Heiß umschwärmt
sich das Ranchhaus als riesiges Gebäude vorgestellt, neben dem ein hoher Berg aufragte. Stattdessen fand sie nun eine meisterhaft gebaute Blockhütte vor, die so gut in die Landschaft passte wie ein Vogel in sein Nest. Das Haus war ausgesprochen gemütlich. In jedem Raum gab es einen Kamin aus Stein. Ein Büro war überhaupt nicht vorhanden. Seth erklärte, dass er sich eine Ranch in Montana gekauft hatte, um sich dort zu entspannen, nicht um zu arbeiten.
Obwohl Kirsten sich vorgenommen hatte, unbeeindruckt zu bleiben, war sie nun doch wirklich angetan, sowohl von dem Haus als auch von Seth selbst.
Die Haushälterin, Viola, war eine ältere Frau mit kurzem weißen Haar und hohen Wangenknochen, die auf eine indianische Abstammung hindeuteten. Sie zeigte Kirsten ihr Zimmer und ließ sie dann mit einem Imbiss auf einem Tablett allein.
Kirsten sah sich in dem schönen Schlafzimmer um, das hauptsächlich blau dekoriert war. Dann warf sie sich aufs Bett und griff nach dem Telefon, um ihre Familie anzurufen.
“Carrie! Sag Mom, dass ich zurück bin und den Job habe!”, begann sie aufgeregt, aber leise.
Sie wartete, bis sie die vertraute Stimme hörte, dann fuhr sie fort. “Das stimmt! Ich habe den Job! Also kündigst du gleich morgen im Schnellrestaurant. Keine Arbeit mehr. Du musst dich von der Chemotherapie erholen und wieder glücklich werden. Dann wirst du auch so gesund, wie der Doktor es uns erklärt hat.”
Kirstens Mutter protestierte, aber davon wollte Kirsten nichts hören. “Ich habe alles im Griff, Mom”, sagte sie. “Du solltest das Zimmer sehen, das ich hier habe. Die Überdecke auf dem Bett ist aus einem Material wie mein bester Paschminaschal. Also wozu brauche ich noch Geld für Miete? Es gehört dir. Du musst morgen kündigen. Ich werde mich morgen bei Hazel bedanken, und dann komme ich vorbei, um nach euch beiden zu sehen.”
Sie hörte eine Minute zu und verdrehte die Augen. “Die Sache ist bereits beschlossen und besiegelt. Akzeptiere es. Alles ist genauso, wie ich es geplant hatte. Unser Schiff ist in den Hafen eingelaufen. Gib Carrie einen Kuss von mir.” Sie legte den Hörer auf und schlang die Arme um sich. Es war ein wundervoller Tag. All ihre Probleme schienen gelöst zu sein.
Es klopfte es an der Tür, und Kirsten blickte auf.
Seth Morgan stand in der Tür, die immer noch offen war. Er trug nur Jeans und ein Wollhemd. Offenbar ließ er sich hier so weit gehen, dass er sogar barfuß herumlief, aber seinen Gesichtsausdruck konnte man nicht gerade als entspannt bezeichnen.
“Ich würde gern mit Ihnen über den morgigen Tag sprechen”, begann er.
Kirsten richtete sich auf dem Bett auf. Sie wurde rot. “Es tut mir leid, wenn Sie das gehört haben …”
“Miss Meadows, niemand weiß besser als ich selbst, wie reich ich bin”, unterbrach er sie in scharfem Ton. “Wenn es Ihnen nicht aufgefallen wäre, hätte ich Sie für dumm gehalten.” Er wechselte das Thema. “Jetzt zum Geschäft. Ich möchte mir die Pferde ansehen, die Jim, der Verwalter der Ranch, zurzeit im Stall hat, um festzustellen, welche für meine Hausgäste geeignet sind, wenn ich später welche habe. Und ich hätte gern eine zweite Meinung, was die Pferde angeht, also können Sie damit rechnen, morgen eine Menge Zeit im Sattel zu verbringen.”
“Sicher.” Kirsten war den Tränen nahe. Es war ein entsetzlicher Gedanke, dass sie ihren kostbaren Job womöglich durch einen weiteren dummen Fehler gefährdet hatte.
“Also sehen wir uns morgen früh.”
“Ich stelle mich darauf ein”, antwortete Kirsten heiser. “Brauchen Sie mich heute Abend noch für etwas?”
Sein hungriger Blick hätte sie wahrscheinlich schockiert, wenn sie nicht vorher schon solche Angst gehabt hätte. Seth musterte kalt ihre Lippen, betrachtete dann ihren Hals und schließlich ihre vollen Brüste, die sich unter dem warmen Hemd abzeichneten.
“Wir sehen uns morgen früh, Miss Meadows.” Er drehte sich abrupt um und ging.
Kirsten schloss die Tür hinter ihm. Als sie dann in ihrem Zimmer allein war, atmete sie tief ein und versuchte sich zu entspannen.
Sie konnte es sich nicht erlauben, diesen Mann zu beleidigen. In Zukunft würde sie ungeheuer vorsichtig sein müssen. Es hing einfach zu viel von ihr ab.
Doch auch nachdem ihre Angst nachgelassen hatte, klopfte ihr Herz immer noch wie wild. Sie war auf seltsame Weise aufgeregt. Nun schloss sie die Augen. Sie sah immer noch Seth vor sich, wie er in der Tür gestanden hatte, mit
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