Held zum Verlieben
Tochter handeln würde, würde er auch nicht wollen, dass ein Fremder sie zur Toilette brachte. Er legte Charlie die Hände unter die Achseln und zog sie hoch. Eine Sekunde lang waren sich ihre Gesichter sehr nahe. Und da geschah etwas. Charlie würde später sagen, dass sich in diesem Augenblick ihre Seelen wiedererkannt hatten. Und Jack würde sich an das unbändige Verlangen erinnern, sie zu küssen.
„Mum …“
Sofort war Charlie wieder ganz in der Wirklichkeit. Jack hob Rachel auf, dann legte er den freien Arm um Charlies Taille und half ihr langsam ins Haus und zum Badezimmer.
Charlie und Rachel verschwanden in dem Raum, die Tür schloss sich und Jack dachte, es wäre besser gewesen, Wade in die Stadt zu begleiten. Er war jetzt schon, nach nicht einmal einem Tag, voller Bewunderung für Charlie. Er musste sich zusammenreißen, er durfte es nicht zulassen, dass es ihn schmerzen würde, sich von ihr zu verabschieden, sie zurückzulassen.
Victor Shuler kam zu sich, alles um ihn herum war dunkel. Erst glaubte er, erblindet zu sein, doch dann wurde ihm klar, dass man ihm die Augen verbunden hatte. Er musste sich beherrschen, um sich nicht zu übergeben. Ein kläglicher Jammerlaut erhob sich in seiner Kehle, wurde aber durch den Knebel in seinem Mund erstickt. Die Fesseln um Hand- und Fußgelenke schmerzten ihn. Er spürte einen Lufthauch auf der Haut und schockiert erkannte er, dass er vollkommen nackt war. Wo war er hier? Was war nur passiert?
Die Furcht krallte sich in seinen Eingeweiden fest. Verzweifelt versuchte er, sich zu befreien. Der Geruch von Staub lag schwer in der Luft, seine Kehle war trocken, seine aufgeplatzten Lippen brannten höllisch.
Da! Ein Geräusch! Würde man ihn jetzt töten? Und warum? Er dachte an seine Frau, an seine Familie, die Schulden, die er hatte, die Geheimnisse, von denen nur er wusste.
Jemand rollte ihn grob auf den Bauch. Victor fing an zu wimmern, winselte wortlos um Gnade, doch vergebens. Plötzlich spürte er einen stechenden beißenden Schmerz an der Hüfte und der Geruch von verbranntem Fleisch drang in seine Nase. Da verlor er das Bewusstsein. Er spürte nicht mehr, wie ihm eine Spritze mit Antibiotikum gesetzt wurde, hörte nicht mehr die Schritte, die sich entfernten. Es sollte noch ein weiterer Tag vergehen, bevor er das Bewusstsein wiedererlangte. Bis dahin würde alles erledigt sein, und die Tat konnte nicht mehr ungeschehen gemacht werden.
„Und haben Sie irgendetwas Neues über den vermissten Banker herausgefunden?“, fragte Jack beim Abräumen nach dem Abendessen.
Rachel krabbelte ihrem Onkel auf den Schoß und begann, ihm umständlich das Hemd aufzuknöpfen. Das war eines ihrer neuesten Spiele. Wade lächelte amüsiert.
„Nicht viel. Nur, dass es tatsächlich eine Entführung zu sein scheint. Allerdings ist noch keine Lösegeldforderung eingegangen.“
„Hat er denn überhaupt Geld?“, fragte Jack.
Charlie machte ein abfälliges Geräusch. „Von unserem zumindest hat er genügend“, brummte sie empört.
Wade tätschelte ihr beruhigend die Hand. „Auf unserem Haus ist eine Hypothek und manchmal ist es etwas schwierig, sie fristgerecht zu tilgen. Shuler gehört leider nicht gerade zu der Sorte Banker, der für zwei, drei Tage Aufschub großes Verständnis zeigt. Er kann ziemlich erbarmungslos sein“, erklärte Wade Charlies Empörung. „Ja, er hat Geld. Hat es von seinem Vater geerbt.“
„Vielleicht sind Sie beide nicht die Einzigen, denen sein Geschäftsgebaren missfällt. Würden Sie sagen, dass er Feinde hat?“
Wieder machte Charlie ein abfälliges Geräusch. „Es wäre einfacher, seine Freunde zu zählen. Davon hat er nämlich kaum welche.“
Jack schmunzelte. „So schlimm, wie?“
Charlie zog ein Gesicht und seufzte mit Blick auf Wade. „Dramatisiere ich schon wieder?“
„Ja, Süße, aber im Kern trifft es schon zu, was du sagst.“
Wade blickte auf die Kleine auf seinem Schoß, die es inzwischen geschafft hatte, sein Hemd völlig aufzuknöpfen. Jetzt war sie eifrig damit beschäftigt, ihm die Brusthaare mit aller Kraft auszurupfen. Wade schrie auf und übergab seine Nichte ihrer Mutter.
Er grinste Jack an. „Wenn man Rachel hat, braucht man keinen Rasierapparat mehr.“
„Und auch keine Taschentücher“, amüsierte sich Jack. Charlie lachte herzlich. Fragend blickte Wade von einem zum anderen. „Habe ich was verpasst?“
„Heute Morgen, als du noch unter der Dusche warst, wurde Jack ziemlich unsanft aus dem Schlaf
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