Heiratsmarkt
ausschließlich auf ihre Schwester. Sowie sie befriedigt festgestellt hatte, dass Charis blendend aussah und die selbst geschneiderte Robe den Vergleich mit der teuersten Schöpfung Franchots aufnehmen konnte, war sie völlig ruhig: Die Schönheit ihrer Schwester und deren natürliches Benehmen würden ihr den Erfolg gewiss sichern. Ihr persönlich lag - weil, ihrer eigenen Ansicht nach, ihre Blüte so weit zurücklag, dass sie fast schon eine alte Jungfer war - einzig daran, einen tadellosen Hintergrund für Charis abzugeben. Das konnte ihr nicht schwerfallen. Sie war viel zu lange die Herrin des väterlichen Haushalts gewesen, um an den Qualen der Schüchternheit zu leiden. Ihr orangenblütenfarbenes Kleid, das Miss Chibett für sie genäht und dem Charis' geschickte Finger den modischen Pfiff verliehen hatten, war genau das Richtige für eine Dame, die zwar an der Bürde der Jahre nicht ausgesprochen litt, sich jedoch bewusst war, längst über das Heiratsalter hinaus zu sein. Das Diamanthalsband, ein Geschenk des verstorbenen Mr. Merriville an seine Frau, verlieh Frederica Würde; und die kleine alexandrinische Kappe, mit der sie, taub für die Proteste von Charis, ihrer eleganten Toilette die Krone aufgesetzt hatte, machte allen deutlich, dass sie sich zu den Witwen zählte.
Frederica mochte zwar mit den Gebräuchen eleganter Gesellschaften nicht völlig auf dem Laufenden sein, aber sie wusste, dass der Marquis damit, sie und Charis vor dem Ball im Alverstoke-Palais zu einem Dinner einzuladen, ihnen eine ungewöhnliche Ehre erwies. Die wenigen Zeilen, die er auf die Rückseite der Karte -
mit Goldrand und der Anschrift in der sauberen Handschrift seines Sekretärs -
gekritzelt hatte, ließ ihr keinen Zweifel über seinen Beweggrund. Er bestand darin, sie seiner ältesten Schwester und mehreren Personen vorzustellen, die sich seiner Meinung nach als nützlich erweisen konnten. Er unterstrich das Wort „nützlich", sicher in boshafter Absicht, und schloss mit der Bitte - die sich aber eher als Befehl las -, doch etwas vor der festgesetzten Zeit zu erscheinen. Die kurze Nachricht war für Fredericas Geschmack etwas zu selbstherrlich, aber sie beschloss, es zu übersehen, da Seine Lordschaft deutlich darauf abzielte, ihr den gesellschaftlichen Weg zu ebnen. Sie konnte ja nicht wissen, dass er sich tatsächlich in höchst ungewöhnlicher Weise um seiner adoptierten Schützlinge willen selbst übertroffen hatte, indem er ihnen zuliebe eine Dinnergesellschaft mit Leuten arrangiert hatte, denen er, bis auf wenige Ausnahmen, auswich oder die er überhaupt nicht zur Kenntnis nahm. Zur ersten Kategorie gehörten seine älteste Schwester und deren Gatte, seine Schwester Louisa, seine liebende Base Lucretia und Lady Sef-ton, deren Liebenswürdigkeit in seinen Augen ihre Geziertheit keineswegs entschuldigte, die ihn stets unweigerlich irritierte. Die zweite Kategorie bestand aus seinen zwei Neffen, zwei Nichten, dem standesgemäßen, äußerst langweiligen Mr. Redmure, der mit seiner ältesten Nichte verlobt war, ferner seinem Erben, dessen Schwester Cbloe und dem Ehrenwerten Alfred Parracombe, der das zweifelhafte Glück hatte, der Gatte der schönen Brünetten zu sein, deren Namen man erst kürzlich mit dem Seiner Lordschaft in Verbindung brachte. Er war auch mit dem Namen verschiedener anderer Herren in Verbindung gebracht worden, und sein Anblick - auf der gekritzelten Liste, die auch die Namen der Damen Jevington und Buxted enthielt - versetzte Charles Trevor in ein leichtes Schwindelgefühl. Er war jedoch vernünftig genug, keine diesbezüglichen Fragen zu stellen, denn Mrs.
Parracombe war eine jener Eingeladenen, die Hefe zu dem liefern sollten, was Seine Lordschaft bissig als „dieser ganze Teig" bezeichnete. Weitere Hefe sollten Lord und Lady Jersey beisteuern sowie der mit seiner Lordschaft seit Kindertagen befreundete Mr. Darcy Morton. Mr. Trevor erholte sich von seinem Erstaunen, während er die Liste durchging, überprüfte sie nochmals und entdeckte einen Fehler. „Die Zahl ist ungerade, Sir", erklärte er. „Es sind zehn Damen, aber nur - Sie eingerechnet -neun Herren."
„Nein, zehn Herren - mit Ihnen", entgegnete Seine Lordschaft. „Sie würden es zwar sicher vorziehen, entschuldigt zu
werden, und ich kann das gut verstehen. Aber wenn Sie glauben, dass ich dieser fürchterlichen Gesellschaft ohne Unterstützung Vorsitzen werde, dann haben Sie sich getäuscht!"
Charles lachte, errötete und sagte
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