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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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nicht übel, aber darauf war ich nicht gefaßt.«
    »Worauf waren Sie nicht gefaßt?«
    »Erstens überhaupt. Und zweitens, daß ausgerechnet Sie selbst die Sache in Händen haben.«
    »Wer Sie vernimmt, das unterliegt nicht Ihrer Kritik, das bestimme ich.«
    »Bestimmen Sie? Das ist ja gerade das Famose. – Herr Staatsanwalt, wir sind unter uns und brauchen uns gegenseitig nichts weiszumachen. Beneiden tue ich Sie nicht um Ihre Situation; ich weiß auch nicht, wie Sie die Komödie verantworten können. Jedenfalls machen Sie es recht gut, und vielleicht ist es auch der einzige Weg, die verdammt peinliche Affäre unauffällig zu begraben.«
    Treskow sieht den Besucher lange und traurig an. Schade, jetzt hat man glücklich einen Augenzeugen, und nun ist er scheinbar etwas beschränkt. Bei Mühsam war er doch ganz manierlich. Vielleicht kommt man bei ihm mit Sanftheit weiter.
    »Lieber Herr, Sie müssen etwas ruhiger sein. Darf ich Ihnen ein Glas Wasser anbieten? – Und wollen wir uns gemütlich unterhalten. Also, da kam dieser Mann zum Denkmal – und was hat er da gemacht?«
    »Herr Staatsanwalt, was der da gemacht hat, das dürften Sie selbst doch am besten wissen«, lächelt Rabanus.
    »Natürlich, wir haben unsere Ermittlungen. Aber ich möchte es gern von Ihnen hören und protokollieren.«
    »Ich fürchte, Herr Staatsanwalt, Sie überspannen den Bogen. Fingern Sie die Sache, wie Sie wollen, das geht mich einen Dreck an. Aber mich lassen Sie gefälligst aus dem Spiel. Das Beste ist, ich verschwinde jetzt und existiere nicht für Sie, und Sie nicht für mich.«
    »Sie bleiben!« donnert Treskow, »Sie haben hier Ihre Aussage zu machen!«
    »Ist es nicht in Ihrem Interesse, wenn Sie etwas leiser sprechen? Und nun will ich Ihnen mal einiges sagen. Ich bin gewiß kein Spaßverderber, und ich kann mir zur Not auch vorstellen, daß man in nächtlicher Besoffenheit etwas anrichtet, was man am nächsten Tage nicht mehr wissen will oder vielleicht auch wirklich nicht mehr weiß – vielleicht wirklich nicht mehr weiß –« Rabanus stutzt plötzlich, tut einen tiefen Blick in das klare, offene Gesicht des Staatsanwalts und führt den Satz nicht zu Ende. Er ist wie verwandelt, setzt sich wieder und beginnt ruhig und bescheiden seine Erzählung:
    Wie der Mann ausgesehen habe? Er entsinne sich noch genau: es war ein kleiner, untersetzter Mann mit Backenbart und Mütze, offenbar dem Arbeiterstande angehörig. Nein, ein Hund war nicht dabei.
    Und ob er jetzt gehen könne?
    Treskow hat alles mitgeschrieben. »Im Gegenteil, mein Lieber, nun fangen wir erst richtig an. Wer mich beschwindeln will, muß wenigstens ein gutes Gedächtnis haben. Sie vergessen, daß Sie vorhin bei der Polizei eine völlig andere Beschreibung des Täters zu Protokoll gegeben haben.«
    »Möglich.«
    »Welche von beiden Beschreibungen ist nun die richtige?«
    »Stelle anheim. Sie haben die Auswahl. Nehmen Sie die, die Sie am besten brauchen können. Ich empfehle die jetzige.«
    »Lassen Sie das. Jedenfalls geben Sie zu, daß Ihre Aussage sich widerspricht. Können Sie dafür eine Erklärung geben?«
    »Nein.«
    »Dann will ich es tun: Sie hatten die Absicht, die Polizei auf falsche Fährte zu locken. Offenbar wollen Sie den Täter schützen. Sie, ich warne Sie! – Jetzt noch eine Frage.« Treskow sieht den Zeugen mit der stählernen Schärfe seiner grauen Augen an.
    »Kennen Sie diesen Mann mit der Mütze? Ja oder Nein?«
    »Nein, Herr Staatsanwalt. Den Mann mit der Mütze – den kenne ich nicht.«
    »Weiter: Warum haben Sie sich nicht selbst als Zeuge gemeldet, wie man das von einem anständigen Menschen erwartet?«
    »Wenn ich ehrlich sein soll: Die Sache war mir zu dumm.«
    »Aber uns ist sie nicht zu dumm!«
    »Das liegt an Ihrem Beruf.«
    Treskow steht auf und geht zum Fenster. Vor dem Gebäude hat man Asphalt gelegt, damit die Justiz ihre Ruhe hat. Auf dem Asphalt laufen die Kinder Rollschuh. Die Rollschuhe rasseln von früh bis spät. Treskow überlegt: Dieser Rabanus steht offenbar in enger Beziehung zum Täter, ist es womöglich selbst. Durch eine voreilige Verhaftung würde man die Fäden zerschneiden und alles verderben. Besser, man stellt sich dumm – das ist immer klug –, wiegt diesen Rabanus in Sicherheit und läßt ihn insgeheim überwachen. Zu gegebener Zeit kann mandarin zuschnappen. Ein Staatsanwalt muß ein feines Köpfchen haben.
    »Sie wohnen Ritterstraße 6?«
    »Jawohl, Gartenhaus.«
    »Ausgezeichnet. Ich danke Ihnen

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