Heiße Sonne der Verführung
seinen Teller herunter, griff nach seinem Kupferbecher und goss sich seine Ration des wertvollen Rums ein. Dann rieb er seinen verwundeten Arm. Der Schiffsarzt bat ihn, ihn nochmals behandeln zu dürfen. Baynes nickte, sein Gesicht blieb jedoch ungerührt. Er bedauerte den Verlust der Medizin, die ihm die Frau gegeben hatte – es musste doch irgendetwas geben, das weniger schmerzhaft war als ein Aderlass.
»Es ist jedenfalls gut, dass das Mädchen weg ist«, bemerkte Lougière, wischte sich die Lippen mit einer Serviette ab, warf diese dann auf seinen Teller und stand auf. »Ich habe die erste Wache«, erinnerte der Quartermeister seinen Captain und schlenderte dann, gefolgt von Lockewood, aus der Kabine.
Ran ließ sich auf seinen Stuhl fallen, spielte mit seiner Gabel herum und hörte nur mit halbem Ohr dem Gespräch zu, das zum größten Teil Aurora und ihren seltsamen kleinen Wächter zum Inhalt hatte, denn sie konnten nichts erreichen, bevor nicht das Sklavenschiff, die Black Star, in Tanger eingetroffen sein würde. Dass sie in eine Falle segeln könnten, dieser Gedanke war ihm natürlich schon gekommen. Er glaubte, mögliche Schwachstellen in seinen Plänen zu erkennen, verwarf diese Gedankengänge aber gleich wieder und dachte über durchzuführende Vorsichtsmaßnahmen nach. Er vertraute seinen Männern.
»Ihr dürft mich nun verlassen«, erlaubte er ihnen, ohne seinen Blick von der Gabel abzuwenden, und als die Männer daraufhin eilig aufbrachen, fügte er hinzu: »Nicht jedoch dieses Schiff.«
Enttäuschtes Stöhnen begleitete ein »Jawohl, Capitán« des Spaniers, während dieser sich einen halben Laib Brot vom Tisch griff und beim Hinausgehen ein großes Stück davon abbrach.
Dahrein betrat den Raum, um ein Tablett mit schmutzigen Tellern und Besteck zu beladen. Da er die Arbeit des Jungen behinderte, ging Ran zu seinem Schreibtisch hinüber, ließ sich auf den marokkanischen Lederstuhl fallen und legte seine Füße auf die polierte Tischplatte.
Er nahm einen Wetzstein zur Hand und begann, sein Lieblingsmesser zu schleifen.
»Capitán?« ,rief Domingo von der Türschwelle herüber. Ran sah auf, während er die Klinge mit geschmeidigen, geübten Strichen weiterbearbeitete.
»Avilar«, forderte Ran seinen Ersten Maat zum Reden auf. Dann bemerkte er jedoch die Sorgenfalten in dem normalerweise lächelnden Gesicht des Spaniers. Er ließ seine Füße auf den Boden gleiten und zog erwartungsvoll seine Augenbrauen zusammen, als Domingo Platz machte, um jemanden eintreten zu lassen.
Eine verhüllte Gestalt kam herein, Ransom erkannte sie jedoch sofort.
Auroras Beschützer.
Bei der Liebe Neptuns, wie war es ihm nur gelungen, hier herzukommen, vor allem schon ein paar Stunden nach dem Anlegen der Lion? Und wie hatte er das Schiff in einem so überfüllten Hafen überhaupt finden können?
Ohne auf Erlaubnis zu warten schlurfte der alte Mann langsam in die Kabine, wobei das Tacken seines Holzstabes jeden seiner Schritte begleitete.
Rans Herz überschlug sich ganz seltsam in seiner Brust, denn eines war nicht zu übersehen. Shokai war allein.
Mit gebeugtem Kopf stand der Mann bewegungslos da. Ran gab Domingo ein Zeichen einzutreten. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, setzte Domingo sich zur linken Seite seines Captains, stützte seinen Ellbogen auf die hohe Lehne eines Stuhles und drückte seine Schulter gegen die Kabinenwand.
»Ihr könnt eigentlich nur in einer Angelegenheit an Bord sein, alter Mann. Welches Missgeschick ist Eurer ›Kaiserin‹ nun schon wieder passiert?«
»Eine schöne Frau lernt eine Menge Leid kennen, Mylord.«
»Ich glaube nicht einen Moment lang, dass die Probleme einer Frau mit ihrem Aussehen zu tun haben.«
»Euer Wunsch scheint in Erfüllung zu gehen, Ran.« Ran warf Domingo einen eisigen Blick zu.
»Ihr wolltet doch, dass sie verschwindet, nun ist die Lady allem Anschein nach entführt worden. Habe ich recht?«, wollte der Spanier von Shokai wissen, woraufhin der Japaner nickte. »Nun, Capitán« ,fragte Domingo genussvoll. »Wessen Verlangen nach der Frau ist wohl groß gen …«
»Abduli«, stieß Ran voller Zorn aus, und seine Finger klammerten sich so fest um den Messergriff, dass seine Knöchel ganz weiß wurden.
»Hai« ,bestätigte Shokai, wobei sein gebeugter Körper schwankte.
»Und Ihr seid nun gekommen, um mich zu bitten, Eure Aufgabezu übernehmen?« Rans Muskeln spannten sich an.
»Hai. «
»Niemals«, knurrte Ran und schleuderte sein
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