Heiratsmarkt
würde, äußerst unangenehme Sparmaßnahmen einzuführen. Von den beiden Damen war jedoch sie mehr zu bemitleiden, denn Lady Buxted wusste, dass Charis ihren Carlton nicht anlockte, und glaubte, dass er viel zu viel Vernunft besaß, eine Verlobung mit Frederica auch nur in Betracht zu ziehen. Mrs. Dauntry hingegen entbehrte solcher Tröstungen.
Endymion, auf den ersten Blick von Charis hingerissen, hatte sich heftig in sie verliebt und benahm sich — selbst seine vernarrte Mutter musste dies gestehen -
wie ein Mondkalb. Er machte Charis auf alle nur erdenklichen Arten den Hof, starrte sie anbetend an, wich nicht von ihrer Seite und verriet erschreckende Anzeichen dafür, sich endgültig für sie zu entscheiden. Mrs. Dauntry konnte nur hoffen, seine Leidenschaft würde ebenso schnell verschwinden, wie sie erwacht war, denn auf seine Vernunft verließ sie sich ganz und gar nicht. Um die Sache noch schlimmer zu machen, hatte Chloe glühende Freundschaft mit Charis geschlossen, was Endymion mit einer vorzüglichen Ausrede, warum er in der Upper Wimpole Street vorsprach, versorgte. Er war zwar, auf seine träge Art, immer schon ein netter Bruder gewesen, jetzt aber wurde er über Nacht geradezu ein Muster an brüderlichen Tugenden und widmete sich, so weit es seine nicht sehr dringlichen militärischen Pflichten nur erlaubten, Chloes Unterhaltung. Er begleitete sie zu Gesellschaften, ja selbst zu Almack, was er früher vermieden hatte, weil er die erlesenen Gesellschaften dort für einen recht armseligen Spaß hielt. Er pro-monierte mit der Schwester im Park; und wann immer sie Charis besuchte, konnte sie seiner Begleitung ziemlich sicher sein. Schon von Kindheit an hatten sie und ihre Schwester Diana Endymion vergöttert und bewundert. Da er aber einige Jahre älter war, hatten sie ihn eher als großartige Persönlichkeit angesehen, die ihnen Zuckerpflaumen schenkte und sie gelegentlich zu Astleys Royal Amphitheater führte oder zu einer Pantomime bei Sadler's Wells, und ihn nicht als ihren Altersgenossen betrachtet. Chloe hatte keineswegs erwartet, er würde sich um ihretwillen anstrengen, obwohl sie kein Schulmädchen mehr war, sondern eine junge Dame, die eben erst debütierte. Sie zeigte sich ihm daher rührend dankbar und erzählte ihrer Mutter in einem Anfall von Vertraulichkeit, es sei das Reizendste von der Welt, einen großen Bruder zu haben, der so schön und so gutmütig wie Endymion war. „Es gibt mir ein so wunderbares Gefühle, Mama, wenn er uns zu Gesellschaften begleitet! Und du kannst dir nicht vorstellen, wie entzückend es ist, mit ihm, und nicht mit Diana oder Miss Nunny, spazieren zu gehen! Bestimmt hat noch nie jemand einen so prachtvollen Bruder gehabt!"
Nur die aufrichtige Liebe zu ihren Kindern machte es Mrs. Dauntry möglich, nach einem kurzen inneren Kampf zu antworten: „Das ist sehr richtig, Liebste!" Der ihr ergebenen Base Harriet gegenüber äußerte sie sich jedoch später mit großem Freimut, jammerte über Endymions Verblendung und sagte, es greife ihr ans Herz, ihre arme, unschuldige Chloe so sehr getäuscht zu sehen. „Ich weiß nur zu gut, dass er uns nur zu den Gesellschaften begleitet, weil er eine Ausrede haben will, um hinter dieser elenden Charis Merriville herzulaufen! Oh, meine hebe Harriet, sie hat ihn eindeutig behext - ja, und Chloe auch! Oh, was für eine intrigante Kreatur sie ist!"
Auf diese und viele ähnliche Bemerkungen antwortete Miss Plumley mit beruhigendem Gluckern und mehreren einander widersprechenden Feststellungen, die anscheinend
eine wohltätige Wirkung auf die Witwe ausübten. Sie wäre überzeugt, Endymion sei nicht verhext; und im selben, weit ausholenden Satz erinnerte sie seine Mutter an die verschiedenen Dämchen, in die er sich schon früher irrsinnig verliebt hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Charis eine intrigante Person sei, sondern hegte eher den Verdacht, sie habe es auf Lord Wrenthorpe oder Sir Digby Meeth abgesehen. Auch konnte sie keinesfalls glauben, Endymion - ein so vortrefflicher Bruder! - habe irgendein verborgenes Motiv dafür, dass er die liebe Chloe auf Bälle begleitete - obwohl es doch von Vorteil sei, wenn er, in der Hoffnung, Charis dort zu treffen, seine Schwester so bereitwillig zu einer Art von Unterhaltung begleitete, die er im Allgemeinen verabscheute. Es müsse doch ein großer Trost für die liebste Lucretia - in ihrem schlechten Gesundheitszustand - sein, wenn sie Chloe seiner Fürsorge anvertrauen
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