Heißkalte Sehnsucht
Mädchen, die es auf mich abgesehen hatten. Sie waren schick und selbstbewusst, ich hingegen linkisch und verschüchtert. Wie immer musste jemand für sie als Sündenbock herhalten – und dieser Jemand war leider ich.“
Alex runzelte die Stirn. „Komisch, das passt so gar nicht zu meinem Bild von dir, Bess. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der sich so ungezwungen in Gesellschaft bewegen kann wie du.“
Bess lachte. „Ja, das hat sich natürlich mit den Jahren gelegt. Aber damals war ich leider wirklich ausgesprochen schüchtern. Hinzu kam noch, dass ich zu den Besten der Klasse gehörte. Da ich sozial kein Erfolg war, vergrub ich mich in meine Bücher. Und das machte mich natürlich bei den anderen nicht beliebter, wie du dir sicher vorstellen kannst.“
Alex waren all diese Geschichten aus seiner eigenen Kindheit sehr vertraut. Er hörte Bess aufmerksam zu, während sie mit ihrer Erzählung fortfuhr.
„Da gab es ein Mädchen … Dawn Gallagher war ihr Name. Sie war das genaue Gegenteil von mir. Hübsch, mit einer perfekten Figur und langem blonden Haar. Wir mussten uns auf eine Klassenarbeit in Geschichte vorbereiten, und sie wollte, dass ich sie abschreiben lasse. Dafür hätte ich mich dann ein paar Tage lang in der Sonne ihrer Beliebtheit baden dürfen.“
„Aber du hast dich nicht auf diesen Handel eingelassen.“
Bess nickte grimmig. „Natürlich nicht. Ich habe noch nie betrogen. Das Resultat war, Dawn fiel durch, und ihre Eltern mussten zum Direktor. Sie revanchierte sich dann für meine mangelnde Kooperationsbereitschaft mit allerlei Gemeinheiten. Sie stahl meine Bücher, schwärzte mich an, wo es nur ging, und machte mir das Leben allmählich zur Hölle.“
Alex zog sie näher an sich. Wohlig kuschelte Bess sich in seine Arme. Wie gut, dass das alles nun schon so lange hinter ihr lag.
„Doch eines Tages sah ich meine Chance“, fuhr sie fort. „Dawn war einfach zu weit gegangen. Bei einem Basketballspiel hatten sie und ihre Freundinnen mir eine Menge blauer Flecken beigebracht. Das war für mich der entscheidende Moment, um meine Taktik zu ändern. Ich sah mit einem Mal, dass es einfach nichts brachte, immer das Opfer zu spielen. Also wartete ich nach der Physikstunde vor der Schule auf sie und stellte sie zur Rede. Wir beschimpften uns zunächst nur und wurden dann handgreiflich. Ehe ich es mich versah, hatte ich plötzlich ihre Faust im Gesicht und eine gebrochene Nase.“ Bess lachte. „Das hätte sie nicht tun sollen! Ich sah auf einmal rot und ging auf sie los. Das Resultat waren ein blaues Auge, Büschel von ausgerissenen Haaren und zwei verlorene Zähne.“
„Nicht schlecht, McNee!“
„Nein, es war fantastisch! Noch nie im Leben habe ich mich so gut gefühlt! Doch seitdem weiß ich, dass ich mit meinem Temperament vorsichtig sein muss. Ich hätte selbst nicht gedacht, dass ich so gewalttätig werden könnte.“
„Gut, dass ich das weiß“, lachte Alex. „Bei dir kann man ja anscheinend nicht vorsichtig genug sein. Und was war das Ergebnis dieser Schlägerei?“
„Wir mussten beide die Schule verlassen. Meine Eltern waren natürlich völlig schockiert über mein Verhalten. Ihre Strafe bestand darin, dass sie mir die Ferien strichen und stattdessen dafür sorgten, dass ich auf eine andere Schule kam.“
„Aber …“ Alex hielt mitten im Satz inne. Er durfte nicht vergessen, dass nicht jede Familie so unterstützend wie die seine war.
„Es war das Beste, was mir passieren konnte“, meinte Bess nachdenklich. „Ich konnte wieder vollkommen neu anfangen. Ich war zwar immer noch nicht hübsch und beliebt, aber wenigstens wusste ich jetzt, wie ich mich verteidigen konnte.“
Alex spürte trotz ihrer Worte die Verletzung, die in dem Ganzen lag. Er zog ihren Kopf zu sich heran. „Hör zu, Bess, du bist sehr schön.“
Amüsiert grinste sie ihn an. „Ja, sicher, vielen Dank.“
Alex blieb ernst. „Nein, das ist kein Scherz. Oder warum denkst du, kann ich dich nicht mehr aus meinem Kopf kriegen, seit wir uns zum ersten Mal gesehen haben?“
„Ich bin nicht schön, sondern interessant“, korrigierte sie ihn. „Vielleicht auch ungewöhnlich oder apart.“
„Nein, wunderschön“, beharrte er. „Deine Haut ist wie aus Elfenbein, dein Haar wie Feuer, deine Augen wie Jade. Und am allerschönsten sind deine Sommersprossen.“ Er fuhr bewundernd mit dem Finger darüber. „Sie sehen aus wie Goldstaub.“
„Du hast es jetzt doch schon geschafft, mich zu verführen,
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