Heiratsmarkt
konnte!
Diese liebenswürdigen, komplizierten Äußerungen verbannten zwar Mrs. Dauntrys Befürchtungen nicht ganz, erleichterten sie aber zumindest. Und als Miss Plumley bewundernd über Lucretias Freundlichkeit zu den Merrivilles sprach, die geradezu die einer Heiligen war, und sie mit dem ganz anderen Verhalten der Lady Buxted verglich, sagte sie, schon viel weniger weinerlich: „Harriet! Würdest du es für möglich halten? Diese grässliche Frau spricht von ihnen, als habe sie Mitleid mit den beiden Mädchen, und erzählt jedermann, sie besäßen nicht einen Penny! Alles unter der Vorspiegelung, sie gernzuhaben! Nichts als Heuchelei ist das, wie ich sehr gut weiß! Sie hat natürlich Angst, dass Carlton ihrem Charme erliegen könnte. Nun, ich persönlich verabscheue solche faulen Tricks und hoffe nur, ich bin eine zu gute Christin, um sie nachzuahmen!"
Miss Plumley sagte, dessen sei sie sicher. Da sie ebenso kritiklos wie liebenswürdig war, fiel ihr möglicherweise gar nicht ein, dass Mrs. Dauntry wahrheitsgemäßer hätte sagen
können, sie sei nicht so dumm, um solche faulen Tricks zu kopieren.
Mrs. Dauntry gab sich nämlich alle Mühe, Charis jedem Junggesellen vorzustellen, der sie entweder durch seine Rede zu fesseln oder durch seinen Rang zu blenden vermochte. Da sie überzeugt war, Charis wolle einen Titel cinfangen, förderte sie nicht nur die Interessen Lord Wrenthorpes - bekannt dafür, dass er von Geburt aus hundearm war -, sondern übertraf sich selbst, um Charis jeden Abkömmling eines noblen Hauses zu präsentieren, den sie persönlich jedoch durchaus nicht als Schwiegersohn willkommen geheißen hätte. Um ihr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen - im Augenblick angehe sie keineswegs nach einer passenden Partie für Chloe, die ja eben erst dem Schulzimmer entwachsen und noch zu jung war, um eine ernste Bindung einzugehen. Und wäre sie nicht entschlossen gewesen, Louisa Buxted auf keinen Fall einen Vorsprung zu lassen, dann hätte sie Chloe erst ein Jahr später das Debüt erlaubt. Mrs. Dauntry hielt ihr Töchterchen für ein bloßes Kind und widmete sich so gründlich der Aufgabe, Endymion von Charis Merriville loszueisen, dass ihrer Aufmerksamkeit die wachsende Vertrautheit zwischen Chloe und Mr.
Charles Trevor entging.
Die Verwandtschaft der Merrivilles mit Alverstoke, der Eklat, mit dem er sie in die Gesellschaft eingeführt hatte, der Schutz der Lady Jersey und der Lady Sefton sowie ihr undefinierbares Air von guter Erziehung trugen ihnen eine große Anzahl angenehmer Einladungen ein. Nur wenige Leute glaubten Lady Buxteds lächelnden Andeutungen über die angebliche Armut der Merrivilles, und nur die eifersüchtigsten Eltern waren gegen Charis' Schönheit aufgebracht. Man stimmte allgemein darin überein, dass sie ein sehr süßes, ungekünsteltes Mädchen sei und dass es Louisa Buxted ähnlich sab, wenn sie ihr die Chancen verderben wollte, weil ihre eigene Tochter so gar nicht einnehmend war. Da Mrs. Dauntry keine derartigen Andeutungen fallen ließ, war es anscheinend sicher, dass kein Körnchen Wahrheit an dem Gerede war. Die Merrivilles hatten zwar ein Haus in einem uneleganten Stadtteil gemietet, doch das war höchstwahrscheinlich auf Miss Winshams exzentrisches Wesen zurückzuführen. Ein anderes Zeichen der Armut konnte man keineswegs entdecken. Sie waren immer elegant angezogen, ihr vortrefflicher Butler war im Dienste der Familie alt geworden, und sie beschäftigten einen sehr ansehnlichen Lakaien. Ferner wurde bekannt, dass die Güter ihres Bruders in Herefordshire bedeutend waren. Das erinnerte einige Leute ziemlich vage daran, dass Fred Merriville, nachdem er durch seine verschwenderische Lebensweise seine grauhaarigen Eltern vor Kummer beinah ins Grab gebracht hatte, unerwarteterweise den Merriville-Besitz geerbt hatte. Da man weder den Vater noch den älteren Bruder Freds in London gut kannte, wusste niemand irgendetwas Genaueres über den Umfang dieses Besitzes, denn selbst seine Verwandten Dauntry hatten Graynard niemals besucht. Daher vermochte Mrs. Dauntry, ohne Angst vor Widerspruch, den Eindruck zu erwecken, dass der gegenwärtige Besitzer ein vermögender junger Mann war und seine Schwestern einmal eine schöne Mitgift bekämen.
12. KAPITEL
Es dauerte nicht lange, bis Frederica merkte, dass die Gesellschaft eine übertriebene Vorstellung vom Erbe ihres Vaters hatte. Ein, zwei gelegentliche Bemerkungen zeigten, dass man ihr und Charis, wenn man sie auch nicht als
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