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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Verachtung des Buches ist kein unfehlbarer Weg zur Größe.
    Der Herzog von Devonshire, ein führender englischer Liberaler um die Jahrhundertwende, soll nicht einmal gewußt haben, wo sich in seinem Schloß der Eingang zur Bibliothek befand. Er war auch ohne Bücher genügend liberal. Außerdem war es auch schon etwas, daß er eine Bibliothek besaß, die er von einem Sekretär up to date halten ließ. Er bekam und bezahlte Bücherrechnungen und trug dazu bei, daß Bücher geschrieben und gedruckt werden konnten, die die anderen lasen.
    Ich fragte einen mir als wohlhabend bekannten Herrn, was er von Büchern halte. Er erwiderte: »Ach, wissen Sie, man kommt ja nicht umhin. Schon wegen der Steuer muß man Bücher führen.«
    Wir leben in einer Zeit des geistigen Umbruchs. Das Buch ist in aller Mund. Hoffentlich auch in aller Hand – und in aller Schrank.
    Auf den Schrank kommt es an. Wir sind nicht wie die schnelllebigen Franzosen, die ihre Bücher billig und broschiert kaufen und dann wegwerfen oder in der Untergrund liegen lassen. Wir haben Besitzgefühl, wir wollen das Buch nicht nur im Kopf, sondern auch im Schrank. Bücher sind geistige Kapitalanlage. Wir wollen sie unseren Kindeskindern vererben, damit sie Ehrfurcht vor unserer Zeit bekommen und staunen, mit welch hohen Dingen der Großpapa sich bereits beschäftigt hat. Ich fürchte, es wird ihnen gehen wie uns mit den Büchern unserer Großväter: Staunen ja, kopfschütteln auch, und lächeln, worüber man sich damals den Kopf zerbrach, Tränen lachen, wo damals die Tränen der Empfindsamkeit tropften. Die meisten Bücher sind zeitgebunden und für die Nachwelt bestenfalls Kuriosa. Nur die ganz Großen sind zeitlos, aber ob sie ganz groß sind, das kann man nie wissen, das sieht man erst, wenn sie zeitlos geworden sind. Nietzsche fand für seinen Zarathustra keinen Verleger. Aber darum ist nicht jeder, der keinen Verlag findet, ein Nietzsche. Und man kann auch mit Verleger was werden.
    Als eine englische Zeitung bei ihren Lesern eine Umfrage hielt: Nennen Sie die besten zehn Bücher der Weltliteratur – da antwortete Oskar Wilde: Die Frage könne er nicht beantworten, weil er erst drei Bücher geschrieben habe.
    ***
    Ein gutbürgerlicher Bücherschrank besteht teils aus Glas, teils aus Holz. Hinter Glas stellt man die Bücher, die man zeigt, wegen des Lederrückens oder wegen der Kultur, Hölderlin, Spengler, Dante, Li-Tai-Po, Shaw und so weiter. Hinter Holz kommen die anderen – Namen will ich nicht nennen –, ich meine die andern. Die man liest (z.B. Spoerl).
    Ich muß mich berichtigen: Die Bücher, die man liest, kauft man sich nicht, man leiht sie für 20 Pfennig in der Bücherei oder für lau bei seinen Bekannten. Wer ein Buch kauft, ist verdächtig; er will es bestimmt verschenken. Bei Leihbüchern ist das ungehörig. Leihbücher kann man allenfalls weiterverleihen, sie sind daran gewöhnt. Vielleicht tut der Nachmann wieder das gleiche, dann hat der Eigentümer einige Aussicht, sein Buch auf dem Wege einer Kreisleihe eines Tages zurückzubekommen und ein unerwartetes Wiedersehen zu feiern.
    Leihbücher bekommt man nicht immer so zurück, wie man sie hergab. Manche Leser können nicht lesen, ohne das Buch durch Unterstreichungen, Fragezeichen und Randbemerkungen zu bereichern. Das sind die verhinderten Lehrer; am liebsten hätten sie rote Tinte genommen. Eine andere Sorte, die Misstrauischen, fangen das Buch von hinten an, sie wollen zuerst einmal wissen, wie es ausgeht, schön, traurig oder mit Happyend. Die Von-hinten-Leser sind zahlreicher als man denkt, und durchaus nicht nur weiblichen Geschlechts. Es würde sich lohnen, für sie besondere Bücher zu schreiben, die sich rückwärts genau so lesen wie vorwärts, also wie das Wort Otto oder der Satz: Ein Neger mit gazelle zagt im regen niE.
    Das Buch hat eine üble Eigenschaft, die weder durch Propaganda noch durch Notverordnung auszuräumen ist: Es kostet Geld. Nicht viel, aber immerhin. Wer arm ist, kauft zunächst Kartoffeln. Bücher kann man nicht essen, höchstens verschlingen. Die am meisten nach Büchern hungern, haben oft das wenigste Geld. Die kausale Reihenfolge ist ungewiss: Lesen sie, weil sie sonst nichts haben? Oder haben sie nichts, weil sie lesen?
    Unsere Zeit hat den Ausweg gefunden: die Leihbücherei. Es ist vielleicht die Buchhandlung der Zukunft. Ich fürchte, daß es schon heute mehr Leihleser gibt als Kaufleser. Es ist ein Notbehelf. Man liest das eigene Buch mit mehr

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