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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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Neuanschaffung, die mit auffälliger Unauffälligkeit erwähnt oder vorgeführt wird.
    Diesmal mußte Anton daran glauben. Er wurde als Sehenswürdigkeit im Kreise herumgereicht und von den unterschiedlichen Damen getätschelt und bewundert wie ein kleines Baby. Für Anton war das nichts. Er mochte die vielen Hände nicht, die alle verschieden rochen; er konnte die vielen Stimmen nicht vertragen, die alle dasselbe fragten: Wo ist denn das kleine Hundchen? Er wollte fort, aber man ließ ihn nicht.
    Dann muß ich mich etwas unbeliebt machen, dachte Anton und griff auf eine Übung zurück, die er sich eigentlich schon abgewöhnt hatte. Die Maria mußte mit dem Aufnehmer kommen, und Anton wurde entlassen.
    Dann nahm der Kaffee seinen gewohnten Verlauf. Aber als man bei der vierten Tasse war, die Frau Tierarzt Erster Klasse hatte bereits die fünfte, da klingelt es zweimal laut und dreist.
    Die Maria meldet: »Da is jemand.«
    »Wer?«
    »Zwei Männer.«
    Frau Hedwig flitzt hinaus. Die Gesellschaft tuschelt. Zwei Männer? Hedwig ist wieder an der Tür. »Selma, komm doch mal.« Die Tante trinkt ihre Tasse aus und verschwindet. Draußen hört man aufgeregtes Sprechen. Die Damen spitzen die Ohren. Man kann nichts verstehen. Eine ist mutig, schleicht an die Tür und lauscht. Die andern kommen nach und helfen lauschen. Nur eine junge, pausbäckige bleibt am Tisch und futtert weiter.
    An der Tür entsteht ein Kampf ums Schlüsselloch. Das Schlüsselloch ist der wichtigste Teil an einer Tür. Durch das Schlüsselloch sieht man draußen den Kommissar mit einem Polizeibeamten. Man hört Frau Hedwig lamentieren: »Nein, einen so zu überfallen.« Und den Kommissar: »Haussuchungen werden nicht vorher angemeldet.«
    Dann kommt das Sprechen aus dem Herrenzimmer. Die Kaffeedamen huschen zur Herrenzimmertür. Eine Schande, daß eine Tür nur ein einziges Schlüsselloch hat. Es ist wieder ein lautloser, erbitterter Kampf. Die meisten müssen sich mit Hören begnügen. Im Herrenzimmer werden Schränke und Schubladen geöffnet.
    Dasselbe an der Schlafzimmertür. Betten und Schränke werden durchwühlt. Die Kaffeedamen beben vor Neugier und Schadenfreude.
    Plötzlich spritzen sie von der Tür weg. Eine bekommt noch einen Bums vor den Kopf. Frau Hedwig kommt herein und kann kaum sprechen. »Entschuldigen Sie vielmals, ich habe – wir können den Kaffee vielleicht ein anderes Mal nachholen.«
    Die Damen setzen sich wieder an den Tisch. »Oh, wir warten solange.«
    »Es wird wohl etwas länger dauern.«
    »Aber bitte, das macht gar nichts.«
    »Ich muß nämlich dieses Zimmer haben. Wir haben Besuch bekommen.«
    »O wie reizend!«
    Die Kaffeedamen brechen langsam auf. Die Dicke an der Sahnetorte folgt als letzte mit kauenden Backen.
    Es war ein schöner Kaffee. Der schönste seit vielen Jahren.
    ***
    Das Ergebnis der Haussuchung war keineswegs negativ. Die gestohlene Wäsche hat man nicht gefunden – sie war offenbar schon beiseite geschafft –, wohl aber einen Postabschnitt über hundert Mark, die Kempenich an das Hotel Monbijou geschickt hatte, und einen Brief dieses Hotels an Kempenich:
    Wir bekennen uns zu dem Empfang Ihres Gestrigen und bestätigen dankend den Erhalt von hundert Mark und betrachten wir damit die Angelegenheit als erledigt. Wir halten uns weiterhin bestens empfohlen und zeichnen mit vorzüglicher Hochachtung
    Kempenich wußte nicht, daß die Strafanzeige nicht zurückgenommen werden konnte und daß man ihm die Bezahlung der gestohlenen Wäsche als neuen Schuldbeweis auslegen könnte. Es war sein Schicksal, alles falsch zu machen.
    Ein paar Tage später meldet die Maria: »Da is wer.«
    »Wer ist wer!«
    »Ein Mann.«
    »Was für ein Mann?«
    »Ein dicker.«
    »Ich bin nicht zu Hause.«
    Es ist der Herr Bürgermeister. Er ist bereits eingetreten.
    Das ist hoher Besuch. Sogar für das Haus Kempenich. Ihm zuliebe wird der Ehekrieg für einige Augenblicke außer Betrieb gesetzt. Die Ehegatten, plötzlich ein Herz und eine Seele, betun sich um den freundlichen Herrn. Kempenich schiebt ihm einen Sessel in die Kniekehlen. Frau Hedwig bemüht sich um die Unterhaltung.
    Der Bürgermeister ist leutselig und erkundigt sich nach Kempenichs Befinden.
    »O danke für die gütige Nachfrage, ausgezeichnet.«
    »Vielleicht sollten Sie trotzdem ein paar Wochen ausspannen.«
    »Aber mir fehlt wirklich nichts, Herr Bürgermeister.«
    »Es gibt Fälle, wo auch bei vorzüglichster Gesundheit ein gewisser Erholungsurlaub am Platze

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