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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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den niedlichen Betrug, der ihm gelingt. Nur selten hat Frau Mengwasser Zeit, an den gemeinsamen Tisch zurückzukehren, und dann schnauft sie vor Glück und Lebensfreude: »Ach Gustav, es ist himmlisch, tanz doch auch mal! Vielleicht mit Fräulein Paula.«
    »Nein, danke«, sagt Paula, »ich tanze nur mit Karl.«
    Herr Platte zeigt allerdings wenig Eifer: er hat auch die Karte an Mama immer noch nicht unterschrieben, sondern bittet die begehrte Frau Delius mit einer leichten Seitenverbeugung zu dem neben ihr sitzenden Reiseleiter: »Sie gestatten?«
    »Aber bitte. Obgleich ich – leider – nichts zu gestatten habe.«
    »Ist ja auch egal, wir sind hier sowieso eine Familie, wie der Herr Reiseleiter schon so treffend bemerkt hat. Eigentlich sollten wir überhaupt alle miteinander Brüderschaft trinken«, ruft er über den Tisch. »Bitte die Gläser zu füllen.«
    Die fröhliche Gesellschaft wagt nicht zu widersprechen, nur der Reiseleiter wiegt den Kopf. Der Gedanke taucht bei diesen Reisen häufiger auf, aber es hat sich erwiesen, daß diese voreilig getrunkenen Brüderschaften nicht glücklich machen; am nächsten Morgen, wenn die weinfrohe Stimmung verflogen ist, liegt das ›Du‹ fremd auf der Zunge, man ist verlegen und umgeht die Anrede, sucht einen ehrenvollen Rückzug in das glattere ›Sie‹. Doktor Delius hat sich von der Gesellschaft abgesondert; er sitzt in einiger Entfernung an einem kleinen runden Tisch vor einer Karaffe roten Tirolers und hat, um nicht allein zu sein, den alten Herrn dazu eingeladen.
    »So ist das, Herr Doktor«, sagt der alte Mann, »ich bin jetzt einundsiebzig Jahre alt, am achtzehnten Oktober werde ich zweiundsiebzig. Ein schönes Alter, sagen die Leute, aber es ist nur ein hohes Alter, schön ist es nicht. Manchmal bin ich ein bißchen müde und mache die Augen zu, aber daß ich das alles noch einmal zu sehen bekomme, die Berge und die fremden Städte! Und das verdanke ich alles meinem Sohn.«
    »Fällt Ihnen das nicht auf«, sagt Doktor Delius, »jetzt sitzt sie schon wieder neben diesem Menschen und spricht mit ihm und lacht ihn an, und schamlos vor meinen Augen. Sehen Sie mal, jetzt tanzt sie auch noch, sogar mit einem anderen, aber das ist nur Getue, ich weiß, was ich weiß.«
    »Mein Sohn ist nämlich auf dem Lohnbüro«, fährt der alte Mann fort, »es war schwer für ihn nach dem Krieg und der langen Gefangenschaft, aber inzwischen verdient er wieder ganz nett, und da hat er mir die Reise zu Weihnachten geschenkt, er hat zwei Jahre darauf gespart, und es ist auch schon für nächste Weihnachten mit.«
    »Und so etwas nennt sich nun Reiseleiter«, sagt Delius, »kümmert sich um nichts und hat nur Augen für meine Frau. Aber heute nachmittag, als Not am Mann war – ich meine die Sache mit dem Hund –, da hat dieser tüchtige Herr gekniffen, obgleich es seine Sache gewesen wäre; da hat er es mir überlassen, dazu war ich gut genug.«
    So reden sie aneinander vorbei, sprechen Monologe und merken es nicht. Schließlich verstummen sie und hängen ihren einsamen Gedanken nach.
    »Guten Abend, Herr Doktor«, sagt eine helle Stimme. Delius fährt herum: vor ihm, wie aus dem Boden gestiegen, steht Li in einem langen, schwebenden Sommerkleid und strahlt ihn an. Er weiß nicht, ob er sich freuen soll. Eigentlich hat er sie aus seinem Erleben schon gestrichen, außerdem ist er zur Zeit böse mit der Welt und ihren Bewohnern.
    »Wie kommen Sie denn hierher?«
    »Mit der Eisenbahn. Außerdem schulde ich Ihnen noch zehn Mark für die Untersuchung.« Dann neigt sie sich zu ihm: »Warum sitzen Sie nicht bei Ihren Leuten?«
    »Das – hat sich so ergeben.«
    »Sie haben recht. Ich wundere mich ohnehin, daß Sie mit solchen Spießern zusammen sind.«
    Delius verträgt keine Übertreibungen. »Spießer wäre nicht schlimm, wahrscheinlich bin ich selber einer, aber sie sollten sich wenigstens anständig benehmen; ich begebe mich für sie in Gefahr, und zum Dank erfinden sie Spitznamen und dichten Schnadahüpfel auf mich. Ist denn ein Mut weniger groß, wenn die Gefahr, an die alle glauben, sich nachher als Irrtum herausstellt?«
    Li versteht von allem kein Wort, aber sie gibt ihm recht. »Und damit Sie auf andere Gedanken kommen: jetzt tanzen Sie mit mir einen süßen langsamen Walzer.«
    »Ja – natürlich – aber glauben Sie nicht, daß meine Leute – vor allem die Damen –?«
    »Das sollen sie ja gerade! Die wollen wir mal ein bißchen ärgern.«
    Delius findet diese

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