Heiß umschwärmt
fast leeres Whiskeyglas und deutete auf die Bar. “Nehmen Sie sich etwas. Es könnte Ihnen guttun. Anscheinend frösteln Sie immer noch.”
Sie blickte unsicher zur Bar hinüber.
“Machen Sie schon”, drängte Seth sie. “Ich werde es Ihnen morgen nicht vorwerfen. Schließlich habe ich selbst dringend einen Drink gebraucht.” Daraufhin leerte er sein Glas und starrte wieder zum Fenster hinaus.
Kirsten ging vorsichtig zur Bar hinüber und mixte sich einen Drink. Sie fand, dass Seth Morgan ein seltsamer Mann war, aber vielleicht wurde man so, wenn man so unglaublich reich war. Und doch schien in seinem Wesen etwas Ursprüngliches zu liegen, das an die Oberfläche drängte. Sie sah es in seinem Blick und an der Art, wie er immer unruhig auf seinem Sitz herumrutschte. So, als würde es ihm nicht gelingen, es sich bequem zu machen.
Kirsten schenkte sich noch einen Drink ein und fragte sich, ob Ruhelosigkeit ansteckend war. Ganz gewiss wurde sie selbst auch jedes Mal unruhig, wenn sie diesen düsteren, missbilligenden Blick sah.
Nach dem zweiten Drink fühlte Kirsten sich wieder wohler. Das Schweigen ging in belanglose Bemerkungen und schließlich in ein echtes Gespräch über. Seth stellte eine Menge persönliche Fragen. Tatsächlich verlangte er sogar Antworten auf sehr viele persönliche Fragen, aber Kirsten machte es nichts aus, ihm diese zu geben. Sie erklärte ihm eine Vielzahl von Dingen aus ihrem Leben, wobei sie das Geräusch der Triebwerke irgendwie beruhigend fand.
“Wesentlich mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Danach sind meine Mutter, meine Schwester und ich wieder nach Mystery gezogen. Und da leben wir bis heute. Alles bestens.” Kirsten saß im Schneidersitz in ihrem Sessel, in der Hand ein Glas mit dem besten Whiskey mit Soda, den sie je getrunken hatte. Der Alkohol hatte sie schläfrig gemacht und ihre innere Abwehr außer Gefecht gesetzt. So hart Seth Morgans Blick manchmal sein mochte, im Moment machte ihr das nicht viel aus. Inzwischen war das Eis gebrochen, und sie redeten.
“Warum waren Sie so scharf auf diesen Job?”
Bei dieser Frage lief Kirsten doch wieder ein kalter Schauer über den Rücken. “Na ja, ich hätte ja im Schnellrestaurant von Mystery Burger braten können, aber wissen Sie, was die bezahlen?” Sie lachte spöttisch, obwohl es ihr bei dem Gedanken immer noch grauste.
“Hazel sagte, Sie müssten diesen Job unbedingt haben. Sie hätten das Geld nötig.”
Es war deprimierend für Kirsten, darüber reden zu müssen. “Carrie ist erst elf, und meine Mutter hatte in letzter Zeit gesundheitliche Probleme. Sie sollte wirklich zurzeit nicht arbeiten.”
“Also bleibt alles an Ihnen hängen.”
Kirsten schwieg eine Weile. Schließlich sagte sie: “Ich hätte sicher auch ohne Hazels Hilfe einen Job gefunden, aber ich muss gestehen, dass mir dieser gut gefallen würde, falls alles klappt.” Dann bemühte sie sich verzweifelt um einen Themenwechsel. Dazu sah sie sich in der Kabine um. “Ich kann es nicht fassen, dass ich gerade in einem Flugzeug geduscht habe. Ich meine, wie haben Sie sich an all das gewöhnt?”
Jetzt war es Seth, der eine Weile schwieg. Er starrte Kirsten erst einmal nur an.
“Ich war früher auch einmal sehr scharf auf bestimmte Dinge”, antwortete er schließlich. “Ich wollte die ganze Welt erobern, und in gewisser Weise habe ich das geschafft. Ich schätze, inzwischen bin ich etwas blasiert, was meinen Reichtum angeht. Heute reizt mich so schnell nichts mehr.”
“Es muss toll sein, wenn man seinen Appetit in jeder Hinsicht gestillt hat”, meinte Kirsten ruhig. “Ich selbst werde bloß immer hungriger und hungriger.”
“Mein Appetit ist noch lange nicht gestillt. Aber irgendwann bekomme ich immer alles, was ich will.”
Das klang für Kirsten mehr nach einer Drohung als nach einer einfachen Bemerkung.
Sie musterte Seth, und in ihr läutete eine Warnglocke.
Danach sagte Seth nichts weiter mehr.
Er starrte nur in die Dunkelheit hinaus und beachtete Kirsten gar nicht mehr. Es war, als wäre sie unsichtbar geworden.
Das Flugzeug landete pünktlich. Nachdem Ricky, der Steward, ihr Gepäck gebracht hatte, zog Kirsten sich Jeans und ein warmes Hemd an. Seth hatte arrangiert, dass auf dem Flughafen bereits ein Jeep auf ihn wartete, und so waren sie sehr bald unterwegs zu seiner neu erworbenen Ranch.
Kirsten stellte überrascht fest, dass diese ganz anders war, als sie erwartet hatte.
Nachdem sie Seths Büro gesehen hatte, hatte sie
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