Heiße Sonne der Verfuehrung
Mit einer schnellen Drehung ihrer Hand wies sie auf die Insel, die Menschen und sein Zuhause. »Ich freue mich für dich, aber bitte mich nicht, mit dir zu kommen«, ihre Stimme brach, »denn du willst es nicht wirklich.«
Ein Kloß des Bedauerns schnürte ihm die Kehle zu.
»Kleine Lady, hältst du mich wirklich für so herzlos?«, flüsterte er. Er hatte sich so oft zwischen sie gestellt, dass sie nun nichts anderes annehmen konnte, als dass für sie kein Platz in seinem Leben war, dass sie lediglich glauben konnte, dass er sie nicht in seiner Nähe haben wollte. Noch dazu war sie auf einer Insel gefangen, von der aus sie nirgendwo anders hingehen konnte. Und das alles, nachdem sie ihm seine zornigen Gelübde weggeliebt hatte.
Gott, er fühlte sich dieser Frau so verdammt unwürdig.
Diese Gefühle waren ihm neu, und über keines von ihnen war er sich sicher. Er wusste lediglich, dass er wollte, dass sie mit ihm kam, und zwar freiwillig; er wollte sehen, was auch immer sie sah und was sie dazu brachte, so viel von ihm zu wollen. Er wusste, dass es unfair war, denn nach Sanctuary zurückzukehren erinnerte ihn daran, dass er ein Geächteter war, dass er sterben konnte, ohne ein zweites Mal die Magie erlebt zu haben, die sie miteinander geteilt hatten. Und nachdem er erst einmal gemerkt hatte, wie süß das schmeckte, wollte er mehr davon.
»Aurora, schau mich an.« Sie sah zu ihm auf. »Wein doch nicht, Liebes«, stöhnte er hilflos, durch diesen Anblick schwach geworden. »Mir fehlen die gewandten Worte, um die Wunden zu lindern, die ich dir beigebracht habe, aber du sollst wissen, dass du einen Teil von mir freigesetzt hast, von dessen Existenz ich noch gar nicht gewusst hatte.« Er holte Luft, strich das Haar von ihrer Wange und ließ seine Finger in der tintenschwarzen Wolke versinken. »Ich bete dich an, kleine Lady. Nein, bestraf mich bitte nicht mit diesem scharfen Blick, denn ich weiß selber, dass ich etwas anderes gesagt habe. Ich bitte dich aber nun darum, nicht so einfach aufzugeben, was zwischen uns entstanden ist. Ich weiß, dass das selbstsüchtig von mir ist, aber«, er schluckte, »aber ich habe bemerkt, dass ich meine Seele verliere.«
Aurora erforschte seine Gesichtszüge, versuchte, diesen einmaligen Moment festzuhalten, denn nie zuvor hatte er etwas Derartiges zugegeben, und sie wusste, ach, sie wusste, welche Überwindung ihn das kostete. Wie konnte sie ihn verlassen, wo sie doch geschworen hatte, da zu sein, wenn er sie brauchte?
Ran wartete angespannt darauf, dass sie etwas sagen würde.
»Gehört mir wirklich ein Teil deines Herzens, Ransom?« Ihre Stimme brach sich. »Denn wenn das so ist, dann werde ich diesen Teil nicht zurückgeben.«
Er musste lächeln über die Schärfe in ihrem Tonfall, über die Drohung.
»Ich sehe schon, dass ich daran arbeiten muss, dich zu überzeugen.« Er riss sie in seine Arme und küsste ihren bebenden Mund, langsam und so lange, bis er spürte, wie seine Beine weich wurden und ihr Körper sich sanft gegen den seinen drückte. Die Zuschauermenge grölte erfreut.
Irgendjemand rief ihn, und eine Gestalt schob sich durch die Menge. Aurora entfernte sich aus seinem plötzlich fester gewordenen Griff und fing seinen verärgerten Blick auf, bevor sie eine in einen weißen abayeh gekleidete und verschleierte Frau erblickte.
»Hast du denn den Verstand verloren?«, rief die Frau aus, während sie sich wie eine spanische Galeone mit vollen Segeln über den Stand auf sie zu bewegte. »Bring dieses arme Kind sofort aus der Sonne, bevor es noch ganz rot wird!« Sie blieb zwischen Aurora und Ransom stehen, riss sich den Schleier von Gesicht und Kopf und legte ihn über Auroras nackte Schultern. Sie lächelte Aurora freundlich an, bevor sie Ransom einen enttäuschten Blick zuwarf,
»Ich bin entsetzt über deine Manieren, Kassir«, schimpfte sie ihn leise aus, beinahe zögerlich, und Aurora erhob ihren Blick zu Ran und verschränkte kampfeslustig ihre Arme.
Ran stieß seinen Atem aus und richtete kurz seinen Kopf gen Himmel, bevor er ihr in die Augen blickte.
»Aurora Lassiter, ich darf dir Sayidda Ashran vorstellen.« Seine Lippen wurden schmaler, und seine nächsten Worte waren kaum noch zu hören. »Meine Mutter.«
26
Aurora öffnete sprachlos ihren Mund, und ihr Blick schoss zwischen Mutter und Sohn hin und her.
Kassir. Es bestand so gut wie gar keine Ähnlichkeit zwischen ihnen, abgesehen von der goldbraunen Haut.
Sayidda Ashran. Das bedeutete, dass Ran
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