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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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holte sich abwechselnd in der Küche eine Tasse Bouillon oder eine vorzeitige Bratenschnitte und erteilte dem Willi an der Presse weise Lehren. Übrigens war er das einzige Unternehmen am Platze, und durch den ständigen Umgang mit trauernden Hinterbliebenen hatte er sich einen beileidigen Tonfall zugelegt, der die Kundschaft zwar entzückte, aber seiner Autorität als Haushaltungsvorstand einigen Abbruch tat. Als Rabanus hereinschneite, wurde er kurzerhand an den Tisch gequetscht und mußte frühstücken helfen. Das war bei Prümpers so üblich. Rohen Schinken oder gekochten? Schwartenmagen? Ein Eichen gefällig? Oder Pflaumenmus, hat Mariechen selber eingekocht. Vielleicht ein bißchen Holländer hinterher, oder ein Kotelettchen in die Pfanne?
    Sie hielten ihn für einen der ewig hungrigen Maler, und er wollte ihnen die Freude nicht verderben, tat mit und brachte es nicht übers Herz, zu sagen, was er eigentlich wollte.
    So kam es, daß sie seinen Besuch mißdeuteten. »Eh dat ich et verjeß«, sagt plötzlich der Alte, »Sie wollen jewiß schon en bißken Jeld?« Und schloß die breite Kommode auf.
    »Was soll ich mit dem Geld?«
    Mariechen stieß ihn mahnend in die Seite, und auch der Willi redete ihm zu: »Sie müssen nit so schenant sein. Jeld ist, was man immer brauchen kann. Wann is dat Bild dann fertig?«
    Dadurch kam Rabanus hinter das Mißverständnis. »Ich will Ihnen doch kein Bild verkaufen; ich male Fräulein Ria zu meinem Vergnügen. Verstehen Sie das nicht?«
    Nein, das verstanden sie nicht. Entweder malt ein Maler ein Modell, das ist zwar unanständig, aber nicht zu vermeiden, dann muß der Maler dafür bezahlen. Oder er malt eine Dame der Gesellschaft, dann bezahlt die Dame. Hier kam natürlich nur das letztere in Frage.
    Rabanus brachte es nicht über sich, die guten Leute zu kränken oder gar ihr Mariechen in Verdacht zu bringen. Er wehrte sich nicht dagegen, daß man ihm zwanzig Mark in die Rocktasche stopfte, und mußte versprechen, recht bald wiederzukommen.
    Inzwischen war es halb elf geworden.
    ***
    Kriminalkommissar Mühsam hatte ohnehin schlechte Laune. ›Sedan‹, bisher der Stolz seines Herrn und der Neid der Kollegen, war zum Spitznamen geworden. »Sedan Sedan«, raunte es hinter Mühsam her, wenn er über die Flure ging; manche wisperten nur »S-s«, dann verstand Mühsam schon und schnellte den roten Kopf nach hinten. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als das Tier Hals über Kopf, noch ehe die Heldentat ruchbar wurde, an einen Magdeburger Kollegen zu verkaufen, als unerschrockenen Polizeihund und mit dreihundert Mark Verlust. Das tut weh.
    Der einzige, der sich an der Hänselei nicht beteiligte, war der Assistent Schibulski. Seine Sticheleien gingen nach einer anderen Richtung. »Ich möchte nicht in Treskows Haut stecken.« Und wenn man ihn fragte, wieso und warum: »Ich meine man bloß; vielleicht weil er viel Arbeit hat; vielleicht, weil er noch allerhand Ärger bekommt. Man kann nie wissen.«
    Obgleich Rabanus dreiviertel Stunde zu spät kam, mußte er warten. Wahrscheinlich zur Strafe. Übrigens ließ Kriminalkommissar Mühsam seine Zeugen immer warten. Große Herren sind stark beschäftigt, ihre kostbare Arbeit ist in Minuten aufgeteilt; wenn sie sofort vorließen, könnte der Verdacht aufkommen, als hätten sie am Ende gar Zeit. Außerdem wirkt Warten erzieherisch. Durch Warten wird man klein und häßlich. Wer zwei Stunden gesessen hat, ist winzig wie eine Maus und Wachs in den Händen dessen, der warten läßt.
    Rabanus hatte es nicht anders erwartet. Er vertrieb sich die Zeit und machte von den Beamten, die das Vorzimmer bevölkerten, eine Serie von Karikaturen. Es gelang nicht, und dann kam er dahinter, daß man von Karikaturen keine Karikaturen machen kann. Als sein Notizbuch voll war, stand er auf, schob einen sich entgegenstellenden Schreiberling beiseite, öffnete mit frevler Hand die verbotene Tür und stand vor dem Kriminalkommissar, der eben sein drittes Frühstück zu sich nahm.
    Mühsam fühlte richtig, daß ein Einblick in diese menschliche Tätigkeit seiner Autorität schädlich war, und suchte sie auf andere Weise wiederherzustellen. Zunächst kaute er eine Zeitlang ruhig weiter, versuchte von dem Eingetretenen keine Notiz zu nehmen und ließ ihn an der Wand herumstehen. Dann stellte er Kaffeekännchen und Tasse unten in das Gefach seines Schreibtisches, strich das Pergamentpapier über der Tischkante gerade, faltete es sorgfältig zusammen und steckte es in

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