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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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alte Hodge war ein sehniger Sechziger, und ich hegte den Argwohn, daß sein Anerbieten, allwöchentlich zu kommen, etwas mit dem mitfühlenden Ohr zu tun hatte, das Mrs. Little seinen unaufhörlichen Klagen über alle möglichen Schmerzen lieh -die zum größten Teil seiner Abneigung gegen jede feste Beschäftigung entsprangen -, wie auch ihren nie versiegenden Tassen stark gezuckerten Tees. Er deutete an, daß er sich darauf verstehe, Autos! zu waschen und alles, sei es, was es wolle, frisch anzustreichen und herzurichten; auch würde es ihm nichts ausmachen, ein paar Böden zu scheuern. Ich vereinbarte daraufhin mit ihm, daß er an den beiden Pfingstfeiertagen das Warte- und Sprechzimmer streichen solle, und stellte es ihm frei, jeden Donnerstagnachmittag im Garten zu arbeiten.
    Nach und nach lernte ich auch die Nachbarn kennen. Ich freute mich darüber und fühlte mich schon als alteingesessener Mitbürger, wenn ich auf meiner Morgenrunde Mrs. Parker freundschaftlich zuwinkte und der alten Miss Pierce über die Straße ein »Guten Morgen« zurief. Täglich sah ich sie auch vom Frühstückszimmer aus, wenn sie zur Arbeit eilten, die Kinder in die Schule brachten oder auf dem um die Ecke führenden Weg zum Sprechzimmer waren. Auch Mr. Wentworth, wie er, den Regenschirm in der Hand und die »Times« unter den Arm geklemmt, zielbewußt der Bank zustrebte, deren Direktor er war; Mrs. Sweeney, die Primarschul-lehrerin, die immer so traurig dreinsah; Mrs. Hill, die ihre seilhüpfenden Zwillinge zum Kindergarten begleitete, und die beiden eleganten jungen Damen, die in ihrem Köfferchen wohl ein Paar Extraschuhe zum Wechseln mitführten. Sie kreuzten sich mit den Putzfrauen mit ihren Einkaufstaschen, die ihre Arbeit Punkt neun Uhr aufnehmen mußten. Zur Mittagszeit sah ich ein paar der Nachbarn zum Essen heimeilen und eine halbe Stunde darauf wieder zurück, die Putzfrauen nach Hause trotten, um ihren eigenen Haushalt zu besorgen, und die Hausierer mit ihren Köfferchen voller Nagelbürsten, Briefpapier oder Schuhwichse an allen Haustüren läuten. Von vier bis sieben dauerte dann die allgemeine Heimkehr zum häuslichen Herd. Sie setzte ein mit den fröhlich hopsenden oder luftpistolenknallenden Schulkindern und schloß mit dem stets korrekt gekleideten Mr. Parker von nebenan, der seiner Frau mit etwas verlegenem Gesicht unweigerlich jede Woche einen Blumenstrauß mitbrachte. »Ein reizendes Paar!« sagte Mrs. Little. »Er steht morgens immer zuerst auf und bringt ihr eine Tasse Tee ans Bett. Ein so netter Herr!« Hier muß ich einfügen, daß man von unserer Hintertreppe aus durch das Oberlicht direkt in die Parkersche Küche sehen konnte, und es versteht sich, daß Mrs. Little stets etwas zu tun fand, das sie am Morgen auf die Hintertreppe führte. Einmal schüttelte sie ihr Staubtuch aus, ein andermal putzte sie unser eigenes Oberlicht, und manchmal stand sie ganz einfach da und starrte schamlos durchs Fenster. Von ihr erfuhr ich auch, daß Mrs. Sweeney, die für einen gebrechlichen Gatten zu sorgen hatte, sich den Teufel darum kümmerte, ihn an schönen Tagen im Rollstuhl an die frische
    Luft zu bringen, und keinen Menschen je ins Haus lasse, wo nach Aussage Mrs. Littles ein »betäubender Gestank« herrsche. Sie informierte mich auch darüber, daß Mr. Wentworth von der Bank an einem Geschwür leide; wenigstens behaupte es der Milchmann; daß das junge Ehepaar Webster so vernarrt in seine zwei Boxer sei, daß es geäußert hätte, es wolle nie Kinder haben, und daß Mrs. Dobson von Nummer sieben in ihrem Vorderzimmer als Coiffeuse arbeite, um das Geld einzubringen, das ihr Mann vertrank.
    Mein Auto war mittlerweile zum wohlbekannten Anblick in der Gegend geworden. Wenn ich durchs Quartier fuhr, pflegte ich alle mit der Hand zu grüßen: den Milchmann, den Postboten, auch die Bäcker mit ihren Lieferwagen, die Austräger der Wäschereien und chemischen Reinigungsanstalten. Die Straßenkehrer, hin- und herschlurfende alte Männlein, stützten sich gern auf ihre Besen, um zu sehen, wie ich vorankam, und räumten freundlich ihre Karren beiseite, um mir das Parken zu erleichtern.
    Während der ersten Wochen mußte ich mich an Dinge gewöhnen, mit denen ich in den Spitälern nichts zu tun gehabt hatte, vor allem an das ewige Treppensteigen. In den ersten Tagen rieb ich mir beim Heimkommen meine Beinmuskeln, den Rücken, der vom vielen ungewohnten Ein- und Aussteigen schmerzte, und schleuderte auch die Schuhe aufatmend von

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