Heiratsmarkt
Trevor die Hand entgegen und gönnte ihm ein Lächeln von seltener Herablassung: „Aber nein, wirklich! Ja, Charles, wie geht es Ihnen? Und wie geht es Ihrem würdigen Herrn Vater? Und Ihrer lieben Frau Mama?
Es ist schon so lange her, dass ich sie nicht mehr gesehen habe! Sie müssen mir alles über sie erzählen!"
Diese Notwendigkeit blieb ihm erspart, weil die Buxteds und die ihnen dicht auf dem Fuß folgende Mrs. Dauntry mit Chloe eintrafen. Mrs. Dauntry sah bemerkenswert schön in einem jener eng anliegenden Kleider aus, die sie gewöhnlich trug und die ihre überschlanke Figur so ausgezeichnet zur Geltung brachten. Das Gewand, das Lady Buxted in Gedanken auf fünfzig Guineen und Lady Jevington auf viel mehr schätzte, war aus lila Spinnweb-Gaze über einem Unterkleid aus rosa Satin. Auch Mrs. Dauntry trug eine Diamantentiara, die jedoch keineswegs so imposant aussah wie das Erbstück, das Lady Jevington krönte, hingegen unendlich feiner gearbeitet war. Darüber hatte sie einen ihrer Spitzenschleier geworfen; lila Ziegenlederhandschuhe französischer Herkunft -
nicht um einen Penny billiger als fünf Guineen, dachte Lady Buxted empört -
bedeckten ihre Arme; in einer Hand trug sie einen bemalten Fächer, und von ihrem Handgelenk hing ein verspieltes kleines Retikül. Die andere Hand streckte sie Alverstoke entgegen. Sie murmelte: „Lieber Vernon!" Als er zu ihrer Freude - und zum Ärger seiner Schwestern - ihre Hand an die Lippen hob, wandte sie ihre riesigen, tief liegenden Augen auf die wutschnaubenden Damen und nahm sie mit einem schwachen, süßen Lächeln zur Kenntnis, das zwar liebevoll war, doch nicht so freundlich, um Aufschluss zu geben, ob sie eine der beiden als ihre Gastgeberin anerkannt hätte. „Lieber Vernon!", wiederholte sie. „Bin ich spät dran? Wie ungezogen von mir! Aber ich weiß, du wirst mir verzeihen. Und hier ist deine beharrlichste Verehrerin! Chloe, mein Liebling!"
Miss Dauntry, die vor drei Tagen ihren siebzehnten Geburtstag gefeiert hatte, machte einen Schulmädchenknicks und zeigte ebenso viel Überraschung wie Schrecken in ihrem herzförmigen Gesicht. Da ihre Mama sie davon zu informieren vergessen hatte, dass sie ihren schreckenerregenden Vetter im Lichte eines Märchenonkels zu betrachten hatte, war sie aus ihrem labilen Gleichgewicht gebracht und schaute ängstlich, Hilfe suchend, zu Mrs. Dauntry. Der Marquis, der ihre Bestürzung beobachtete, fragte liebenswürdig: „Und seit wann bin ich - wie hast du das formuliert, Lucretia? Ach ja -ganz groß angeschrieben bei dir, Chloe?
Oder bin ich das gar nicht?"
„O neinl", antwortete sie aufrichtig. Dann errötete sie und stammelte: „Ich meine nicht - das heißt - nun, ich kenne Sie ja gar nicht sehr gut, V-Vetter!"
Er lächelte. „Gutes Mädchen! Offenkundig ist es meine Pflicht, deine Bekanntschaft zu pflegen, nicht?" Dann jedoch tat ihm ihre Verlegenheit leid, und er reichte Chloe an Charles Trevor weiter, in dessen beruhigender Gesellschaft sie sich bald wieder fasste. Der Marquis musterte sie kritisch und sagte in seiner abrupten Art: „Ein hübsches Kind, und sie kann durchaus noch gewinnen. Ein Jammer, dass sie ihrem Vater und nicht dir nachgerät, Lucretia.
Eine Schönheit wird sie ja nie - aber sie ist ein einnehmendes kleines Geschöpf. Mein Kompliment zu ihrem Kleid - vermutlich deine Wahl!"
Mrs. Dauntry war von diesem Lob erfreut, es war ja auch wirklich verdient. Sie hatte viel Zeit, Gedanken und Geld auf das täuschend schlichte Kleid Chloes aufgewendet.
Und mit einem unfehlbar guten Geschmack hatte sie einen primelgelben Musselin gewählt, der Chloe weitaus besser stand als das konventionelle Weiß, Blassrosa oder Blau, das man allgemein für Mädchen passend fand. Chloe hatte große braune Augen, braunes Haar und eine warme, cremefarbene Haut, die durch Weiß oder Blau fahl gewirkt hätte. Ihre Gestalt war zwar kindlich, auch hatte sie noch nicht ihre volle Größe erreicht, würde aber überall als ein hübsches Mädchen gelten, entschied Alverstoke. Das konnte man von Miss Buxted nicht behaupten, die in einem überladenen Kleid mit einem Kranz rosa Rosen im Haar eine recht jämmerliche Figur machte. Klügere Ratgeber waren bei Jane auf taube Ohren gestoßen. Ihre Entscheidung war auf Rosen und rosa Gaze gefallen. Da sie überdies die zänkische Anlage ihrer Mutter geerbt hatte und imstande war, tagelang zu schmollen, musste Lady Buxted ihr diese Aufmachung erlauben. Der Marquis beäugte sie mit
Weitere Kostenlose Bücher