Helden des Olymp: Der verschwundene Halbgott (German Edition)
Jägerinnen.«
Thalia biss die Zähne zusammen. »Na gut. Für dich, Jason. Aber wenn du mich fragst, dann ist sie es nicht wert.«
Thalia fuhr herum, sprang aus dem Becken und stürmte davon.
Leo drehte sich mit widerwilligem Respekt zu Hera um. »Kühe mit Darmproblemen?«
»Konzentrier du dich auf den Käfig, Leo«, knurrte sie. »Und Jason – du bist weiser als deine Schwester. Ich habe mir meinen Ritter klug ausgesucht.«
»Ich bin nicht Euer Ritter«, sagte Jason. »Ich helfe Euch nur, weil Ihr meine Erinnerungen gestohlen habt und weil Ihr besser seid als die andere Seite. Und wo wir schon davon reden, was läuft denn hier eigentlich?«
Er nickte zu dem anderen Käfig hinüber, der aussah wie ein übergroßer Leichensack. War das Leos Einbildung oder war er gewachsen, seit sie hergekommen waren?
»Das, Jason«, sagte Hera, »ist der König der Riesen bei seiner Wiedergeburt.«
»Krass«, sagte Piper.
»In der Tat«, sagte Hera. »Porphyrion, der Stärkste seiner Sippe. Gaia brauchte sehr viel Kraft, um ihn auferstehen zu lassen – meine Kraft. Seit Wochen werde ich immer schwächer, weil meine Kraft benutzt wird, um ihm eine neue Gestalt zu geben.«
»Ihr seid also so eine Art Wärmelampe«, meinte Leo. »Oder Dünger.«
Die Göttin starrte ihn wütend an, aber Leo war das egal. Diese alte Dame hatte ihm das Leben schon vermiest, als er noch ein Baby gewesen war. Er hatte alles Recht der Welt, sie zu verspotten.
»Mach du nur deine Witze«, sagte Hera schnippisch. »Aber bei Sonnenuntergang wird es zu spät sein. Der Riese wird aufwachen. Er wird mich vor die Wahl stellen, ihn zu heiraten oder von der Erde verschlungen zu werden. Und ich kann ihn nicht heiraten. Wir werden alle vernichtet werden. Und wenn wir sterben, wird Gaia erwachen.«
Leo musterte den Käfig des Riesen stirnrunzelnd. »Können wir das Ding nicht sprengen oder so was?«
»Ohne mich hast du dazu nicht die Kraft«, sagte Hera. »Da könntest du gleich versuchen, einen Berg zu vernichten.«
»Haben wir heute schon gemacht«, sagte Jason.
»Jetzt macht schon und lasst mich raus!«, verlangte Hera.
Jason kratzte sich am Kopf. »Leo, schaffst du das?«
»Keine Ahnung.« Leo versuchte, nicht in Panik zu geraten. »Aber wenn sie eine Göttin ist, warum hat sie sich nicht selbst freigesprengt?«
Hera lief wütend im Käfig hin und her und fluchte auf Altgriechisch. »Benutz deinen Verstand, Leo Valdez. Ich habe dich ausgesucht, weil du intelligent bist. Göttliche Macht ist nutzlos, sobald wir gefangen sind. Dein Vater hat mich einmal auf einem goldenen Thron festgehalten. Das war so demütigend! Ich musste betteln – musste ihn um Freiheit anflehen und um Entschuldigung bitten, weil ich ihn vom Olymp geworfen hatte.«
»Find ich fair«, sagte Leo.
Wenn Blicke töten könnten, hätte Hera Leo jetzt umgebracht. »Ich habe dich schon als kleines Kind beobachtet, Sohn des Hephaistos, weil ich wusste, du würdest mir in diesem Moment helfen können. Wenn irgendwer eine Möglichkeit finden kann, dies schändliche Verlies zu zerstören, dann bist du das.«
»Aber das ist keine Maschine. Es ist so, als hätte Gaia die Hand aus dem Boden gestreckt und …« Leo wurde schwindlig. Ihm fiel die Zeile aus der Weissagung ein: Schmied und Taube den Käfig zerbrechen. »Moment. Ich habe doch eine Idee. Piper, ich werde deine Hilfe brauchen. Und wir brauchen Zeit.«
Die Luft knisterte jetzt vor Kälte. Die Temperatur fiel so rasch, dass Leos Lippen aufsprangen und sein Atem sich in Nebel verwandelte. Reif überzog die Mauern des Wolfshauses. Venti kamen herbeigestürmt – aber diese waren keine geflügelten Männer, sondern Pferde mit Leibern aus düsteren Sturmwolken und Mähnen, in denen die Blitze knisterten. Einigen ragten Silberpfeile aus den Flanken. Hinter ihnen folgten rotäugige Wölfe und die sechsarmigen Giganten.
Piper zog den Dolch. Jason riss ein vereistes Brett vom Boden des Beckens. Leo griff in seinen Werkzeuggürtel, aber er war so nervös, dass er nur eine Schachtel Pfefferminzpastillen herausholte. Er stopfte sie wieder zurück in der Hoffnung, dass niemand etwas bemerkt hatte, und zog einen Hammer hervor.
Ein Wolf kam auf sie zu. Er zog eine menschliche Statue am Bein hinter sich her. Am Beckenrand öffnete der Wolf das Maul und ließ sie fallen, damit die anderen sie ansehen konnten – es war die Eisskulptur eines Mädchens, einer Bogenschützin mit kurzen stacheligen Haaren und verdutzter
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