Heiratsantrag auf Portugiesisch
der Anwalt den Namen der Ortschaft erwähnt. Als Shelley zum Tanken anhielt, warf sie einen Blick auf die Straßenkarte und stellte fest, dass sie ohne Schwierigkeiten bis zum Nachmittag dort sein konnte. Am Meer gab es zahlreiche Hotels, und sie würde sicher ein Zimmer für die Nacht finden, bevor sie am nächsten Morgen die Heimreise antrat.
Eine innere Stimme warnte sie davor, die Villa zu besichtigen, doch sie konnte der Versuchung nicht widerstehen. Es war die einzige Möglichkeit, mehr über ihren Vater zu erfahren und ein paar Erinnerungen zu sammeln für die einsame Zukunft ohne ihn.
3. KAPITEL
Das Dorf lag am Fuße eines mit Pinien bewachsenen Hügels. Als Shelley den schattigen Wald hinter sich gelassen hatte, führte die Straße um eine scharfe Biegung, und plötzlich bot sich ihr ein atemberaubender Blick. Rot in der Sonne leuchtende Felsklippen ragten aus dem Meer auf, das sich tiefblau unter einem wolkenlosen Himmel erstreckte. Direkt vor ihr lag das Dorf, dessen weiße Haus-wände die Sonne reflektierten, sodass sie die Augen zusammenkneifen musste. Zwischen den Häusern wuchsen farbenfroh blühende Oleander-und Hibiskussträucher. Bougainvilleen überzogen die Mauern mit ihrer violetten Blütenpracht.
Kurz darauf erreichte Shelley einen kleinen Platz im Zentrum, wo die Menschen vor dem einzigen Café in der Sonne saßen.
Einige neugierige Blicke folgten ihr, als sie aus dem Wagen stieg und auf das Lokal zuging. Doch sie hatte bereits festgestellt, dass sie überall mit unaufdringlicher Höflichkeit behandelt wurde und die Portugiesen zurückhaltender waren, als man das den Südländern gemeinhin nachsagte.
Sie fand einen freien Platz und setzte sich. Trotz des regen Autoverkehrs und der staubigen Straße waren die Tische und Stühle des Cafés blitzsauber. Sie musste nicht lange warten, bis ein Kellner kam und sie nach ihren Wünschen fragte. Shelley bestellte eine Limonade und erkundigte sich dabei nach der Villa Hilvares. Erleichtert stellte sie fest, dass der Ober gut englisch sprach und ihr den Weg in wenigen Worten erklären konnte. Anscheinend lag das Haus ihres Vaters etwas außerhalb der Ortschaft am Meer.
Die Augen des Kellners hatten bei ihrer Frage neugierig aufgeblitzt, und Shelley nahm an, dass die Familie Hilvares in der Gegend gut bekannt war.
Auch wenn sie Jaime in ihrem Zorn unterstellt hatte, er wolle sich nicht von seinem Besitz trennen, so wusste sie doch, dass sie ihm damit vermutlich unrecht getan hatte. Er war viel zu stolz, um sich von derart niedrigen Instinkten leiten zu lassen. Nicht, dass es eine Rolle gespielt hätte. Sie hatte den Anwalt bereits angewiesen, eine Schenkungsurkunde aufzusetzen. Auch die Einnahmen aus dem Weinbau, die ihr laut Testament zustanden, sollten bei Jaime und seiner Familie verbleiben. Der Anwalt würde alles vorbereiten und die Unterlagen dann an ihren Rechtsbeistand in London schicken, wo sie schneller als geplant wieder eintreffen würde. Dabei war sie so voller Erwartungen nach Portugal gereist. Wie lächerlich meine Träume doch waren, schalt sie sich. Hätte sie in Ruhe über alles nachgedacht, wäre ihr klar geworden, dass man sie hier nicht mit offenen Armen empfangen würde.
Unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl hin und her und versuchte, Jaime aus ihren Gedanken zu verbannen. Am Nachbartisch bestellte jemand ein Sandwich, und ihr fiel plötzlich ein, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Es dauerte eine Weile, bis es ihr gelang, den Ober auf sich aufmerksam zu machen. Doch als er die Bestellung schließlich brachte, war der Kaffee heiß und belebend und das Schinkenbrötchen lecker und frisch zubereitet.
Um sechs Uhr kehrte sie zu ihrem Wagen zurück und machte sich auf die Suche nach der Villa. Die Wegbeschreibung war eindeutig gewesen, und sie fand das Haus ohne Schwierigkeiten. Es lag am Ende eines schmalen, nicht asphaltierten Wegs auf einem Hügel und überblickte das Meer.
Ein Feigenbaum mit großen grünen Blättern und reifen Früchten stand direkt neben einem großen, halbrunden Holztor, das ihr den Eintritt verwehrte. Ich hätte mir doch denken können, dass ich nicht hineinkomme, dachte sie frustriert. Hier vor dem Eingang werde ich nichts finden, was mir Aufschluss über meinen Vater gibt.
Sie trat einige Schritte zurück und betrachtete das Gebäude. Wie die quinta war es im maurischen Stil gebaut. Die dunklen Fensterläden waren verschlossen. Nichts, das ihr Aufschluss über ihren Vater
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