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Heiratsmarkt

Heiratsmarkt

Titel: Heiratsmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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kam zu dem Schluss, dass der Instinkt Charis wieder einmal nicht getrogen hatte. Charis war groß, obwohl, Gott sei Dank, nicht so groß wie die abgebildete Dame, die gewiss gute zwei Meter maß, und die lange schlanke Linie des Ubcrkleides würde ihr wunderbar stehen. „Es gefällt mir!", stellte sie entschieden fest. „Es ist schlicht und doch nicht gewöhnlich. Du hast vollkommen recht, Charis -
    es wird dir außerordentlich gut stehen. Besonders diese weichen, anmutigen Falten des Unterkleides, ohne Rüschen oder Putz am Saum."
    „Ich wusste, dass du das sagen würdest", hauchte Charis.
    „Ja, aber ..." Frederica schwieg und runzelte die Stirn. Sie sah Charis in die schmelzenden blauen Augen, die so bittend auf sie gerichtet waren, und fuhr fort:
    „Du möchtest es vermutlich von Franchot kopieren lassen. Aber ob sie das tut? Ich bin nicht ganz sicher, doch ich stelle mir vor, dass Londoner Ateliers nur eigene Entwürfe ausführen."
    „Nein, nein, nein!", entgegnete Charis ungewöhnlich heftig. „Ich will es mir doch selbst machen!"
    „Nein, das wirst du auf keinen Fall!", antwortete Frederica. „Du kannst doch nicht in einem selbst geschneiderten Kleid debütieren! Niemals! Charis, wenn du nur wüsstest, wie lange ich schon davon geträumt habe, dich mit allem nur denkbaren Aufwand in die Gesellschaft einzuführen!"
    „Das wirst du ja auch. Ich verspreche dir, das sollst du, meine liebe ... meine allerbeste Schwester!", erklärte Cha-ris und umarmte sie herzlich. „Hör mir doch zu! Ich weiß, ich bin weder klug noch belesen, ich male nicht und spiele auch nicht Klavier, aber selbst meine Tante wird zugeben, dass ich sehr gut nähen kann! Ja, ich kann auch zuschneiden und überdies einen Ärmel einsetzen!
    Schau, erinnerst du dich denn nicht an das Kleid, das ich mir für die Gesellschaft beim Squire gemacht habe, und wie alle herausfinden wollten, ob es mir Tante Scrabster aus London geschickt hatte oder ob wir eine Schneiderin in Ross oder Hereford gefunden haben, von der niemand sonst etwas weiß? Selbst Lady Peasmore ließ sich anfuhren, denn sie erzählte Marianne, mein Kleid hätte jenes gewisse Etwas gehabt, welches deutlich verriet, dass es von einer Schneiderin ersten Ranges entworfen wurde. Du weißt, ich mache es so gern, du weißt es doch, Frederica!"
    Darauf gab es keine Antwort, denn Charis war tatsächlich eine bemerkenswert gute Schneiderin. Frederica stimmte dem Plan jedoch erst zu, als Miss Winsham, allein mit ihrer Lieblingsnichte, mit spitzer Stimme sagte: „So lass sie doch! Selbst wenn sie es verpatzt - was sie keineswegs tun wird, denn das eine will ich zu ihren Gunsten sagen: Sie mag ja ein Kamel sein, aber mit den Fingern ist sie geschickter als du, Frederica! -, dann ist sie wenigstens beschäftigt und hat keine Zeit mehr für diesen aufdringlichen Stutzer von nebenan!"

10. KAPITEL
    Miss Winsham war nur allzu froh, ihre Pflicht, die Anstandsdame für ihre Nichten zu spielen, Lady Buxted abtreten zu können, und so machten sich die Damen Merriville am Abend des Alverstoke-Balles allein auf den Weg. Miss Winsham stieß im letzten Augenblick noch ein Fenster auf und wollte wissen, ob sie sich auch mit Taschentüchern versorgt hätten. Buddle beschwor sie, sich vorzusehen und ihre Röcke nicht an die Stufen der Kutsche streifen zu lassen, und Owen half ihnen behutsam in das Gefährt. Beide Schwestern freuten sich auf die Gesellschaft, in der Erwartung, einen reizenden Abend zu verbringen. Keine verriet - das heißt, keine fühlte - die Nervosität, welche bei jungen Damen üblich ist, wenn sie zum ersten Mal in der Gesellschaft erscheinen. Charis, durch keinerlei Ehrgeiz belastet und von den ausgefallenen Komplimenten, die sie erhielt, völlig unberührt, war überzeugt, der Ball würde vergnüglich werden, weil sie sich bei Gesellschaften ohnehin immer amüsierte - alle Leute waren ja so nett! Sie hegte keine Befürchtung, dass man sie nicht zu jedem Tanz auffordern würde, denn so etwas war ihr noch nie passiert.
    Wenn sie überhaupt darüber nachgedacht hätte, dann hätte sie wohl gesagt, das komme daher, weil sie so viele Bekannte in Here-fordshire besaß. Und hätte man ihr entgegnet, dass sie in London, wo sie unbekannt war, vielleicht einen großen Teil des Abends bei den Anstandsdamen würde sitzen müssen, dann hätte sie die Warnung völlig gelassen und ohne im Geringsten pikiert zu sein aufgenommen.
    Frederica hatte Ehrgeiz, doch der konzentrierte sich

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