Held zum Verlieben
da, im hintersten Eck der Veranda, konnte er gerade so die Silhouette eines alten Mannes in einem Schaukelstuhl ausmachen.
„Ich suche einen Mann“, erklärte Jack, die Hand wie einen Schirm vor die Augen gehalten.
Der alte Mann machte ein abfälliges Geräusch. „Ach, so einer bist du also, wie?“
Jack runzelte die Stirn und ignorierte die Anspielung auf Homosexualität. „Er heißt Joe Hanna. Kennen Sie ihn?“
Diese Frage entlockte dem alten Mann ein hysterisches Lachen. Er schlug sich auf die Beine und brüllte vor Lachen, und dann bekam er einen so üblen Hustenkrampf, dass Jack schon befürchtete, er müsse den Krankenwagen rufen.
„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, rief Jack ihm zu. Irgendetwas hielt ihn zurück, auf den Mann zuzugehen.
Der Alte schlug sich auf die Brust, rang nach Luft und schüttelte den Kopf. „Teufel nein. Ich bin nicht in Ordnung. Ich sterbe“, murmelte er verdrossen.
Jack versuchte es erneut. „Dieser Joe Hanna. Im Telefonbuch stand diese Adresse. Wissen Sie, wie lange er schon nicht mehr hier ist?“
Der Alte lachte sich wieder krumm und Jack fragte sich ernsthaft, ob er geistig noch ganz da war.
Schließlich beruhigte sich der alte Mann und Jack stellte seine Frage noch einmal. „Bitte, Mister. Es ist wirklich wichtig. Wissen Sie, wo ich Joe Hanna finden kann?“
Der Alte beugte sich vor und zeigte mit einem langen knochigen Finger auf Jack.
„Und wer will das wissen?“
„Ich bin Polizist. Ich heiße Jack Hanna, und ich suche einen Mann namens …“
„Joe.“
„Richtig“, bestätigte Jack. „Joe Hanna.“
Er sah zu, wie der alte Mann mühsam aufstand und auf unsicheren Beinen auf ihn zukam.
Je näher er kam, desto mehr verkrampfte sich Jack. Er wusste nicht, wann es geschah, aber plötzlich erkannte er, dass seine Suche vorbei war, und mit dem Ende der Suche kam ein Geschenk. Die Angst, die er all die Jahre mit sich herumgetragen hatte, war verschwunden. Joseph Hanna, der tollwütige Dämon, der sein Leben und seine Träume vergiftet hatte, hatte nicht einmal mehr seine eigenen Zähne! Sein Gesicht, die ganze bedrohliche Statur von einst waren eingefallen. Nichts von dem, was Jack die ganzen Jahre in seinen Träumen verfolgt hatte, war mehr da. Er atmete tief auf, vielleicht so tief wie noch nie in seinem Leben zuvor. Und dann sah er seinem Vater in die Augen.
„Ich hätte nicht gedacht, dass ich dich noch mal wiedersehen würde“, sagte Joe.
„Ich hatte eigentlich auch nicht vor zu kommen.“
Joe hatte nicht erwartet, dass die Antwort seines Sohnes derart abrupt und kalt ausfallen würde. Ähnlich wie Jack hatte er noch das Bild der Vergangenheit vor Augen, den kleinen rotznasigen Jungen, der ihm Probleme bereitete. Dieser Mann war groß, viel größer, als Joe je gewesen war und er hatte ein Selbstbewusstsein, um das ihn Joe beneidete. In diesem Moment hätte er seine Seele verkauft, um wieder aufrecht stehen zu können. Aber wie konnte er etwas verkaufen, was er schon längst verloren hatte?
„Und, wenn diese kleine Überraschung kein Zufall ist, wieso bist du dann hier?“
Jack steckte die Hände in die Taschen. „Ich begrabe Geister.“
Joe sah ihn irritiert an. „Ich verstehe nicht.“
Jack zuckte die Achseln. „Irgendwie überrascht mich das überhaupt nicht, alter Mann.“
„Ja, jetzt nennst du mich alt. Aber einst war ich groß und stark und …“
„Und du hast mich ohne Grund verprügelt, immer wieder. Jeden Tag meines jungen Lebens, nur weil du dazu in der Lage warst. Ja, du hast recht, alter Mann, du warst einmal ein richtig brutaler Schweinehund.“
Joe versuchte, sich zu verteidigen. „Ich habe mein Bestes gegeben“, sagte er weinerlich. „Es war nicht leicht, so ganz allein ein Kind großzuziehen.“
„Du hast mich nicht großgezogen. Du hast mich mir selbst überlassen.“
„Du hast ja keine Ahnung“, brummte Joe.
Jack seufzte. Er war plötzlich so erschöpft, als hätte er tagelang nicht mehr geschlafen.
„Vielleicht hast du recht. Aber eines weiß ich. Ich bin gekommen, um mich von dir zu verabschieden.“
Joe blinzelte irritiert. „Aber du bist doch gerade erst gekommen.“
„Da irrst du dich. Ich war nie fort – zumindest nicht in Gedanken. Es ist höchste Zeit, dass ich das alles loslasse. Es lohnt sich nicht, noch eine Sekunde länger daran festzuhalten.“ Er setzte sich den Hut ein bisschen fester auf und wandte sich ab.
„Wo willst du hin?“
„Ich gehe nach Hause, dorthin, wohin ich
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