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Heinrich Spoerl

Heinrich Spoerl

Titel: Heinrich Spoerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ADMIN JR.
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die Brusttasche. Sah den Besucher plötzlich mit Kugelaugen an und brüllte:
    »Was wollen Sie?«
    Der große Rabanus, sanft wie ein Kind: »Irrtum Ihrerseits. Ich will gar nichts. Wahrscheinlich wollen Sie etwas von mir.«
    »Wenn Sie geladen sind, haben Sie zu warten.«
    »Zweiter Irrtum. Nicht zum Warten bin ich geladen, sondern zur Vernehmung. Aber wenn ich störe, kann ich vielleicht demnächst bei Gelegenheit einmal wieder vorbeikommen, oder nach meiner Reise.« Tat, als wolle er wieder gehen.
    »Wissen Sie überhaupt was von der Sache?«
    »Weiter nichts – ich kam nur gerade vorbei, als jemand das machte.«
    »So-so-so, Sie haben den Täter gesehen? Warum sagen Sie das nicht gleich? Aber bitte, nehmen Sie doch Platz – nein, bitte den Sessel, wenn ich bitten darf. Würden Sie wohl die Liebenswürdigkeit haben, Ihre Beobachtungen – vielleicht Zigarre gefällig oder Zigarette?« – Mühsam ist auf einmal die leibhaftige Liebenswürdigkeit. Jetzt hat er einen Augenzeugen und kann die Scharte ›Sedan‹ auswetzen.
    Rabanus tut seine Pflicht als Staatsbürger und erzählt: In der Nacht gegen halb drei sei er über den Marktplatz gekommen – »Verzeihung, daß ich unterbreche. Was taten Sie so spät auf der Straße?«
    »Herr Kommissar, wir wollen froh sein, daß ich so spät noch etwas tat. Sonst hätte ich keine Beobachtungen machen können.«
    »Ganz meine Meinung. Ich frage nur der Ordnung halber. Bitte, lassen Sie sich nicht ablenken.«
    Rabanus fährt fort: Er habe beobachtet, wie ein Herr über das Staket stieg und sich an dem Denkmal zu schaffen machte.
    »Herr? Herr?? Sie meinen wohl Mannsperson? – Können Sie eine nähere Beschreibung geben?«
    »Der Herr – die Mannsperson war ziemlich groß, ungefähr wie ich, aber schmaler; elegant gekleidet, heller Sommermantel, steifer, grauer Hut –«
    »Haben Sie sein Gesicht gesehen?«
    »Ja, er kam dicht an mir vorbei. Schmales, energisches Gesicht, hellblond, englisch gestutzter Schnurrbart. Hinter ihm ein großer Hund.«
    »Ein großer Hund? Habe ich mir schon gedacht. Augenblick, bitte.« Mühsam schreibt in die Akten, daß die Feder spritzt. »Wir sind Ihnen außerordentlich dankbar, Herr Rabanus. Sie werden in der Sache noch eine wichtige, vielleicht entscheidende Rolle spielen. Noch eine Frage: Würden Sie den Täter bei einer Gegenüberstellung wiedererkennen oder aus einer größeren Anzahl von Personen herausfinden?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Das ist großartig, ganz vorzüglich. Mein lieber Herr Rabanus, darf ich Sie wohl bitten, im Nebenzimmer einen Augenblick zu warten? Bitte, hier hinein, da sitzen Sie angenehmer.«
    Rabanus wird wie ein rohes Ei behandelt und in Watte gepackt. Zwei Unterbeamte sind abkommandiert; sie bemühen sich um ihn, schieben ihm einen Sessel in die Kniekehlen, besorgen ihm eine Zeitung, machen Konversation und helfen ihm warten. Nebenan in Mühsams Zimmer hört er hastiges Kommen und Gehen, Sprechen, Tuscheln, Telephonieren. Dann wird ihm eröffnet: Er möchte so liebenswürdig sein und zur Staatsanwaltschaft herüberkommen. Einer der Beamten wird ihm als Lotse mitgegeben.
    ***
    Treskow schritt bereits in bebender Ungeduld auf und ab, setzte sich, sprang wieder hoch und konnte es nicht erwarten. Schade, daß Mühsam diese entscheidende Vernehmung schon begonnen hatte. Immerhin, die Hauptsache blieb noch zu tun. Die Konkurrenz zwischen zwei Behörden spornt zu Höchstleistungen an. Eine solche zu vollbringen, stand Treskow jetzt im Begriff.
    Draußen Schritte. Es klopft.
    »Herein. – Ah, Herr Rabanus? Nehmen Sie Platz. – Aber bitte, nehmen Sie doch Platz! Ich freue mich – Was ist los? Warum sehen Sie mich an? – Kennen wir uns? Wohl kaum.«
    Treskow weiß nicht, warum der Zeuge ihn anstarrt. Er befühlt heimlich Schlips und Schnurrbart und wird etwas befangen.
    »Mein lieber Herr Rabanus – ich wollte von Ihnen persönlich noch einige Einzelheiten wissen – vor allem die genaue Beschreibung des Täters und so weiter – Warum lachen Sie? Finden Sie die Sache so komisch? Bitte unterlassen Sie das. Traurig genug, daß nichtswürdige Bubenhände unsern Allergnädigsten Landesherrn – Also ich verbitte mir Ihr lächerliches Lachen, es ist geradezu unverschämt!« Der Staatsanwalt klopft drohend mit dem Bleistift auf den Tisch, während Rabanus vergeblich versucht, den für eine staatsanwaltschaftliche Vernehmung üblichen Ernst auf die Beine zu bringen.
    »Herr Staatsanwalt – nehmen Sie es mir

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