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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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den sauberen Vorhängen lauerndes Unglück, wenn man es auch den Gesichtern der Bewohner oft nicht ansehen konnte.
    Da war zum Beispiel die Familie Meadows, auf der durch irgendein Mißgeschick, dessen Ursache ich nicht ergründen konnte, anscheinend unbezwingliche Schulden lasteten. Um sich aus dieser Notlage zu befreien und in der Hoffnung, ihre Gläubiger im Laufe eines Jahrzehnts befriedigen zu können, verrichtete die ganze Familie Heimarbeit. Sie stopften Teddybären mit Wollflocken aus, und in jedem Winkel des kleinen Hauses lagen die Stofftiere in allen Größen herum. Vom frühen Morgen bis späten Abend ließen sie nicht von ihrer selbstauferlegten Aufgabe ab, wobei Mr. Meadows und Robert die Hüllen ausstopften und Mrs. Meadows und Elaine die zugeschnittenen Teile auf der Maschine zusammennähten. Und als ob all das nicht genügte, war Mrs. Meadows unglücklicherweise allergisch auf Textilstaub, so daß den ganzen Tag über und die kurze Nacht hindurch ihre Nase verstopft und ihre Augen gerötet und verschwollen waren.
    Solange ich im Krankenhaus arbeitete, hatte ich mir nur aus dem, was die Patienten mir erzählten, eine Vorstellung von ihrem Zuhause machen können. Jetzt sah ich selbst, wie es bei ihnen aussah, und das, was sich hinter den Mauern der Vorstadthäuser zutrug, ergab ein vielfältiges und eindrucksvolles Bild. Mrs. Sanders bestickte Kinderkleider für die Londoner Warenhäuser, und ihr Eßtisch war stets mit leuchtenden Seidensträngen besät; Mrs. Ray verfertigte Christbaumschmuck und stand augenblicklich mitten in ihrer Hochsaison.
    Ich brachte die Kinder dieser Familien zur Welt und behandelte ihre Furunkel, hörte mir ihre Klagen an und lernte je nach Umständen mit ihnen umzugehen. In bezug auf die Websters in Nummer sieben hatte Mrs. Little eine völlig verkehrte Meinung geäußert. Zwar zogen sie tatsächlich junge Boxerhunde auf, aber daß sie keine Kinder wollten, hatten sie nie gesagt. Es waren reizende junge Leute, die im Gegenteil alles darum gegeben hätten, welche zu bekommen, und gewissermaßen als letzte Hoffnung mich konsultiert hatten, nachdem sie durch die vorherigen Untersuchungen aller Aussicht auf eigene Kinder beraubt worden waren. Natürlich konnte auch ich ihnen nicht helfen, doch setzte ich alle Hebel in Bewegung, damit ihnen gestattet würde, ein Kind anzunehmen.
    Allüberall gab es Probleme. Ich hatte in den vergangenen Monaten so viele Erfahrungen über meine Mitmenschen gewonnen, daß ich mir zeitweilig ganz anmaßend vorkam, weil ich überhaupt eine ärztliche Praxis ausübte. Eine alte Redensart behauptet, daß jedes Unglück zu etwas gut sei, und sie schien mir durch meinen Entschluß, praktischer Arzt zu werden, bestätigt worden zu sein. Sylvia war es gewesen, die mich vor allem bestimmt hatte, diesen Weg einzuschlagen, und nun hatte ich meine Praxis, Sylvia aber hatte ich nicht. Nachdem ich fast neun Monate lang das Dasein eines Hausarztes kennengelernt hatte, war ich mit der Wendung, die mein Leben genommen, mehr als befriedigt, wenigstens vom medizinischen Standpunkt aus. Die Frau, nach der ich mich sehnte, war mir zwar versagt geblieben, dafür aber schien ich meinen Platz in der Gesellschaft gefunden zu haben. Ich empfand, daß ich temperamentsmäßig für meinen Beruf geeignet sei, und das machte mich glücklich und befähigte mich, meinen Patienten das Beste zu geben. Es bereitete mir Freude, ganze Familien kennenzulernen und jedes ihrer Mitglieder als Teil einer Einheit zu behandeln; ich interessierte mich nicht nur für die ärztlichen, sondern ebenso für die sozialen Fragen, die mir vor Augen kamen, und die ausgedehnten Arbeitsstunden, die zuweilen unumgänglich wurden, machten mir nicht viel aus, sondern bildeten sogar irgendwie eine Würze meines Daseins. Ich hatte meine eigene Furche in der großen Straße des menschlichen Lebens gefunden und empfand eine stolze Erfüllung darin, ihr zu folgen. Eines hatte ich mir allerdings gleich gelobt, als ich die Allgemeinpraxis wählte: nie in einen Schlendrian zu verfallen und stets Schritt mit der neuen Medizin zu halten. Ich las meine Fachzeitschriften wirklich eingehend, ich schloß mich allwöchentlich einmal der Visite in den Krankensälen des Bezirksspitals an und hatte mich für einen Nachholkurs am Jahresende gemeldet. Jedes Jahr wollte ich, so beschloß ich, einen anderen Kurs nehmen, und meine Patienten würden jeweils vierzehn Tage lang auf mich verzichten müssen, während ich in ihrem

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