Heiße Sonne der Verfuehrung
können.
»Opfer derselben Krankheit haben viel miteinander zu reden«, murmelte Shokai, und Ran musste kämpfen, um mit den kurzen, schnellen Schritten des alten Mannes mithalten zu können.
Hatte Shokai das Gefühl, dass Aurora genauso viel an ihm lag, wie ihm an ihr? Der Gedanke freute Ran außerordentlich, denn auch wenn Aurora in seinem Bett freigebig sein mochte und bereit, es auszusprechen, so konnte er sich doch nie sicher sein, wie sie auf die meisten Dinge reagieren würde; in einem Moment noch ruhig und vernünftig, im nächsten jedoch schon bereit, ihn als Haifutter zu benutzen.
Entlang des Weges zum Haus hin fand Shokai ein gebogenes Stück Holz. Er klopfte damit den Boden ab und untersuchte es kritisch, bevor er anerkennend vor sich hin murmelte und es dann benutzte, um seine Schritte zu begleiten.
»Habt Ihr noch einmal darüber nachgedacht, wer ein Interesse daran haben könnte, ihr zu schaden?«, wollte Ran von ihm wissen, als sie im kühlen Schatten der Rebengewächse und Palmenbäume den Weg entlangschritten.
»Niemand hat hinten im Kopf Augen.«
»Fahrt doch zur Hölle, Mann!«, zischte Ran, streifte einen üppigen Vorhang aus Dschungelgewächs beiseite und duckte sich darunter. »Habt Ihr denn keine Sorge um ihre Sicherheit?«
Shokai blieb abrupt stehen, und Rans gebückte Haltung gab Shokai die Möglichkeit, ihn direkt anzusehen. Dann aber schlurfte Shokai weiter, schlich um das Haus herum und verschwand im Dschungel.
Ran seufzte. Man konnte nichts tun, bevor der Schuldige nicht seine Hand zeigte, und Ran war sicher, dass niemand das auf seiner Insel versuchen würde.
Ransoms Haus war von mehreren kleineren Gebäuden umgeben, die sich zu beiden Seiten des Berges hinunterzogen; ein kleiner Stall, ein Räucherhaus, eine riesige Zisterne, um frisches Regenwasser aufzufangen, ein Kühlhaus und ein Kochhaus. Und als Aurora durch den Eingang schritt und dabei beinahe gestolpert wäre, weil ihre Umgebung sie so in Erstaunen versetzte, wusste sie, dass sie noch nie im Leben etwas Prachtvolleres gesehen hatte. Gewölbte Decken erhoben sich über ihr, Fenster, die zum Meer hin zeigten, ließen Licht in die großen, geräumigen Zimmer. Der Duft von Blumen und der salzige Geruch des Meeres hingen in der Luft und vermischten sich mit dem köstlichen Duft von Lammbraten.
»Das ist ja wie Bealltainn« ,flüsterte sie, während sie sich umherdrehte und alles anschaute.
»Verzeihung?«, fragte Sayidda stirnrunzelnd.
»Frühling«, erklärte Aurora, als Sayidda sie durch einen Salon, der elegant in warmen beigefarbenen, korallenroten und hellbraunen Tönen eingerichtet war, hindurch und hinter eine verschlossene Tür führte, die in die Mitte des Hauses ging. Zu ihrer Linken lag ein riesiger Speisesaal. In diesem befand sich ein polierter, von mehr als zwanzig Stühlen umgebener Tisch, und luftige Gardinen strichen in der Brise über den Boden. Das Ganze war verschwenderisch und herrlicher als alles, was sie je gesehen hatte. Anrichten, Servierwagen auf Rädern, ein silbernes Teeservice und von irgendwo hinter der breiten Bedienstetentür konnte sie lachende Stimmen, klappernde Teller und schreiende Kinder hören.
Von einem langen Korridor im ersten Stock, der sich durch das ganze Haus zu ziehen schien, gingen mehrere Türen ab.
»Euer Haus ist wunderschön, Sayidda«, bemerkte sie, während sie sich beinahe ehrfürchtig die gewundene Treppe zum zweiten Stockwerk hin anschaute.
»Kassirs Haus«, korrigierte Sayidda sie, bevor sie wegschaute. Aurora zog ihre Augenbrauen zusammen, hatte jedoch keine Zeit mehr, dies zu kommentieren, denn eine rundliche, rotwangige Frau platzte durch die Bedienstetentür aus der Küche herein.
»Oh, Domingo hat mir schon erzählt, dass Ihr eine Schönheit seid!«, rief die Frau aus, die sich selbst als Léonie, die Köchin und Haushälterin vorstellte. Und aufgrund ihrer Statur konnte Aurora sich vorstellen, dass sie es ausgezeichnet verstand, das Essen zuzubereiten. »Kommt, kommt«, winkte die Köchin sie zur Treppe und stieg diese ächzend hinauf. »Ich habe im blauen Zimmer ein Bad vorbereitet«, sagte sie zu Sayidda.
Sayidda nickte lächelnd, raffte ihre Röcke und ging an den beiden Frauen vorbei.
»Ich werde eine Mahlzeit nach oben bringen, und dann könnt Ihr Euch ausruhen«, meinte Léonie und eilte den Korridor entlang.
»Ausruhen? Es ist doch mitten am Tag!«
Léonie schaute auf, als sich die Tür öffnete. »Ihr seid nicht müde?«, wollte sie
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