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Heiratsmarkt

Heiratsmarkt

Titel: Heiratsmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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also haben Sie sich so plötzlich entschlossen, uns einzuladen?"
    „Das, Base, möchte ich Ihnen lieber nicht erzählen."
    Sie betrachtete ihn stirnrunzelnd, und ihr unverwandter Blick forschte in seinen Zügen. Er war ihr ein Rätsel. Gleich zu Anfang hatte sie keinen günstigen Eindruck gehabt: Seine Gestalt war gut, seine Kleidung erlesen und sein Gesicht nicht schön, doch vornehm. Sein Benehmen jedoch erschien ihr zu hochfahrend, und seine Augen waren kalt und unangenehm zynisch. Selbst sein Lächeln schien verächtlich zu sein, es kräuselte nur seine Lippen, während die Augen dabei kalt wie Stahl blieben. Dann aber hatte sie etwas gesagt, das seinen Sinn für Humor ansprach, und der metallische Glanz war in einem Lächeln echten Vergnügens untergegangen.
    Dieses erwärmte nicht nur seine Augen, sondern verwandelte ihn blitzartig vom hochmütigen Aristokraten zu einem Herrn mit ungezwungenen Manieren, einem ausgeprägten Sinn für das Lächerliche und beträchtlichem Charme. In Sekundenschnelle war er dann wieder undurchdringlich geworden. Trotzdem war keine Spur von Förmlichkeit an ihm zu bemerken, als Felix ins Zimmer hereingesprungen kam. Er hatte alle Fragen Felix' und Jessamys geduldig und humorvoll beantwortet und beide Jungen freundlich betrachtet. Er hatte es gleichmütig ertragen, dass ihn Miss Winsham als Stutzer behandelte, und der Blick, den er auf Charis geheftet hatte, war höchst anerkennend gewesen. Frederica zweifelte nicht daran, dass er aus Bewunderung für Charis seinen Sinn geändert hatte. Was es aber war, das das boshafte Glitzern in seine Augen zurückbrachte, das konnte sie nicht erraten.
    Sie sah ihn zweifelnd an. Er hob die Brauen und fragte: „Nun?"
    „Ich sollte eine Witwe sein!", rief sie ärgerlich aus. „Ja, und wenn ich eine Spur Verstand hätte, dann wäre ich es auch!"
    Der Ausdruck, dem sie misstraute, verschwand; seine Augen waren wieder voll Humor. „Das werden Sie bestimmt noch werden!", versicherte er ihr.
    „Dann aber nützt es nichts mehr!", antwortete sie ungeduldig. „Wenn ich aber jetzt schon Witwe wäre ..." Sie unterbrach sich, und ihr Gesicht strahlte vor Erheiterung auf. „Aber, aber, so etwas Abscheuliches zu sagen! Ich habe zwar eine Familie unter meinen Fittichen, weil ich die Älteste bin, aber ich bin wirklich nicht tyrannisch oder ... oder eine Keifzange! Zumindest glaube ich, es nicht zu sein!"
    „Nein, nein!", sagte er begütigend. „Ich bin überzeugt, Sie führen die Zügel formvollendet. Erzählen Sie mir doch, wie Sie, wenn Sie nur eine Spur Verstand hätten, jetzt eine Witwe sein könnten? Oder warum Sie sich das wünschen: Haben Sie irgendwo einen heimlichen Gatten?"
    „Natürlich nicht. Ich habe nur gemeint, ich hätte mich für eine Witwe ausgeben sollen. Dann könnte ich selbst die An-standsdame für Charis spielen, und Sie müssten nicht Ihre Schwester in die Sache verwickeln."
    „Oh, ich habe nicht das Geringste dagegen!", sagte er.
    „Aber sie kann sehr viel dagegen haben! Schließlich kennt sie uns überhaupt nicht."
    „Dem soll abgeholfen werden!" Er streckte ihr die Hand hin. „Ich muss jetzt gehen, aber Sie werden in ein, zwei Tagen von mir hören. O bitte, klingeln Sie nicht! Denken Sie daran, dass ich ein Mitglied der Familie geworden bin, und seien Sie nicht förmlich zu mir. Ich werde mich selbst zum Tor hinaus geleiten."
    Das musste er jedoch nicht tun, da ihm Felix in der Halle auflauerte und ihn sehr höflich zu seinem Wagen begleitete. Das allerdings hatte seine Wurzeln in Felix'
    Entschlossenheit, dem Marquis das Versprechen eines Besuchs der Gießerei in Soho abzuringen.
    „Keine Angst!", sagte Seine Gnaden. „Wir werden uns um die Sache kümmern."
    „Ja, Sir, danke! Aber Sie gehen doch selbst mit, oder? Nicht Ihr Sekretär?"
    „Mein lieber Junge, warum sollte ich? Ich bin überzeugt, dass Mr. Trevor viel mehr über diese geheimnisvollen Dinge weiß als ich."
    „Ja, aber ... O bitte, kommen Sie selbst mit, Sir, das wäre dann erst wirklich prima!"
    Der Marquis glaubte sich gegen Schmeichelei gefeit. Er meinte, er habe schon jede nur erdenkliche Art davon erlebt, aber nun entdeckte er seinen Irrtum: Der offen anbetende Blick eines Zwölfjährigen, der voller Eifer zu ihm emporsah, war ihm neu und riss Löcher in seine Bollwerke. Er brachte es zuwege, jedem gefühlsduseligen Frauenzimmer die kühlste Abfuhr zuteilwerden zu lassen, und Speichellecker fertigte er in der verletzendsten Art ab. Sogar als er daran

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