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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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der Chef gutgelaunt. ›Ihnen zuliebe werde ich vielleicht das Angebot halbieren und den Erlös verdoppeln.‹
    ›Prima Idee, Sturmbannführer‹, erwiderte Dumbsky. ›Wir werfen einfach 'ne Münze: Kopf oder Zahl. Joseph oder Nathan. Jesum oder Barnaban.‹
    ›Da weiß ich etwas viel Besseres‹, versetzte Eckel, der Bluthund: ›Die sollen doch selbst entscheiden, wer weiterleben darf.‹«
    Feller stockte beim Lesen. Es wurde ihm schlecht. Die Buchstaben tanzten vor seinen Augen wie Fliegenschwärme. Er stand auf, ging an den Schrank und vergriff sich an der Gästeflasche Bourbon, obwohl selbst für die leitenden Angestellten der Firma während der Arbeitszeit striktes Trinkverbot herrschte. Feller trank, aber er konnte den widerlichen Geschmack nicht hinunterspülen. Der alte Roskoe würde ihm unter diesen Umständen die Alkoholfahne verzeihen.
    »Es hatte sich angehört, als wollte sich der Mann von der DEWAKO einen makabren Scherz leisten, aber als ich den Blick meines Bruders suchte, der mich mit den Augen und dem Gesicht meines Vaters ansah, spürte ich, daß ich unsere angetrunkenen Folterknechte unterschätzt hatte und daß Joseph mit der erbarmungslosen Todeslotterie rechnete. ›Hör zu‹, sagte er leise: ›Ich werde das übernehmen. Du mußt durchkommen.‹
    Ich wehrte mich dagegen.
    ›Denk an unsere Mutter‹, sagte Joseph. ›Wir wollen doch keine zwei Todesfälle in der Familie haben!‹
    Er kam nicht weiter, der Posten holte uns ab. Wir wurden in getrennte Zellen geschafft, während oben das Gelage weiterging.
    Mutter litt an Herzkranzverengung. Bei der kleinsten Aufregung konnten äußerst schmerzhafte, lebensbedrohende Angina-Pectoris-Anfälle auftreten. Ich spürte auf einmal groß und überwältigend die Versuchung, mich hinter dem Leiden meiner Mutter zu verstecken, um die eigene Haut auf Kosten meines Bruders zu retten.
    Er war nicht Abel, und ich wollte nicht Kain sein.
    Aber ich wollte auch nicht sterben, nicht mit 24, nicht in einer Zelle wie ein stranguliertes Tier, und nicht, ohne mich wehren zu können. Meine Gedanken rannten gegen die Wand, rannten sich den Kopf ein. Und dieser Kopf wollte überleben.
    Ein paar Stunden später wurden wir wieder in das Vernehmungszimmer geholt. Diesmal sahen wir nur Dumbsky und Eckel, Saumweber und der Chef waren weggefahren.
    ›Bedankt euch beim Sturmbannführer‹, sagte Eckel und grinste. ›Reif seid ihr ja beide, aber in unserer Güte begnügen wir uns mit einem. Was meinst du‹, sagte er und stieß Joseph leicht mit dem Fuß an: ›Willst du auf die Reise gehen? Oder sollen wir lieber ihn schicken?‹
    ›Mich‹, entschied Joseph.
    Dumbsky grinste und drehte sich um: ›Wir sollten den anderen auch noch fragen‹, sagte er. ›Er soll auch seine Chance haben.‹
    Ich schwieg. Eckel deutet auf Joseph.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Er deutete auf mich.
    Ich schüttelte wiederum den Kopf.
    ›Da herrschen noch Unklarheiten‹, sagte Dumbsky mit leiser Stimme. ›Istja auch kein Pappenstiel, diese Entscheidung. Komm, Wulf-Dieter, lassen wir die Herren Familienrat halten.‹ Er stand auf. ›Fünf Minuten. Wir trinken noch einen, dann verkünden uns die beiden Schriftgelehrten ihren weisen und einstimmigen Entschluß.‹
    Sie gingen hinaus. Ich überlegte, ob es einen Sinn hätte, mit einem Satz zum Fenster hinauszuspringen. Joseph zwang mich, stehenzubleiben und ihn anzusehen.
    ›Paß auf, Nathan‹, sagte er. ›Ich bin auch nicht erpicht auf das, was ich tun muß. Ich hab's leichter als du. Ich habe keine Angst.‹
    ›Keine Angst?‹ fragte ich und verachtete mich.
    ›Aus einem anderen Grund‹, erwiderte er und sprach so leise, daß nur ich es hören konnte: ›Ich gehörte zum Office of Strategie Service (OSS). Ich bin im Auftrag des Generals Donovan nach Frankreich gekommen. Ich habe die Maquisards aus der Luft mit Waffen und Ausrüstung versorgt, und ich hatte den Befehl, die Invasion der angloamerikanischen Streitkräfte vorzubereiten. Ich bin ein Geheimnisträger ersten Ranges. Und ich ersticke an dem Alptraum, daß sie mich zum Reden bringen könnten.‹
    ›Dich doch nicht‹, entgegnete ich.
    ›Jeden‹, sagte Joseph: ›Sogar noch Steine. Und dann sterben vielleicht zehn, fünfzehn Mann, oder es geht eine ganze Landedivision vor die Hunde. Davor fürchte ich mich‹, gestand er, ›und vor nichts anderem.‹
    Er konnte nichts mehr sagen.
    Unsere beiden Peiniger kamen zurück.
    Dumbsky baute sich vor meinem älteren Bruder auf:

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