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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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mich ausdrücken –, ich hatte sogar erwartet, daß er an dem betreffenden Abend zu mir in mein Zimmer kommen würde, und darum habe ich mir auch meinen hell-lila –«
    »Und nun waren Sie natürlich enttäuscht, daß er jener anderen Dame den Vorzug gab? Das gibt allerdings eine Erklärung. – Sind noch Fragen an die Zeugin?«
    Die beiden Anwälte werden lebendig. Der feierliche Justizrat des Doktor Delius erhebt sich mit Nachdruck. »Ich wiederhole meinen Protest gegen diese Art der Prozeßführung. Ich empfinde es als geradezu ungehörig, daß mein junger Kollege ohne Ankündigung und ohne Beweisbeschluß eine Zeugin zum Verhandlungstermin mitbringt und mich damit überrumpelt. Ich bestehe auf Vertagung, damit meine Partei, die sich leider noch auf Reisen befindet, erscheinen kann und Gelegenheit hat, sich zu dieser überraschenden Aussage zu äußern.«
    Der junge Anwalt der Frau Delius schnellt in die Höhe. »Ich widerspreche der Vertagung! Es ist heute bereits der dritte Termin, und es geht nicht an, daß dieser Prozeß noch weiter in die Länge gezogen wird, nur weil die Gegenpartei auf Vergnügungsreise und Liebesabenteuer geht, anstatt sich um den Termin zu kümmern.«
    »Herr Kollege, Sie vergessen, daß auch Ihre Partei nicht erschienen ist.«
    »Herr Justizrat, wir unsererseits beantragen ja keine Vertagung. Übrigens wüßte ich auch nicht, was die persönliche Anwesenheit des Herrn Delius an der Sache noch ändern könnte. Entweder gibt er den Sachverhalt zu, dann ist alles in Ordnung; oder er bestreitet ihn, dann wird er damit die eidliche und eindeutige Aussage der Zeugin nicht aus der Welt schaffen. Der Sachverhalt ist klar. Ich bitte um Entscheidung.«
    »Mein junger Kollege begeht einen weitverbreiteten Denkfehler. Mit dem berühmten Entweder-Oder kann man eine Sache aufspießen, aber nicht ergründen; die meisten Dinge liegen zwischen diesen beiden Polen. Und ob die Stellungnahme meiner Partei in der Lage ist, die Aussage der Zeugin zu erschüttern, läßt sich erst beurteilen, wenn man meine Partei gehört hat. Auch ich bin für schnelles Recht – aber mehr noch für richtiges Recht.«
    Das Gericht erhebt sich. Das Gericht wird beraten.
    ***
    Es ist Abend. Ein feiner Regen sprüht um den Autobus und läuft in glitzernden Tropfen an den Scheiben herunter. Wie durch einen Schleier sieht man die Nebelhöfe der auftauchenden Laternen, erkennt die Vororte der Stadt und überholt Straßenbahnwagen mit vertrauten Nummern und Schildern. Die Häuser werden höher, die Straßen belebter, das Gewirr der Lichter spiegelt sich auf dem nassen Asphalt und den aufgespannten Schirmen. Eine Stadt ist schön im Abendlichen Regen.
    »Meine Damen und Herren! Jede Reise hat zwei Höhepunkte; den einen, wenn man hinausfährt, erlebnishungrig und voller Erwartung – und den anderen, wenn man heimkehrt, gesättigt von den Eindrücken und in Vorfreude auf das eigene Zuhause. Genießen Sie jetzt diesen zweiten. Wenige Minuten noch, und wir werden mit einer kaum halbstündigen Verspätung vor dem Hause der Turopa landen, und damit wird unsere fröhliche Gemeinschaft ihr Ende finden. Wir wollen darüber nicht traurig sein; denn das gerade ist das Gute an solchen Reisebekanntschaften, daß sie unverbindlich sind und sich von selber lösen, wenn ihre Zeit vorüber ist.«
    Der Reiseleiter, schon in Mantel und Mütze, hat seine letzte Ansprache gehalten. Man hat nicht mehr hingehört, der Zerfall der Reisefamilie hat bereits begonnen, jeder ist nur noch mit sich beschäftigt, mit seinen Decken, Mänteln und Taschen; man scheint sich kaum noch zu kennen, und wenn man aussteigt, wird man wahrscheinlich vergessen, sich voneinander zu verabschieden.
    Und jeder hat seine eigenen Gedanken. Das Ehepaar Mengwasser sitzt Hand in Hand. Das war eine schöne Reise! Und sie sind glücklich, daß sie jetzt nichts mehr zu besichtigen brauchen, hoffentlich hat die Anna auch an die Sülze gedacht und den Mosel kalt gestellt. Der Herr Regierungsrat ist schon seit gestern von der Eleganten abgerückt, er hatte seine ernsten Absichten betont und sich einen Korb geholt: ihr Ausflug ins Bürgerliche sei nun zu Ende, und sie müsse sich jetzt ihrem Beruf wieder widmen. Der alte Mann im Sonntagsanzug möchte ein Andenken mit nach Hause bringen und läßt einen zerknitterten Reiseprospekt im Autobus rundgehen, und alle müssen ihren Namen hineinschreiben, bitte auch der Herr Reiseleiter und der Herr Schofför. Und die Paula nimmt auf Karl

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