwei: Eine kleine Stahlkassette und ein Koffergrammophon. Schöne Empfehlung und es wäre von Herrn Knittel.
    Wenn der glaubt, mit einem dummen Geschenk –! Erika sieht an den Sachen vorbei. »Nicht drangehen, Bübchen!«
    Jetzt weiß Bübchen, daß es sich lohnt. Und während Erika, immerhin etwas aufgeregt, der kleinen Lotte das Köpfchen seift, hört sie plötzlich eine Stimme hinter sich, etwas blechern zwar, aber es ist die Stimme ihres Herrn. Bübchen hat nämlich das Grammophon in Gang gesetzt, und die von Knittel besprochene Platte gibt folgende Erklärung ab: »Liebe Erika, meine lieben Kinder, verzeiht mir, daß ich auf diesem Wege zu euch spreche, aber hier müßt ihr mich wenigstens ausreden lassen. Ich hätte –«
    Der ist wohl verrückt. Erika ist hinzugesprungen und hat den Tonarm abgehoben. Aber dann siegt ihre Neugier. Sie setzt die Nadel wieder auf, ein paar Rillen zurück, und Knittel wiederholt mit der gleichen Betonung, der gleichen Zerknirschung und den gleichen Kratzern und Seufzern:
    »– auf diesem Wege zu euch spreche, aber hier müßt ihr mich wenigstens ausreden lassen. Ich hätte auch einen Brief schreiben können, aber dann wäre ich ein Feigling. Und nun –«
    »Der Pappa!« jubeln die Kinder und stehen mit offenen Mäulern, Erika macht »seht« und lauscht weiter.
    »– liebe Erika, wollte ich dich nur davon in Kenntnis setzen, daß ich mit meinem liederlichen Leben jetzt Schluss mache, (betrübt) es erfüllt mich mit Abscheu, und es wird dir vielleicht ein Trost sein, (noch betrübter) daß ich mich dabei nicht besonders amüsiert habe. (Erwartungsvolle Pause.) Ich weiß nicht, was jetzt werden soll. Aber in der Kassette ist Geld, das wird wohl fürs erste langen. – Lebt wohl! Euer euch liebender Vater.«
    Die Platte ist scheinbar zu Ende. Erika steht verstört und rührt sich nicht, man hört nur das leise Kratzen der Nadel; dann fängt das Grammophon wieder an, räuspert sich und spricht leise und bittend noch ein Postskriptum:
    »Liebe Erika, wenn du aber meinst, wir könnten es noch einmal miteinander versuchen, dann erwarte ich von dir ein Zeichen. Es soll darin bestehen, daß du im Schlafzimmer die Gardine aufziehst. (Flüsternd und eindringlich) Hörst du, Erika?«
    »Mutti, wo ist denn der Pappa?« schreit Lotte und fängt an zu heulen. Und während Brüderchen dem Schwesterchen aus der Badewanne hilft und ihm dabei altklug das Wesen des Grammophons erklärt, steht Erika nebenan im Schlafzimmer und späht durch den Spalt der Gardine hinunter auf die Straße. Tief unten steht Knittel; in der steilen Sicht von oben sieht er verkürzt aus; wirklich klein und hässlich.
    Knittel hat richtig gerechnet. Erika weiß nicht, was sie soll: lachen über den verrückten Einfall, traurig

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