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Heirate keinen Arzt

Heirate keinen Arzt

Titel: Heirate keinen Arzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Tibber
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enttäuscht aussehenden Diener weder Hut noch Mantel oder Handschuhe auszuhändigen hatte, wurde ich zum Salon geführt und mit feierlicher Stimme angemeldet.
    Vom Kamin her, an dessen Marmorsims er in malerischer Pose aufgebaut stand, stelzte Sir Monmouth quer durchs Zimmer auf mich zu.
    »Schön, daß Sie kommen, mein Lieber«, begrüßte er mich und hielt mir eine schlaffe Hand hin.
    Dann stellte er mich seiner in steife, schwarze Seide gewandeten Gattin vor, die mich nach einem scharf musternden Blick offenbar annehmbar fand, denn sie hißte sich aus ihrem Sessel empor, um mich ihren Fräulein Töchtern vorzustellen-. Zum Glück waren nur drei der vier Damen anwesend - die vierte hatte ein Rendezvous zustande gebracht. Da mir dies nicht etwa nur einmal, sondern wiederholt mitgeteilt wurde, schloß ich, daß es ein seltenes Vorkommnis sein mußte. Nun, jedenfalls genoß ich nun die Gesellschaft der Schwestern Diana, Daphne und Denise, alles Neuauflagen ihrer dicklichen Mutter und ihres kinnlosen Vaters - sowie ein Glas hellen Sherry. Außerdem befanden sich im Salon noch ein künstlerisch anmutender Herr mit schwarzem Bart und seine Frau, die trotz der breiten rosa Stola, die sie sich umgeschlungen hatte, aussah, als sei sie am Erfrieren. Auch diesem Paar wurde ich vorgestellt, allein mein Gastgeber sprach so leise, daß ich ihren Namen nicht verstand. Kaum war das Vorstellen beendet, als sie sich abwandten, um ihr Gespräch mit Sir und Lady Monmouth weiterzuführen, und es mir überlassen blieb, die jungen Damen zu unterhalten.
    Ich trank meinen Sherry, und sie nippten an dem ihren, ohne ihre glänzenden Augen von meinem Gesicht abzuwenden. Schließlich sagte ich in meiner Verlegenheit um ein Gesprächsthema:
    »Wo ist denn Ihr Fräulein Schwester heute abend?«, und sie berichteten mir einstimmig, sie habe eine Verabredung.
    Es schien mir sehr heiß im Zimmer.
    »Ach - spielen Sie Klavier?« erkundigte ich mich hierauf, da ich am andern Ende des Salons einen Flügel entdeckt hatte.
    »Dorothy spielt, aber sie ist ja heute ausgegangen.« - »Sie hat eine Verabredung«, bemerkte ich als heller Kopf.
    »Ja, sie hat eine Verabredung.«
    »Wir warten nur noch auf meinen Neffen«, hörte ich Sir Monmouth zu dem bärtigen Gast sagen, »dann können wir zum Essen gehen. Ich verstehe gar nicht, wo er so lange bleibt.«
    Ich betete darum, daß der Neffe sich beeilen möge.
    »Ach«, wandte ich mich an die mir zunächst stehenden der dicklichen Schultern, ohne mich zu entsinnen, ob sie Diana, Daphne oder Denise gehörten, »ich hab’ nicht ganz den Namen des Herrn mit dem Bart verstanden, aber er macht mir den Eindruck, als sei er Künstler - ist das richtig?«
    Diana, oder vielleicht auch Daphne oder Denise, schüttelte den Kopf.
    »Er stellt Bruchbänder her«, klärte sie mich auf. »Er und mein Vater probieren gerade ein neues Modell zusammen aus.«
    Es war gut, daß die Ankunft von Sir Monmouths Neffen mich eines Kommentars enthob. Ich wandte mich von meiner kleinen Ecke und den drei Mädchen ab und hätte fast mein Sherryglas fallen lassen.
    Im Türrahmen standen Sylvia und Wilfred!
    Wenn es mir nur eingefallen wäre, hätte ich freilich gleich die Familienähnlichkeit bemerken müssen: die hagere Eleganz, die mangelnde Kinnpartie. Sir Monmouth standen sie noch einigermaßen an, denn er verfügte über die besondere Körperlänge und seinen schwarzen Schnurrbart, während Wilfred nichts aufwies als ein Monokel und eine gefältelte Hemdbrust.
    »Mein Neffe, Wilfred Pankrest«, sagte Sir Monmouth zu mir, »und seine Verlobte, Miss Sylvia Nash.«
    Wir murmelten, wir würden uns bereits kennen, und Sir Monmouth erwiderte: »Das freut mich aber!« und kehrte zu seinem Bruchbandfabrikanten zurück. Ich schüttelte Wilfred so kurz wie möglich die Hand, behielt dafür diejenige Sylvias so lange in der meinen, bis Wilfred mir einen bösen Blick zuwarf und sagte: »leb glaube, wir sollten der Tante guten Abend sagen, liebe Sylvia«, und sie fortzog.
    Während der ganzen Mahlzeit hatte ich nicht Gelegenheit, mehr zu Sylvia zu sagen als: »Darf ich um das Salz bitten?«, denn man hatte mich zwischen Diana und Denise gesetzt (oder vielleicht war es auch Daphne), und die Unterhaltung war gottlob allgemein. Bei näherem Zusehen schienen sowohl Töchter wie Mutter ganz nett und gutmütig, aber so eintönig und stumpf wie eine Regennacht auf dem flachen Land. Das Essen war vorzüglich, doch ich fühlte mich außerstande, es

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