Heißkalte Sehnsucht
gesagt.“
Nein, er hatte nichts gesagt, das stimmte schon. Aber er hätte auch gar nichts sagen müssen, seine versteinerte Miene war beredt genug. Bess’ Hände umklammerten das Steuerrad fester, sie sah starr nach vorn.
„Er war mein Freund, Alexej“, meinte sie ruhig. „Wenn du es ganz genau wissen willst … ich habe nie mit ihm geschlafen.“
„Ich will es aber gar nicht genau wissen. Das ist ganz allein deine Sache.“ Seine Stimme klang kühl.
„Ich verstehe dich nicht.“ Bess runzelte die Stirn. „Manchmal fragst du mir ein Loch in den Bauch, und dann willst du wieder überhaupt nichts wissen. Ich finde …“
„Und ich finde, du fährst schon wieder zu schnell!“ Er beugte sich zu ihr hinüber und strich ihr sanft über die Finger. „Entspann dich ein bisschen, ja?“
Bess nickte, aber sie fand dies leichter gesagt als getan. „Ich möchte mich mit dir über all dies einmal ausführlich unterhalten, Alexej.“
„Wenn du meinst.“ Seine Stimme klang nicht gerade sehr begeistert. Verdammt, warum konnte sie denn nicht verstehen, dass er nichts über die anderen Männer in ihrem Leben wissen wollte? Besonders jetzt nicht, da er begonnen hatte, sich unsterblich in Bess zu verlieben!
„Hier musst du einbiegen.“ Um ein Haar hätte er die Straße verpasst, die zum Haus seiner Eltern führte. Alex musste sich am Sitz festhalten, als Bess mit quietschenden Reifen seiner Anweisung nachkam. Ein entgegenkommender Autofahrer hupte empört.
Doch irgendwie schafften sie es, ohne weitere Zwischenfälle gesund und wohlbehalten anzukommen. Nachdem Bess eingeparkt hatte, streckte Alex die Hand aus.
„Gib mir die Schlüssel.“
„Aber wieso denn? Es ist doch gar nichts passiert.“
„Gut, und dabei wollen wir es auch belassen“, entgegnete er grimmig. „Die Schlüssel, bitte!“
Widerstrebend händigte sie ihm die Wagenschlüssel aus.
„Du willst einfach nicht zugeben, dass ich eine gute Fahrerin bin“, sagte Bess schmollend. „Das ist wieder einmal typisch Mann.“
„Ich hatte für heute genug Abenteuer. Jetzt freue ich mich auf ein gemütliches Essen im Kreise meiner Familie. Einverstanden?“
Bess nickte versöhnt. „Das ist ja eine hübsche Nachbarschaft“, kommentierte sie begeistert. Mit einem Blick hatte sie alles erfasst – die sauber gestrichenen Häuser mit den Blumenbeeten davor, die Kinderhorden mit ihren Rollern und Skateboards, die die Farbigkeit der Umgebung noch unterstrichen.
Einige der älteren Jungen begrüßten Alex, und natürlich wurde auch Bess von ihnen begutachtet. Zwei hielten den Daumen hoch und grinsten – ganz klar ein Zeichen männlicher Anerkennung.
„Das wollte ich den Burschen auch geraten haben“, sagte Alex mit gespielter Strenge. Bess lachte ihn an.
„Bist du hier auf dieser Straße auch Fahrrad gefahren?“
„Natürlich.“
„Wie schade, dass ich das nicht miterleben durfte.“ Sie standen jetzt direkt vor der Eingangstür, und obwohl Bess es sich niemals eingestanden hätte, merkte sie, dass sie ziemlich nervös war. „Bestimmt hast du auch mit deinen Freunden den hübschen Mädchen nachgepfiffen, stimmt’s?“
„Und nicht nur nachgepfiffen!“ Alex lächelte in seliger Erinnerung, doch dann fiel ihm wieder der Zweck ihres Besuches ein. „Komm, Bess.“
Doch noch bevor er klingeln konnte, öffnete sich bereits die Tür, und sein älterer Bruder Mikhail trat heraus. Er hatte Griffin, seinen kleinen Sohn, im Schlepptau.
„Du bist ja schon wieder zu spät, Alexej!“
„Das ist ihre Schuld. Wir sind zu spät losgefahren.“
„Ach komm, es ist doch immer dasselbe mit dir. Außerdem schiebt man einer Lady nicht die Schuld in die Schuhe.“ Mikhail streckte Bess die Hand hin. „Sie müssen Bess sein. Herzlich willkommen!“
„Vielen Dank!“ Als sie seine Hand schüttelte, erschien ihr sein Griff so hart wie Stahl. Griffin hatte inzwischen Alex einen Kuss gegeben. Ohne Umstände umarmte er dann auch Bess, als wäre sie eine alte Bekannte.
„Hallo, mein Hübscher“, lachte sie und fühlte sich gleich um vieles entspannter.
„Griffin ist jetzt schon ein richtiger Frauenheld“, bemerkte sein Vater. „Darin kommt er ganz nach seinem Onkel.“
„Hör auf!“
Sofort wandte Mikhail Bess seine Aufmerksamkeit zu. Er studierte ihr Gesicht so lange, bis ihr regelrecht unbehaglich wurde.
„Was ist los, Mikhail? Stimmt etwas nicht?“
„Oh, entschuldigen Sie.“ Mikhail musste sich zwingen, den Blick von ihr abzuwenden. Dann
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