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Heiratsmarkt

Heiratsmarkt

Titel: Heiratsmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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waren und es einige Spazierwege gab, wo man sich fast einbilden konnte, auf dem Land zu sein.
    „London gefällt Ihnen nicht?", fragte er.
    „O doch!", entgegnete sie gelassen. „Es ist sehr aufregend und unterhaltsam, nur keineswegs so angenehm wie auf dem Land."
    „Alle halten es für angenehmer als das Land!"

    „Wirklich?" Sie runzelte die Stirn. „Wieso eigentlich?"
    „Sagen wir, weil es mehr Unterhaltung zu bieten hat."
    „Oh!" Sie überlegte sich das einen Augenblick. „Ja, natürlich: Es gibt hier Theater und Konzerte und Paraden und sehr viele Bälle. Nur sind die Londoner Gesellschaften - obwohl sie außerordentlich prunkvoll sind - niemals so vergnüglich wie die auf dem Land, oder?"
    „Nein? Weshalb denn?"
    „Ich weiß nicht. Ich bin so dumm, wenn ich etwas erklären soll", entschuldigte sie sich. „Ich mag am liebsten die Gesellschaften, bei denen ich jeden kenne - wenn Sie verstehen, was ich meine." Nach einer weiteren Pause, während der sie überlegte, fügte sie hinzu: „Ich glaube, das kommt daher, weil ich nicht an das Stadtleben gewöhnt bin und nicht an die rüde Art, wie die Leute einen anstarren, wenn man fremd ist."
    „Sehr unangenehm", sagte er ernst. „Ich merke, ich hätte besser daran getan, Sie aus der Stadt hinauszukutschieren, zu irgendeinem abgelegenen Ort, der nur von Bauernlümmeln bewohnt ist."
    „Aber da müssten Sie sehr weit fahren, nicht?"
    Er begann sich zu langweilen und antwortete etwas trocken: „Sehr richtig."
    Sie verfiel wieder in Schweigen. Nach einer Weile bemühte er sich um ein anderes Gesprächsthema, doch da sie wenig Eigenes zu äußern wusste und nur allem zustimmte, was er sagte, wuchs seine Langeweile ins Unermessliche. Nachdem er noch eine Runde um den Park gemacht hatte, brachte er sie in die Upper Wimpole Street zurück und schalt sich innerlich, weil er so überstürzt versprochen hatte, sie unter seinen Schutz zu stellen. Unter gewöhnlichen Umständen hätte er jeden Gedanken an sie verbannt, sowie er sie abgesetzt hatte. Aber die Umstände waren nun einmal nicht gewöhnlich. Seiner Meinung nach war er ehrenhalber verpflichtet, sie zu einer weiteren Fahrt einzuladen. Also tat er es und fragte sie, wohin sie denn gern fahren würde. Sie antwortete impulsiv: „Oh, wie freundlich von Ihnen! Ich möchte zu gern einmal nach Hampton Court, Sir. Wir haben darüber gelesen, Frederica und ich, und wir wünschen uns sehr, es zu besuchen. Nur ..." Sie zögerte und hob die großen Augen flehend zu ihm auf.
    „Nur?", ermutigte er sie.
    „Würden Sie ... würden Sie uns begleiten, Vetter Alver-stoke? Ich meine, uns alle?
    Oder ... oder täten Sie das lieber nicht? Es ist nämlich so, dass dort ein berühmtes Labyrinth ist, und den Jungen würde es so viel Freude machen!"
    So kam es, dass sich der Marquis einige Tage später im Landauer eine Familiengesellschaft nach Hampton Court kutschieren sah, der, mit seinen vorbildlich trabenden Pferden, den Mitgliedern des Four-Horse-Clubs nur zu gut bekannt war. Nur wenige von ihnen hätten ihren Augen getraut, hätten sie von dem unedlen Zweck gewusst, dem die Pferde unterworfen wurden. Seine Lordschaft trug zwar nicht das Clubabzeichen, aber Jessamy, der, abwechselnd mit Felix, bei ihm auf dem Kutschbock saß, versicherte seinen Schwestern, jeder, der das Privileg hatte, den Marquis die Zügel handhaben zu sehen, würde ihn sofort als Mitglied des Clubs erkennen.
    Der Meinung der Merrivilles nach war dieser Ausflug das Hinreißendste, was sie bisher erlebt hatten. Selbst Felix war der Ansicht, dass die Freuden, sich im Labyrinth zu verirren und nachher im Star-and-Garter-Restaurant mit einem, seinen Worten nach, tollen Mittagessen bewirtet zu werden, diejenigen seines Ausflugs nach Ramsgate übertrafen. Er verschlang so viele Marmeladetörtchen, dass sein Bruder ihn ein Schleckermaul schimpfte und sagte, jeder müsste annehmen, er wäre am Verhungern. Worauf Felix heiter erwiderte, dass er ja wirklich - bis auf einige Portionen Eis und ein paar Kuchen als Imbiss - seit seinem Frühstück aus Eiern, Brötchen, Toast und Marmelade keinen Bissen zu essen gehabt habe und deshalb in der Tat am Verhungern sei.
    Dank der Voraussicht des Marquis, sich mit dem Schlüs-sei zum Labyrinth vertraut gemacht zu haben, verbrachte er den Tag viel angenehmer, als er erwartet hatte. Sowie er davon genug hatte, im Labyrinth herumzuwandern, führte er Frederica hinaus und überließ die drei jüngeren Mitglieder der Gesellschaft

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