Heißes Geld
sagte Dumbsky, daß es sehr peinlich für uns werden könnte, wenn die Dollars jetzt nicht binnen dreier Tage da wären, und Eckel übersetzte im Klartext, daß wir in diesem Fall ›durch den Kamin gejagt‹ würden. Mitten in der Vernehmung begann er auf mich einzuschlagen, aber ein Zivilist namens Saumweber, ein wuchtiger Mann mit weizenblonden Haaren und blauen Augen, trat dazwischen. Ich fiel nicht darauf herein; offensichtlich waren es abgesprochene Rollen, echt waren wohl nur die sadistischen Einlagen Eckels und der unterkühlte Hass Dumbskys.
Nach drei Tagen tat sich gar nichts. Weder war das Lösegeld eingetroffen, noch ließen sich unsere Peiniger sehen. Den Betrag hätte unser Vater jederzeit flüssigmachen können, aber Postverbindung und Reiseverkehr waren im Krieg umständlich, und der Zwangsumweg über Genf kostete zusätzliche Zeit. Wir hofften, Dumbsky hätte sein Ultimatum vergessen – aber dann wurden wir plötzlich aus den Zellen gezerrt und in das Vernehmungszimmer gebracht, wo Eckel wieder seinen Part übernahm. Er war gerade dabei loszuschlagen, als ein hochgewachsener, sehr gut aussehender Mann erschien, der mit Sturmbannführer angesprochen wurde, obwohl er Zivil trug; er hieß Lindenbach, Lindsberg oder so ähnlich. Der Mann ließ sich fast nie sehen, aber seinem ganzen Auftreten nach erkannten wir auf den ersten Blick, daß es sich um den Chef der DEWAKO handeln mußte, die ihren, der Repräsentation dienenden Hauptsitz auf den Champs Élysées hatte.
Alle drei sprangen auf, und Eckel machte als Dienstältester Meldung.
Der Zivilist nickte lässig: ›Warum denn am frühen Morgen schon so aufgeregt, Hauptsturmführer?‹ fragte er und streifte uns mit einem Blick ohne jedes Interesse: ›Wer sind diese Leute ?‹ fragte er.
›Abraham und Esau‹ erwiderte Eckel, ›Der Stolz des gelobten Landes.‹
›Und?‹
›Brüder‹, sagte Eckel giftig, ›Als ob nicht einer von denen schon genug wäre.‹
›Zahlungsverzug‹ schaltete sich Dumbsky ein. ›Im Interesse eines reibungslosen Geschäftsablaufs sollten wir natürlich diese Terminüberschreitungen nicht ins Uferlose …‹
›Dann erhebt einen Säumniszuschlag‹, erwiderte der Mann.
›Längst geschehen‹, Dumbsky lächelte schief: ›Und in durchaus angemessener Höhe.‹
›Na, also‹, entgegnete der Besucher. ›Mit den Herren geht es wie mit dem Wein: der wird auch jeden Tag wertvoller.‹
›Wenn er nicht verdirbt‹, maulte Eckel. ›Ich muß mit ihnen reden, Sturmbannführer. So geht's nicht weiter …‹
›Apropos Wein‹, erwiderte der Chef. ›Ihr seid vielleicht schlechte Gastgeber geworden‹, er ging voraus, öffnete die Tür zum nebenan liegenden Konferenzzimmer, auf dem Weg zum Getränkeschrank.
Keiner kümmerte sich um uns. Wir blieben wie vergessen zurück. Wir konnten hören, daß sie tranken, alten Cognac am frühen Morgen, und wir verfolgten jedes Wort des Gesprächs durch die offene Tür, denn keiner der Teilnehmer wußte, daß wir deutsch wie Deutsche sprechen konnten.
›Santé!‹ sagte der Chef der Menschenhandelsgesellschaft zu seinen Lieferanten: ›Also, dann schießen Sie mal los mit Ihren Beschwerden, Eckel.‹
›Sie haben leicht reden, Sturmbannführer‹, entgegnete Eckel. ›Was meinen Sie, wie mich unsere Abteilung IV B 4 ständig löchert. Die schmieren mir jeden Häftling einzeln aufs Brot. Ich muß melden, was aus diesen Scheißkerlen geworden ist. Ich muß sie namentlich ausbuchen. So oder so.‹
›Habt ihr denn so wenige?‹
›Bei uns gibt es ein Soll, Sturmbannführer‹, erwiderte Eckel, ›und das Soll ist ein Muß.‹
›Sie sind ein ganz sturer Kommißkopp, Eckel‹, entgegnete der Chef belustigt. ›Sie sollten nicht so achtlos mit unseren Devisenbringern umgehen. Sportsfreunde‹, wandte er sich an die anderen, ›das ist doch wohl die reinste Wehrkraftschädigung, oder nicht?‹
Sie lachten und lärmten.
›Wenn wir nicht mehr Köpfchen hätten‹, sagte Linsenbach, ›dann würde demnächst kein deutscher Düsenjäger in die Luft steigen und bald auch keine Lokomotive mehr fahren.‹
›Warum?‹ fragte Eckel stumpfsinnig.
›Weil die Dampfloks Kupferteile haben und wir das Kupfer bringen …‹
›Das Geld für die beiden Greenstones ist sicher längs unterwegs‹, warf Saumweber ein.
›Drei Tage könnten wir ja vielleicht noch prolongieren‹, schlug Dumb sky vor.
›Da mach ich nicht mehr mit‹, erwiderte Eckel.
›Sie sturer Bock‹, entgegnete
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