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Helden

Helden

Titel: Helden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Richter
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nur noch das laute Zischen des Wasserstrahls, der auf die Flammen traf.
    Eine Ewigkeit später war alles vorbei. Die Feuerwehrleute rollten den Schlauch wieder ein.
    »Aufsitzen!«, bellte die Männerstimme. »Abrücken!«
    Die Türen des Feuerwehrautos knallten zu. Der Motor sprang an. Das Feuerwehrauto fuhr los. Ohne Tatütata, ohne Blaulicht. Nur ein säuerlich beißender Brandgeruch lag noch in der Luft.
    Vorsichtig öffnete Felix Vorhelm das Garagentor. Wir blinzelten in das helle Sonnenlicht. Gegenüber lag die Bahndammböschung verkohlt und verbrannt wie eine schwarze Wüste.
    »O Gott«, flüsterte Corinna Thiemann. »Das ist unsere Schuld. Das haben wir getan.«
    »Wenn du nicht dichthältst, bring ich dich um«, zischte Felix. »Und vergiss nicht, du hast geschworen.«
    Corinna Thiemann schlug die Hände vors Gesicht.
    »Beim Leben deiner Mutter«, sagte Felix.
    »Und die Brandblasen an unseren Füßen?«, fragte ich. »Und die angekokelten Sandalen? Wie willst du das denn erklären?«
    Felix zuckte die Achseln. »Meine merkt das nicht.«
    »Aber meine. Und Frau Thiemann sowieso. Die merkt doch immer alles.«
    Corinna fing an zu schluchzen. Ich legte den Arm um ihre Schulter.
    »Dann sagen wir eben, dass wir geholfen haben. Wir wollten das Feuer austreten. Wollten wir ja auch. Ist nicht mal gelogen.« Felix sah mich triumphierend an. »Gib’s zu, das ist genial.«
    »Und wenn sie fragt, wer das Feuer angesteckt hat?«, schluchzte Corinna. »
Meine
Mutter fragt das.«
    »Glasscherbe«, sagte Felix. »Passiert doch jeden Tag. Wirkt wie ein Brennglas bei der Hitze. Die Sonne scheint drauf und schon brennt alles.« Er streckte Corinna und mir die Hand entgegen. »Abgemacht?«
    »Abgemacht«, sagten wir und schlugen ein.

2
    Donnerwetter«, sagt Lukas Trietsch.
    Er steht breitbeinig vor uns und ist braungebrannt. Seine weißblonden Haare leuchten wie die Schneeberge auf der Postkarte, die er uns aus dem Allgäu geschickt hat.
    »Da hab ich ja was verpawsst.«
    Er wedelt mit dem ausgeschnittenen Zeitungsartikel vor unseren Gesichtern rum. »Dann erzählt mal.«
    »Gibt nichts zu erzählen«, knurrt Felix Vorhelm.
    »Das seh ich aber anders. Die sagen, der Brüning hätte im Suff ’ne brennende Kippe ins Gebüsch geschmissen.«
    »Hat er nicht«, sagt Corinna Thiemann. Sie sagt das eine Spur zu schnell und zu laut.
    Lukas Trietsch zieht die Augenbrauen hoch.
    »Muss ich was wissen? Mensch, jetzt redet doch endlich. Ihr wart doch dabei.«
    »Waren wir nicht.«
    »Wieso? Hier steht doch, dass ihr die Helden vom Flussweg seid.«
    Felix Vorhelm verdreht die Augen. Corinna Thiemann starrt auf ihre Fußspitzen und presst die Lippen ganz fest aufeinander. Und ich habe plötzlich wieder dieses flaue Gefühl im Bauch. Es fühlt sich an, als ob ich Hunger hätte, obwohl wir gerade erst zu Mittag gegessen haben.
    »Also, was nun?«, fragt Lukas Trietsch.
    »Als wir gekommen sind, hat es schon gebrannt«, sagt Felix. »Wir haben nur versucht, das Feuer auszutreten.«
    »Und Brüning?«
    »War nirgendwo zu sehen«, sage ich.
    »Und wieso habt ihr keine Hilfe geholt?«
    »Mussten wir nicht«, sage ich. »Die Martinshörner waren schon ganz nah.«
    »Komisch«, sagt Lukas Trietsch. »Die Fontana hat meiner Mutter erzählt, dass ihr plötzlich wie vom Erdboden verschluckt wart. Wieso seid ihr denn abgehauen, als die Feuerwehr kam?«
    Corinna Thiemann zeigt wortlos auf das Silberpflaster an ihrem Bein.
    »Verbrannt?«, fragt Lukas.
    Corinna nickt.
    »Trotzdem komisch«, sagt Lukas und schüttelt den Kopf. »Also, ich wäre dageblieben und hätte zugeguckt, wie sie löschen. Ehrlich, Leute.«

FELIX
    Mit Kinderheimen kannte sich Felix Vorhelm aus.
    Das wusste ich, und ich wusste auch, dass Kinderheime die schrecklichsten Orte der Welt waren.
    Frau Trietsch hatte das gesagt, als ich mit Mama an der Fleischtheke stand.
    »Darf es ein bisschen mehr sein, Frau Besler?« Dann hatte sie die Stimme gesenkt, und ich musste mich anstrengen, um alles zu verstehen.
    »Der Junge ist jetzt wieder bei ihr. Auf Probe, hört man. Die Damen vom Jugendamt geben sich die Klinke in die Hand. Aber das ging ja gar nicht im Kinderheim. Er hat doch nur auf eine Gelegenheit gewartet, wieder abzuhauen. Vier Mal in einem halben Jahr. Nur weil er zur Mutter wollte. Das muss man sich mal vorstellen. Er hätte sogar versucht, Feuer zu legen. Na ja, Blut ist eben dicker als Wasser. Man kann dem Kind nur wünschen, dass es diesmal gut geht. Unserem Lukas habe

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