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Heinz Strunk in Afrika

Heinz Strunk in Afrika

Titel: Heinz Strunk in Afrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Strunk
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benötigt in jeder Lebenslage Verstärker. Schluck. Schlürf. Glucker. Wie gut Cola Rum tut, hatte ich gar nicht mehr auf dem Zettel. One more time, Daft Punk, alt, aber geil. Wie die hier alle tanzen können! Der Energiestau löst sich, endlich! Ich spüre den Druck, mit dem das Blut die Hormone durch die Adern jagt, die Gewalt des heißen Lebens. Angenehmer könnte es gerade nicht sein. Alles riskiert und gewonnen. Schicksalsgerechtigkeit nennt man das. Nächster Cola Rum. Eine benebelnde Monotonie breitet sich aus.
    «Prost.»
    «Prost.»
    «Betrunken sein heißt, nicht an Fragen zu verzweifeln, auf die es keine Antwort gibt.»
    «Recht hast du, Burschi!»
    Von einer Sekunde zur nächsten verspüre ich einen nagenden Hunger, einen überfallartigen Appetit. Wie unpassend! C. möchte bleiben, man müsse
die Feste feiern, wie sie fallen
. Jaja, Opi, dann gehe ich eben alleine, irgendein Lokal oder Imbiss wird sich schon auftreiben lassen. Ich wandere die Straße hinauf. Links natürlich. Mutterseelenallein, ein Spaziergang ins Nichts. Hinter mir nichts, vor mir nichts, über mir nichts. Schlagartig fühle ich mich wieder wie immer, ängstlich und unselbständig wie ein Säugling. Mein einziger Gedanke: WENN ICH MICH JETZT VERLAUFE , IST ALLES AUS ! Latsch. Watschel. Marschier. Endlich, ein Straßenschild: Tononoka Road. Aha, ich befinde mich also auf der Tononoka Road. Ich darf die Tononoka Road unter keinen Umständen verlassen! Latsch. Schleich. Die Tononoka Road macht einen scharfen Knick. Dann einen Bogen. Und noch einen Bogen. Was, wenn ich, vor lauter Kurven und Biegungen und Knicks und Krümmungen und Brechungen total kirre geworden, die Tononoka Road versehentlich verlassen habe? Das war’s dann! Jugendlichen Mofarockern, die einen aus einer lebensbedrohlichen Zwangslage retten, begegnet man im Leben genau einmal. Mein Kredit ist verbraucht, restlos aufgezehrt. Bei dem Gedanken wird mir ganz flau und schwindelig. Wenn sich innerhalb der nächsten einhundert Schritte nichts tut, werde ich unverrichteter Dinge kehrtmachen, wie Bergsteiger, die aufgrund eines Wetterumschwungs den Gipfelsturm abbrechen müssen. Eins, zwei … dreiundfünfzig, vierundfünfzig … neunundsiebzig, achtzig … einhundert. Zugabe: … einhundertzwölf, einhundertdreizehn, die Tononoka Road kreuzt die Narok Road. Das Risiko ist jetzt endgültig unkalkulierbar geworden. Abbruch. Rückmarsch.
     
    Stakkatohaft wippend sitzt C. auf seinem Platz und deutet hektisch zum Ausgang.
    «Wir müssen los.»
    «Wieso, es ist gerade mal halb acht.»
    «Du weißt, wie die Kugeln sind, die Kugeln brauchen Zeit. Wie war das Essen?»
    «Nicht so gut, ich hab kaum was runterbekommen.»
    «Wir haben einen Riesendusel, das Casino ist gleich in der Nähe, ich hab mir den Weg beschreiben lassen. Und später könnten wir ins
Florida
. Voll auf die Girls. Darf ich dich fragen, wie viel
Handgeld
du mit dir führst?»
    Handgeld, was soll denn das nun schon wieder sein? Kaffeerund, Sitzbad, Handgeld. Eine Phantasiesprache, die im Alltag keinen Bestand haben wird.
    «Viertausend Schilling. Das reicht nur für Taxi und Drinks und so. Ich hab aber meine EC -Karte dabei. Wie viel hast du denn?»
    «Zweitausendfünfhundert Euro.»
    «So viel? Ich dachte, du hättest nichts mehr.»
    «Reserve. Notgroschen.»
    Im
Royal Casino
gibt’s keinen Geldautomaten. Casino ohne Geldautomat, da lachen ja die Hühner und noch nicht mal die. Der Saalchef bietet an, mich zu einer Bank bringen zu lassen, er winkt einen Fahrer herbei, und los geht’s, das nach der Mopedtour zweitgrößte Abenteuer meines Lebens. Muss man sich mal vorstellen: Auf Gedeih und Verderb einem völlig unbekannten Mann ausgeliefert, kauere ich auf den durchgesessenen Stoffsitzen eines verrosteten Minivans und lasse mich durch eine brandgefährliche afrikanische Großstadt kutschieren! Wahnsinn. Der Fahrer sagt kein Wort, ich sowieso nicht. Biashara Bank, aussteigen, Geldautomat. Nach dem dritten Versuch spuckt das Vieh die Scheine aus, 50 000 Keniaschilling. Mombasa, mon amour.
    C. hat vor einem der vier Kugelautomaten Stellung bezogen. Er spielt neun Gewinnlinien auf fünffachem Einsatz, das heißt, er riskiert pro Spiel drei Euro achtzig.
    «Was gibt es Neues, Bursche?»
    «Nichts weiter. Ich hab 50 000 bekommen.»
    Mit meinem lächerlichen Spielkapital riskiere ich lediglich neunzig Cent pro Spiel, und selbst bei diesem Spatzeneinsatz werde ich, sofern nicht Zeichen und Wunder geschehen, in

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