Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke
uns die Bibel aus der Nähe ansehen. Und
ich hoffe, das Roderich-Dokument ist noch drin. Denn wo soll es sonst sein?“
„Der
Einbrecher könnte es entdeckt haben“, sagte Tim. „Vielleicht ist er schlau
genug, das Dokument zu entschlüsseln. Dann hat er den Schatz inzwischen
gehoben, und wir können uns die Mühe...“ Er stockte, ehe er fortfuhr: „Nein,
die Wahrscheinlichkeit spricht dagegen. Daß Roderichs Schatz gehoben wurde, ist
offiziell nicht bekannt. Aber nur, wenn das ganze Zeug von Fachleuten als echt
anerkannt wird, verbrieft das seinen tatsächlichen Wert. Es unter der Hand zu
verscheuern, lohnt nicht. Jeder Kunst- und Antiquitätenhändler würde feilschen
und den Preis drücken, daß unserem Einbrecher der Spaß vergeht.“
„Außerdem
hat Baumgart“, sagte Karl, „das Dokument sicherlich sorgfältig versteckt — am
alten Platz. Und der bewährt sich seit über 300 Jahren.“
„Also“,
nickte Tim, „spricht fast alles dafür, daß Roderichs Schatz noch im Fluß liegt.
An welcher Stelle — das wird uns das Dokument verraten. Worauf warten wir
noch?“ Klößchen hatte seine Halbpfundtafel vertilgt.
Die letzten
Schoko-Krümel schüttete er sich aus dem Silberpapier auf die Hand. Sie wurden
aufgeleckt.
„Ferkel!“
sagte Gaby.
„So“, sagte
Klößchen, „das war die Vorspeise. Jetzt freue ich mich aufs Mittagessen.“
„Vorfreude,
Willi“, entgegnete Tim, „ist die schönste Freude. Und damit belassen wir’s. Du
bist garantiert satt zum Platzen. Also lassen wir die Mittagsatzung sausen, was
an einem vorletzten Tag wie heute überhaupt nicht auffällt.“
„Was denn?“
stotterte Klößchen. „Wieso?“
„Weil wir
uns sofort auf die Stahlrosse werfen und zu Graf Schnuck preschen. Wir müßten
längst dort sein, denn ich sehe eine riesengroße Gefahr.“
„Welche?“
fragte Karl.
„Graf
Schnuck mag vertrottelt sein. Aber er kann sicherlich lesen. Wenn er sich die
heutige Zeitung zu Gemüte zieht, erkennt er vielleicht, daß seine Bibel die
Ziegenhaut-Bibel ist, also wahnsinnig wertvoll. Entweder er sitzt bereits am
Fluß und gründelt (im flachen Wasser suchen), oder er beauftragt
Berufstaucher mit der...“
„Was das
betrifft“, unterbrach Karl, „kann ich dich beruhigen. Schnuck ist zwar des
Lesens mächtig, aber so kurzsichtig, daß er sein eigenes Spiegelbild grüßt. Zum
Lesen braucht er außer der Lesebrille eine Lupe und Licht von mindestens 500
Watt. Deshalb meidet er Schriftliches, hat er auch die Zeitung abbestellt. Was
sich in der Welt ereignet, nimmt er nur übers Ohr zur Kenntnis, indem rund um
die Uhr bei ihm das Radio läuft.“
Tim
grinste. „Ich wünsche niemandem Gebrechen. Aber Schnucks Kurzsichtigkeit ist
ein Segen. Wir können die ersten sein.“
„Wenn du
nicht der Erste bist“, nörgelte Gaby, die zur Stunde etwas durchhing, also
maulig war, „bist du nicht zufrieden.“
Tim küßte
sie auf die Wange. „Groß oder klein geschrieben, allerliebste Gabriele?“
„Was?“
„Wenn du
meinst, daß ich der großgeschriebene Erste gern bin, hast du recht. Dann geht’s
nämlich nach Leistung und um Sieg. Jetzt mit uns meinte ich kleingeschriebene
erste, weil es die Reihenfolge betrifft. In diesem Fall ist es wichtig, daß wir
die ersten sind und nicht die letzten. Was nichts damit zu tun hat, daß die
Ersten die Letzten sein werden — wie manchmal behauptet wird.“
„Du nervst
mich“, blitzte sie ihn an.
„Tut mir
leid, Pfote.“
„Und was
geschieht, wenn wir das Roderich-Dokument finden — und damit die Stelle, wo der
Schatz liegt?“
„Dann kommt
uns die Ehre der Entdeckung zu, zweitens eine hohe Belohnung. Da außerdem
morgen die Ferien beginnen, wir also über einen enormen Vorrat an Zeit
verfügen, schlage ich vor, daß wir die Sache in bewährter Weise selbst in die
Hand nehmen. Kein Wort über alles zu niemandem! Wir heben den Schatz, ziehen
den Direktor des Museums für Deutsche Geschichte hinzu, können damit sicherlich
eine Lücke in der Geschichtsschreibung schließen — über das Jahr 1638, über
Roderich und Grummelshofen ist ja längst nicht alles bekannt — und werden, da
wette ich, Ehrenbürger der Stadt.“
„Beim
Ehrenbürger“, sagte Klößchen, „mach ich mit. Beim Tauchen werde ich mich etwas
zurückhalten. Ab drei Meter Tiefe drückt mir das Wasser auf den Magen. Der
Ehrenbürgertitel andererseits füllt den Magen. Denn man wird ja zu jedem
offiziellen ( amtlichen ) Festessen eingeladen.“
„Ich
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