Heirate nie einen Italiener
die Kehle zuschnürte.
“Es tut mir leid”, flüsterte sie endlich so leise, dass selbst Lorenzo es kaum hören konnte.
“Das braucht es nicht”, sagte er liebevoll. “Sag einfach Ja, und wir sind für immer ein Paar.”
Für immer, hämmerte es in ihrem Kopf, und plötzlich wusste Helen, wovor sie sich fürchtete: für immer an einen Mann gebunden zu sein, dem sie nicht vertrauen konnte.
“Ich kann dich nicht heiraten, Lorenzo!”, platzte sie heraus. “Es geht einfach nicht.”
Ohne sich umzusehen, rannte sie aus der Kirche, als fürchtete sie um ihr Leben. Atemlos erreichte sie den Parkplatz, auf dem die Autos abgestellt waren. “Fahren Sie los!”, befahl sie dem Chauffeur des Wagens, der am Anfang der Schlange stand, und setzte sich auf die Rückbank.
Der Fahrer sah sie verwundert an, doch ihr ernstes Gesicht ließ es ihm ratsam erscheinen, keine Fragen zu stellen, sondern zu tun, was sie von ihm verlangt hatte.
Kaum hatte sich das Auto in Bewegung gesetzt, kam Lorenzo aus der Kathedrale gerannt und sah sich verzweifelt nach seiner Braut um. “Elena!”, rief er dem Wagen hinterher.
Helen ließ sich in den Sitz zurückfallen, obwohl sie wusste, dass er sie gesehen hatte. “Mich kannst du nicht meinen”, sagte sie zu sich selbst. “Mein Name ist Helen! Das hast du bis heute nicht begriffen.”
Dennoch war ihr klar, dass er ihr folgen würde. Sie musste so schnell wie möglich in die Villa, um sich das Hochzeitskleid dieser Elena auszuziehen, die ihr fremder war denn je. Je eher sie Helens Kleidung anhatte, desto schneller könnte sie vergessen, dass sie auf einen sizilianischen Herzensbrecher namens Lorenzo Martelli hereingefallen war.
“Können Sie nicht schneller fahren?”, stachelte sie den Chauffeur an, weil sich von hinten in rasender Fahrt ein Auto näherte.
Mit quietschenden Reifen bogen sie in die Auffahrt der Villa ein, und noch bevor der Wagen zum Stillstand gekommen war, hatte Helen die Tür aufgerissen. Sie flog förmlich die Treppe hinauf und in ihr Zimmer. Sicherheitshalber schloss sie die Tür hinter sich zweimal ab, bevor sie sich erschöpft dagegenlehnte.
Noch ehe sie wieder zu Kräften gekommen war, hörte sie Schritte auf dem Korridor. “Elena, mach sofort die Tür auf!”
“Gib mir bitte einen Moment Zeit”, bat sie mit heiserer Stimme.
Offensichtlich schien Lorenzo sie verstanden zu haben, denn eine Weile lang war nicht das geringste Geräusch zu hören, bis der Hall der Schritte verriet, dass er sich von ihrer Tür entfernte.
Doch Helens Erleichterung währte nur wenige Augenblicke, denn unvermittelt stand Lorenzo vor der geöffneten Terrassentür.
Als sie ihn sah, erschrak sie zutiefst, denn er war aschfahl, und sein Gesicht war wie versteinert. “Was ist bloß in dich gefahren?”, fragte er und betrat den Raum. “Wovor bist du davongelaufen?”
“Vor dir”, erwiderte Helen bestimmt.
“Vor mir?”, wiederholte Lorenzo fassungslos. “Aber du liebst mich doch.”
“Der Mann, den ich geliebt habe, existiert nicht mehr”, widersprach sie, “und den, der in der Kathedrale neben mir stand, kann ich unmöglich heiraten, weil er ein Lügner und Betrüger ist und die Frau, die ihn liebt, schamlos hintergeht.”
“Ich verstehe kein Wort.”
“Tu nicht so scheinheilig”, platzte Helen heraus. “Ich weiß alles.
Alles
, verstehst du? Also streite nicht länger ab, dass du und Heather …”
“Dass sie meine Schwägerin ist?”, fiel Lorenzo ihr ins Wort. “Warum sollte ich das abstreiten?”
“Ich meinte eher, dass sie deine Frau geworden wäre, wenn du sie nicht versetzt hättest.”
“Du müsstest doch vollstes Verständnis dafür haben”, erwiderte Lorenzo höhnisch. “Oder bist du nur davongelaufen, um Gleiches mit Gleichem zu vergelten?”
“Natürlich nicht”, widersprach sie empört. “Du kannst nicht ernsthaft erwarten, dass ich dich nach allem, was ich erfahren habe, noch heirate.”
“Warum hast du mich nicht einfach zur Rede gestellt?”
“Das habe ich doch dauernd versucht”, wandte Helen verzweifelt ein, “aber der Herr hatte ja keine Zeit für seine Verlobte. Ganz abgesehen davon hättest du es mir viel früher erzählen müssen.”
“Und wann? Hätte ich genauso mit der Tür ins Haus fallen sollen wie du? Da hätte ich mir ja einen schönen Bärendienst erwiesen. Du warst doch auch so schon der Überzeugung, dass alle Sizilianer altmodisch, herrschsüchtig, unzuverlässig und untreu sind. Waren das nicht deine
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