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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Liebe als das fremde, und die Trennung ist schwer. Aber es ist von zwei Übeln das kleinere: Besser ein Buch nicht besitzen, als nicht lesen.
    Autoren und Buchhändler sollen sich darob nicht grämen. Auch die Leihbüchereien müssen ihre Bücher kaufen und erneuern. Auch die Leihe verschleißt das Buch, vielleicht jedes Mal zu einem Dreißigstel, aber dafür gibt es auch dreissigmal soviel Leihleser als Käufer. Und wenn wir ehrlich sein wollen: Das Buch ist nicht für den Autor und nicht für den Buchhandel da, auch nicht für den Bibliophilen und den Bücherschrank. Sondern für den Leser. Ein Herr, dem ich großen Idealismus nicht zugetraut hätte, gestand mir, er habe ein Lieblingsbuch, das er ständig bei sich auf dem Herzen trage. Er nannte es das Buch der Bücher. Es war sein Scheckbuch.
    ***
    Der zweite Übelstand: Ein Buch beansprucht Zeit. Wann soll man lesen? Zum Frühstück hat man die Zeitung, im Büro wird es nicht gern gesehen, beim Mittagessen ist es ungehörig, nach Tisch muß man schlafen, am Abend hat man Kegelklub, Verein, Stammtisch und so weiter, samstags muß man wandern, rudern, Fußball treten, den Sonntag hat man besetzt und nebenbei auch eine Frau oder Ähnliches. Also bitte? – Man kann die zeitlosen Leute aufs Glatteis führen. Man braucht sie nur zu einem guten Schoppen einzuladen oder zu einer feschen Autofahrt mit Gepäck; man wird erstaunt sein, wie schön sie Zeit haben.
    Es ist nicht die Zeit. Es ist die Bequemlichkeit. Lesen ist geistige Arbeit; man muß das Buchstabenbild zum Wort formen, aus dem Wort den Begriff entwickeln, den Begriff ins Bild übersetzen. Im Kino haben wir es bequemer, wir bekommen Bild und Handlung fix und fertig serviert und die nötigen Geräusche und Stimmungsmusik obendrein. Man braucht nichts zu tun, man kann sich nicht einmal wehren. Kino verwöhnt. Kino verdrängt das Buch.
    Glücklicherweise nur das leichte Buch, das unterhält, ablenkt und die Zeit totschlägt. Das gehobene Buch ist nicht in Gefahr. Sein Wesen ist der Gedanke. Gedanken kann man nicht filmen. – Mir ist nicht bange ums Buch.
    ***
    Das Buch ist ein Schwert des Geistes. Es soll kämpfen, meinethalben auch mit Kanonen schießen; in einer lauten Zeit werden zu leise Bücher überhört. Aber es soll nicht mit Platzpatronen knallen. Noch weniger mit Giftgas die Luft verpesten. Auch Tränengas halte ich für unwürdig.
    Viele Bücher kämpfen nicht, sondern tun nur so, sie ziehen die breite Heerstraße hinterdrein, mit Trommeln und Trompeten, gegen das, was besiegt und erledigt ist. Die haben es gut, da kann nicht viel passieren.
    Dann schon lieber jene sanften Bücher für die sanften Leute, die ihre Ruhe haben wollen, überall und auch beim Lesen. Auch diese Bücherhaben ihre Berechtigung, wenn sie einen ehrlichen Bedarf mit ehrlichen Mitteln befriedigen. Das sind die Bücher, die man überall liest, in der Straßenbahn, neben der Schreibmaschine, am Radio, insonderheit aber nach des Tages Last und Müh Abends im Bett zum Einschlafen. Gute Nacht!
Kuss in Großaufnahme
    Ich bin kein Mucker, ich bin das genaue Gegenteil einer alten Jungfer, ich bin auch keineswegs futterneidisch, ich bin gar nichts. Aber wenn ich einmal mit einem Liebespaar zusammen sein sollte – auch das vermeide ich nach Kräften – und die beiden nehmen trotz meiner Gegenwart Veranlassung sich zu küssen – dann schaue ich bescheiden weg, blättere in einer Zeitung oder blicke zum Fenster hinaus oder drücke mich von hinnen. Nie würde es mir einfallen, die Küssenden mit aufgerissenen Augen anzustarren, oder gar die vereinigten Lippen mit sechsfacher Vergrößerung ins Opernglas zu nehmen.
    Das alles aber tut der Film, wenn er uns diesen Vorgang in Großaufnahme vorführt.
    Zusehen beim Küssen hat an sich bereits etwas Peinliches. Worauf das beruht, wäre vielleicht einer psychologischen Untersuchung wert. Es ist nicht, weil man sich überflüssig fühlt. Überflüssig ist man oft genug im Leben. Es ist auch nicht wie beim Essen, wo man nicht gerne mit langer Zunge dabeisteht und zusieht, wie ein anderer sich delektiert. Es liegt einfach daran, daß Küssen auf Grund jahrtausendlanger Kulturübung zu den Betätigungen gehört, die grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzogen werden. Es ist eine Sache des Taktes, ich möchte sagen, der Schamhaftigkeit. Ausgerechnet der Film hält sich für berechtigt und verpflichtet, den Schleier herunterzureißen und uns in rücksichtsloser Großaufnahme

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