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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Ausrüstung einer Gendarmeriestation. – Dann öffnet er den großen Schrank. Ein Chaos von schief getürmten Akten rutscht ihm entgegen, flutet ihm über Kopf und Schultern und regnet auf den Boden.
    »Da dürfen Sie auch nit so einfach dranjehen«, sagt vorwurfsvoll Neuß und kehrt mit den Fingern wieder die Papiere zusammen.
    Derendorf ist an seinen Schreibtisch gekommen und sieht die Schreibunterlage: »Was ist das?«
    »Sie meinen den Fettfleck, sozusagen?« Gladbach klappt die Hacken.
    »Wie kommt ein Fettfleck auf den Schreibtisch eines Beamten?«
    »Da haben mer auch schon drüber nachjedacht«, seufzt der lange Neuß.
    Derendorf reißt das Blatt von seiner Schreibunterlage, knüllt es zusammen und will es in den Papierkorb werfen, aber den hat er hinaustragen lassen, und er steckt es kleinlaut in die Hosentasche. Dann setzt er sich in seinen hölzernen Amtssessel und trommelt mit den Fingern auf die Schreibtischplatte. Er ist tatendurstig und hat nichts zu tun. Er hört die Hunde bellen und manchmal einen klappernden Radfahrer, und vom Fluss her das Läuten der Schlepper.
    Das Telefon bleibt still. Und keiner kommt und will ihn sprechen. Gladbach und Neuß sitzen wieder auf ihren Stühlchen und ziehen Linien auf Papier.
    Derendorf hat sich das anders vorgestellt. Gedankenlos öffnet er die Schublade seines Schreibtisches. Ein Berg von Papieren, ausgefüllten Formularen, Haftbefehlen und vergilbten Amtsblättern quillt ihm entgegen.
    »Was ist das?«
    »Dat sind die Sachen, wo man besser nit dran rührt«, belehrt ihn Neuß.
    »Dann werde ich daran rühren!« Und Derendorf stülpt den Inhalt der Schublade auf seinen Schreibtisch, zieht die Ärmel hoch und macht sich entschlossen darüber her.
    Es gibt viele Dinge, ›an die man besser nicht rührt‹. Es sind sogar die meisten. Es läuft nicht über die Straße und schreit nicht durchs Telefon und klopft nicht an die Tür, sondern ruht verborgen in einem Schubfach, das, was die Menschen ärgert, woran die Zeit krankt und wogegen noch keiner vorgegangen ist! – Nun hat er es gefunden, und in seinem Eifer bemerkt Derendorf nicht, daß inzwischen eine junge Bäuerin in die Wachstube gekommen ist, die sich neben der Tür aufgestellt hat und mit grimmiger Geduld darauf wartet, daß sie angehört wird.
    Aber Gladbach hat sie bemerkt: »Sie sehen doch, der Chef ist am arbeiten.« – »Und mer sind auch jar nit zuständig«, raunzt Neuß.
    Da sieht Derendorf auf: »Sie sind im Irrtum. Erstens bin ich immer zu sprechen. Zweitens ist die Polizei für alles zuständig, und wenn sie nicht zuständig sein sollte, dann ist sie – drittens – wenigstens zuständig für die Auskunft, wer zuständig ist.«
    »Auf so Spitzfindigkeiten Lass ich mich nit ein!« Der Frau reißt die Geduld, und sie trampelt auf Derendorf zu und knallt ihm ein blutiges Paket auf den Schreibtisch. »Da Lump, da Spitzbub, da Strolch! –«
    »Moment!« unterbricht Derendorf die Frau. »Sie kennen mich doch noch gar nicht!«
    »Sie mein ich ja auch nit, ich mein da Drecksack, da Laumann, da Pennes –«
    »Ach so. Sie wollen eine Anzeige machen. Aber dann müssen Sie versuchen, sachlich zu bleiben.«
    »Wat? Sachlich? Auch dat noch? Dat wäre ja noch schöner! Wenn ich jejen so einen vorjeh, dann muß ich auch sagen, wat dat für einer is.«
    »Gegen wen wollen Sie denn vorgehen?«
    »Sicher gegen der ihren Hauswirt«, meint Gladbach, der zur Miete wohnt.
    »Oder jejen der Mann«, meint Neuß, der verheiratet ist.
    Die Frau schüttelt den Kopf. »Die zwei beide waren et diesmal nit. Ich mein den Nazi mit dem Auto, der mich dat Huhn überfahren hat. Und wie meinen Sie, wie da davonjejückt is!« Und sie wickelt aus dem Paket ein zerknautschtes Huhn: »Sechs Jahre haben mer miteinander jelebt. Und wie et mich immer treu die Eier jelegt hat und is mich überall nachjekommen, bis in't Schlafjemach und weiß Jott wohin. Und nun is et tot, die arm Seel.« Und sie streichelt die blutige Leiche.
    Derendorf hat ein Formular aus dem Regal geholt: »Sie haben also den Unglücksfall beobachtet. War es ein Lkw oder Pkw?«
    »Enä, Herr Wachtmeister, so einer war dat nit, dat war mehr ene Schieber.«
    »Kennen Sie denn den Mann?«
    »Ich, son Jesocks kennen? Enä, Herr Wachtmeister. Aber wenn einer im Auto fährt, dann weiß man jenug!«
    Derendorf betrachtet nachdenklich das Formular: »Ich fürchte, liebe Frau, daß ich Ihnen nicht helfen kann. Und eigentlich hat ein Huhn auch nichts auf der

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