Heinz Strunk in Afrika
rechnen, wann dieser wieder weg sein wird. Und warum der Gewinn nicht noch höher ausgefallen ist. Und wie hoch der Gewinn gewesen wäre, wenn er auf Höchsteinsatz gespielt hätte. Und warum in Gottes Namen die fünf Kugeln nicht gleich noch einmal einlaufen.
Am Ende schmeißt der Automat sechshundertsechzigtausend Schilling, das sind sogar sechzigtausend mehr als der von C. prognostizierte Gewinn. Seine Reaktion: Betongesicht. Der Saalchef empfiehlt ihm, sich aus Sicherheitsgründen das Geld nicht sofort auszahlen zu lassen, sondern es am nächsten Tag abzuholen. C. erklärt sich einverstanden und bekommt eine Quittung ausgehändigt («Das Geld seh ich eh nie»). Jetzt heißt es Abmarsch zur mutmaßlich letzten Station des Tages.
Florida Club.
International Night
Pump up the jam, pump it up,
while your feet are stomping,
and the jam is pumping,
look ahead the crowd it’s jumping,
pump it up a little more.
Get the party going on the dancefloor,
see cause that’s where the party’s at and you’ll find out if you do that.
Old School Techno. So was läuft in Deutschland nur noch auf Neunziger- oder Ü-irgendwas-Partys. Oder bei den ganz Coolen. Der gutgefüllte Club ähnelt in erstaunlich vielen Einzelheiten deutschen Provinzdiscos: Chrom, Metall, Spiegel und Quatschkram in Schwarz, Silber und Beton. Rechts von der Tanzfläche ist eine kleinere Cocktailbar, links eine lange Bierbar. Wir holen zwei Gin Tonic, stellen uns an den Rand der Tanzfläche und warten ab. Girls, so weit das Auge reicht. Girls, girls, girls, denke ich, da hat er seine Girls.
Yo! Pump up the jam
Pump it up
Pump it up
Yo! Pump it
Yo! Pump up the jam
Pump it up
Pump it up
Yo! Pump it
C. kippt hastig seinen Drink hinunter. Er sieht gar nicht gut aus, die Augenlider sind gerötet und deutlich geschwollen, die Wangen aschfahl. Außerdem steht er merkwürdig in sich gekrümmt, als würde er eine Schonhaltung einnehmen, um irgendwelche diffusen Beschwerden zu lindern. So kommt jedenfalls keine Stimmung auf. Er deutet zum WC -Schild und verschwindet. Jetzt lässt er mich schon wieder allein, die nächste Bewährungsprobe eines an Bewährungsproben reichen Tages. Meine Füße sind geschwollen, und ich habe einen ekligen Geschmack im Mund. Auf der Tanzfläche sind fast nur Mädchen. Sie tragen die gleichen, ununterscheidbaren Klamotten wie überall auf der Welt. Eine immer gleichförmigere Alltagskultur überzieht den ganzen Erdball, überall gelten die gleichen Muster, Codes und Regeln.
C. bahnt sich im Stotterschritt seinen Weg zurück, nur mit Mühe kann er sich auf den Beinen halten. Nur sei er
zu allem Überfluss auch noch Opfer einer Lebensmittelvergiftung
geworden. Er habe sich mehrmals übergeben müssen und leide unter Magenkrämpfen. Die Verantwortung schiebt er auf den
Royal
-Fraß. Quatsch. Wenn mit dem Fingerfood etwas nicht in Ordnung gewesen wäre, müsste mir auch schlecht sein. Um ihn nicht zu reizen, behalte ich das jedoch für mich. Er ordert einen Schnaps. Und noch einen. Und noch einen. Wenn er loswolle, sage ich, bitte, gerne. Er winkt ab, es sei ja noch nicht mal ein Uhr, und nach dem Schnaps würde es ihm auch schon etwas bessergehen.
Uns fallen zwei Mädchen auf, die unglaublich gut tanzen. Fast scheinen sie über dem Boden zu schweben, ein geradezu körperliches Leuchten geht von ihnen aus. Die eine wirkt trotz ihrer geschätzten eins dreiundachtzig irgendwie, als wäre sie noch im Wachstum. Sie trägt zum ultrakurzen Size-Zero-Jeansrock ein enges Unterhemd, über ihrem Kopf türmt sich eine mächtige Afrofrisur, die fast aussieht wie eine Perücke. Immer wieder fährt sie mit dem Zeigefinger unter den Saum ihres Strings und hebt ihn aus der geröteten Rille, die er in ihr Gesäß gedrückt hat. Macht mir nichts aus, denn der ungewöhnliche Zustand erotischer Empfindungslosigkeit hält zum Glück an. Vielleicht ist mein Testosteronspiegel ja über Nacht ausgelaufen oder so. Egal, es ist unglaublich befreiend, sein Geschlecht nicht fortwährend als Belästigung zu empfinden. Ihre Freundin, einen halben Kopf kleiner, kompakt, trotzdem enorm beweglich, vollführt die unglaublichsten Verrenkungen. Eine Schlangenfrau.
«Schau, Bursche, welche Körperbeherrschung. Jetzt geht sie in den Spagat.»
«Ich wünschte, ich könnte auch Spagat. Überhaupt wäre ich gern etwas
gelenkiger.
»
«Der Zug ist abgefahren.»
Als die Mädchen uns bemerken, legen sie demonstrativ einen Schlag zu. Es ist, als wären
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