Heiße Sonne der Verführung
über ihre kurz angebundene Art, denn in den letzten Jahren hatte sie ihm nicht einmal widersprochen, nicht ein einziges Mal, und das, obwohl er ihr Grund genug dafür gegeben hatte.
Sie ging ihm in den Raum voraus und hielt dann inne, um ihn vorbeizulassen und die Tür hinter sich zu schließen.
Sie starrten sich an.
Sie ist äußerst blass, dachte Ran, und viel dünner geworden.
»Du hast mir etwas zu sagen?«, spornte er sie an, während er sich gegen seinen Schreibtisch lehnte.
»Ich habe dich in der letzten Nacht ihr Gemach verlassen sehen.«
Ran wurde starr.
»Ich möchte nicht wissen, was dort passiert ist, lediglich, ob du ihr auch keine Schande bereitest. Aurora ist eine großartige Frau, Kassir, und sie verdient es, gut behandelt zu werden.«
»Und ich nehme an, dass du mir nun erzählen wirst, dass ich es nicht getan habe?«
Sayidda schaute zur Seite, um ihren ganzen Mut zusammenzunehmen. In den vergangenen Tagen waren sie so weit gekommen, dass sie sogar höfliche Gespräche geführt hatten, und sie wollte das auf keinen Fall wieder zerstören. Sayidda betete jedoch die Schottin an, und er musste einsehen, was sein wenig ehrenhaftes Verhalten anrichtete.
»Man redet über Aurora.«
Ran richtete sich auf. Was auch immer geredet wurde, so war es ihm in jedem Falle durch einen Blick auf Sayiddas Gesicht klar, dass es ihm nicht gefallen würde.
»Einige sagen, dass du dir deine persönliche Hure mitgebracht hast.«
»Sie sollen doch alle zur Hölle fahren.«
»Kassir!«
»Es stimmt nicht!«
»Natürlich stimmt es, denn genauso hast du sie behandelt.«
»Das ist eine verdammte Lüge!« Er ballte seine Fäuste. »Hast du etwa nicht in diesem Hause öffentlich das Bett mit ihr geteilt, und zwar ohne Ehegelübde?«
Er errötete leicht. »Aurora weiß, dass ich sie respektiere.«
Sayidda rümpfte die Nase und verschränkte ihre Arme. »Kassir«, sagte sie mit einem besänftigenden Atemzug, »ich weiß nur zu gut, welche Folgen das für das Leben einer Frau haben kann, ob es ihr nun egal ist oder nicht.«
»War es dir denn egal?«, fragte er plötzlich leise und mit einschmeichelnder Stimme. »Hast du dir jemals Gedanken darüber gemacht, wie es mir ergangen ist?«
Sayiddas Augen schimmerten von Tränen. »Du hast lange gewartet, um mich das zu fragen, mein Sohn.«
»Wusstest du, wie grausam sie zu mir war? Wie sie mich verachtete, weil ich nicht ihr Sohn war?«
Sayidda schüttelte den Kopf.
»Ich konnte nie verstehen, wie eine Mutter so herzlos sein konnte«, seine Stimme wurde härter und seine nächsten Worte stieß er gepresst vor Bitterkeit heraus, »bis zu dem Morgen, als ich David Chalmers mitten ins Herz geschossen habe.«
»Es war nicht meine Entscheidung, dein Erbe von dir fernzuhalten, Kassir. Dein Vater hielt es für das Beste, und er hat mir in Briefen versichert, dass man sich gut um dich kümmert.«
Briefe, dachte Ran, und ein seltsames Gefühl der Befreiung flutete durch seine Brust. Sie hatte also Kontakt gehalten.
»Ich habe mein Leben damit zugebracht, mich zu verstecken, und zwar vor Ali, und ich konnte dich diesem Risiko doch nicht aussetzen. Nein, nein, hör mir zu«, befahl sie ihm vehement, als er sie unterbrechen wollte. »Als ich dich Granville übergeben habe, habe ich mein Herz weggegeben. Du warst alles, was ich hatte!« Sie wischte ihre Tränen weg. »Glaubst du etwa nicht, dass ich es gehasst habe, dass sie dich aufwachsen sehen durfte«, kam es wütend aus ihr heraus, »dass sie dich in den Armen hielt, wenn du dir wehgetan oder dich erschreckt hattest?«
»Das hat sie nicht«, knurrte er. »Da haben die Diener sich drum gekümmert.«
Ihr Gesichtsausdruck löste sich in Verzweiflung auf. »Das habe ich nie gewusst«, flüsterte sie, und Ran spürte den Stich seiner Bitterkeit, wohl wissend, dass er seine Mutter genauso verhöhnt und verspottet hatte, wie Anna Montegomery das mit ihm getan hatte.
»War denn dein Vater nicht …?«
»Der war meist weg und trieb sich bei anderen Frauen rum.« Seine Worte kratzten in seiner Kehle. »Und Gott allein weiß, ob er es nicht noch immer tut.«
»Verdammter Treuloser, er hatte es mir versprochen«, murmelte sie mit gesenktem Kopf und schaute dann zu Ran. Sie rückte ihm einen Schritt näher. »Du bist mein Sohn«, betonte sie rechtschaffen, als könnte niemand anderer einen Anspruch darauf erheben. »Und ich liebe dich, Kassir.« Er sah erschrocken aus. »Ich würde deinem schändlichen Verhalten mir und Aurora
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