1008 - Endloser Schrecken
Nun, den Tod, auch von geliebten Menschen, muß man akzeptieren, er gehört zum Leben. Bei meiner Mutter war er normal gewesen, nicht aber bei meinem Vater. Zwar war Dad, ebenso wie die Mutter, ermordet worden, doch seinen Körper hatte sich der Geist des verstorbenen Äthiopier-Königs Lalibela als Wirt ausgesucht. Er war in die Augen meines Vaters eingedrungen und hatte sie verändert.
Aber nicht nur das, den Kopf des toten Horace F. Sinclair traf es noch schlimmer. Er war zu einer Skelettfratze geworden!
Ich hatte meinen Vater schließlich davon befreien können. Doch im Prinzip war es keine Befreiung gewesen, sondern ein Angriff.
Zurückgeblieben war ein Toter mit einem skelettierten Kopf und den dazugehörigen leeren Augenhöhlen.
Den Geist Lalibelas hatte die Macht meines Kreuzes zerstören können, denn er hatte sich im Laufe der Jahrhunderte gedreht. Er war nicht mehr das, als den man ihn einmal erlebt hatte. Er mußte die Seiten gewechselt haben, sonst wäre es meinem Kreuz nicht gelungen, ihn zu vernichten. [1]
Und es hatte auch zu dieser Zeit Menschen gegeben, die ihn als Herrscher ansahen.
***
Die Loge des Königs!
Männer, die sich zusammengefunden hatten, um die Bundeslade zu finden, denn vor einigen Jahrhunderten hatte Lalibela sie in seinem Besitz gehabt. Daß mein eigener Vater auch zu dieser Loge gehört hatte, das war für mich eine schon entsetzliche Überraschung, an der ich verdammt zu knacken hatte. Sicherlich hatte auch die Tatsache dazu beigetragen, daß die letzten Stunden der vergangenen Nacht für mich zu einem Alptraum geworden waren, die ich eben in diesem Zustand zwischen Tag und Traum verbracht hatte.
Mein Vater, ein Mitglied der Loge!
Ich kam damit nicht zurecht. Das ließ mir keine Ruhe. Ich mußte herausfinden, wie es dazu gekommen war. Von allein war das sicherlich nicht geschehen. Es mußte Spuren geben. Hinweise, die zu finden waren, aber wen konnte ich fragen?
Ja, da gab es einen Mann, der Don Crady hieß. Er gehörte ebenfalls zu der Loge, deren Mitglieder immer vermummt auftraten. Ihn und die anderen Männer hatte ich in der Nacht laufenlassen, und auch mein Freund Suko hatte sie nicht mehr gestoppt. Zumindest ich hatte den Kontakt zur Realität verloren nach all den schlimmen Vorgängen, die da passiert waren.
Wir mußten sie wiederfinden. Es würde schwierig werden, das stand fest, aber daran war eben nichts zu ändern. Zunächst einmal mußten meine Eltern unter die Erde kommen, das war ich ihnen schuldig.
Der Gedanke an die Beerdigung sorgte wieder für ein böses Gefühl in mir. Mein Magen litt darunter und ich unter ihm.
Ich setzte mich hin! Verschwitzt und unter Schmerzen. Ich versuchte mich zu erheben, etwas wenigstens.
Nach einer Weile schaute ich auf die Uhr.
Die sechste Morgenstunde war soeben angebrochen. Es würde bald hell werden. Ein neuer Tag begann. Der Kreislauf bleibt, auch wenn viele schreckliche Dinge geschehen.
Wie dieser Tag sich entwickeln und wie er enden würde, konnte niemand sagen, aber manche Menschen haben manchmal gewisse Vorahnungen, und zu denen gehörte ich.
Ich ahnte es nicht nur, ich war überzeugt davon, daß gewisse Dinge angeschoben wurden und schiefgehen konnten. Dieser Tag würde nicht so ablaufen wie alle anderen. Das hatte sicherlich nichts mit der Beerdigung zu tun, die eigentlich für den nächsten Tag geplant war. Heute sollte noch eine Besprechung mit dem Beerdigungsunternehmer stattfinden. Eine Menge Fragen zur Zeremonie mußten entschieden werden. Außerdem wollte ich ein Reueessen bestellen.
Da meine Eltern in Lauder sehr bekannt waren, wollten die Trauergäste nach der Beerdigung sicherlich noch eine Weile zusammensitzen und erzählen.
Es gab viel Streß, viel Ärger und natürlich auch Trauer. Zudem hatten sich meine Freunde angemeldet.
Sir James, mein Chef, natürlich Glenda Perkins, auch die Conollys würden kommen. Jane Collins und Sarah Goldwyn ebenfalls, denn sie alle hatten meine Eltern gekannt. Wann sie genau eintreffen würden, war mir unbekannt, aber sie alle hatten sich angesagt.
Ich saß noch immer auf dem Bett. Es stand in dem Zimmer, in dem ich stets übernachtet hatte, wenn ich bei meinen Eltern zu Besuch war. Aber die Zeiten waren vorbei. Ich hatte mir auch noch keine Gedanken darüber gemacht, was mit dem Haus geschehen sollte.
Verkaufen wollte ich es nicht. Vermieten? Nein, das brachte ich auch nicht übers Herz. Ich würde es wohl selbst hin und wieder benutzen.
Mühsam und wie ein
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