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Heldenstellung

Heldenstellung

Titel: Heldenstellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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Prosecco in der Hand und trägt knallroten Lippenstift. Zur Begrüßung drückt sie mir einen Kuss auf den Mund. Offenbar haben die frischgebackenen Yogalehrer im Studio auf die bestandene Prüfung angestoßen.
    »Ich wollte mich bei dir bedanken«, sagt sie und wirft sich mir in den Arm. Ich fange sie auf und genieße einen Moment die Berührung. Bis mir einfällt, dass Jessica oben steht. Sina lässt mich los.
    »Darf ich reinkommen?«
    »Nein, äh, doch, klar. Ist nur gerade ein bisschen schlecht.« Sie schaut mich argwöhnisch an. Ich wippe nervös hin und her. »Muss noch etwas erledigen, ein dringendes Projekt. Unternehmensberaterkram.«
    »Ich denke, du bist kein Berater mehr?«, fragt sie und lächelt verführerisch. »Außerdem kann das warten.« Sina zieht ihre Jacke aus und hängt sie an die Garderobe. Dann schlüpft sie auch gleich aus ihrem Pullover.
    »Du siehst toll aus«, sage ich, als sie in dem Kleid vor mir steht. Sina dreht sich einmal im Kreis, so dass sich der Rocksaum hebt. Dann zieht sie die gerahmte Urkunde aus ihrer Stofftasche und deutet auf den Prosecco. »Gläser sind oben, wenn ich mich richtig erinnere?«
    Bevor ich sie aufhalten kann, läuft sie die Treppen zum Zimmer meines Vaters hoch. Ich folge ihr, schneller, als mir lieb ist. »Du hast es aber eilig!«, meint sie kichernd und rennt ins Zimmer. Ihr Blick fällt auf meinen Trolley.
    »Willst du verreisen?«
    »Ist dienstlich.« Sina setzt sich aufs Bett und sieht mich argwöhnisch an.
    »Ich bin doch nicht blöd, Fred. Was ist los?« Langsam bewege ich mich zum Schrank, bis ich schließlich mit dem Rücken davor stehe.
    »Mein Vater hat mich rausgeschmissen, weil ich nicht zur Präsentation erschienen bin. Jetzt muss ich mir eine neue Bleibe suchen«, erkläre ich. Sina schiebt den leeren Trolley vom Bett. Weil ich sie immer noch wie paralysiert anstarre, steht sie auf und kommt ganz nah zu mir. Sie dreht sich um.
    »Kannst du mir bitte mit dem Reißverschluss helfen?«, fragt sie und senkt den Kopf, so dass ich ihren schönen Nacken sehe. »Er ist nämlich noch zu.« Automatisch folgen meine Hände ihren Worten. Ich öffne das Kleid. Es fällt wie ein leichter Vorhang zu Boden. Sie trägt Blümchenunterwäsche, etwas heller als ihr Lippenstift.
    »Sina«, murmele ich. »Da ist noch etwas . . .«
    »Jetzt mach dich mal locker«, sagt sie leise. »Alles ist gut. Du kannst erst mal bei mir schlafen. Oder im Studio.« Sie legt sich seitlich aufs Bett. Wir schauen uns an, das Knistern der Spannung zwischen uns ist das einzige Geräusch in dieser verheißungsvollen Stille.
    Bis ein gedämpftes, aber deutliches »Mmmmh« aus dem Schrank kommt. Sinas Gesichtsausdruck ändert sich schlagartig von Bereit-die-Wonnen-der-tantrischen-Liebe-zu-offenbaren zu Ach-du-Scheiße-ich-bin-in-die-Fänge-eines-Psychopathen-geraten.
    »Da kam was aus dem Schrank«, sagt sie und setzt sich auf. Ich schaue sie erstaunt an. »Was soll denn da aus dem Schrank kommen?«
    »Hast du es nicht gehört?«
    »Was?«
    »MMMMH!«, diesmal lauter, drängender. Sina und ich springen auf. Ich stelle mich vor die Schranktür. Sina baut sich vor mir auf. Sie atmet schwer, wie ein Stier, der gleich den Torero aufspießen wird.
    »Das ist jetzt nicht wahr, oder?« Ich schüttele den Kopf.
    »Du hast nicht wirklich eine Frau in deinem Kleiderschrank? Das ist ja wie in einem schlechten Film«, ruft sie. »Als Nächstes sagst du noch, du kannst mir alles erklären, oder?«
    »Sina, ich kann . . ., nein, es ist kompliziert.« Klingt auch nicht besser. Jetzt hämmert es aus dem Schrank.
    »MMMH!«
    »Weg von der Tür!«, befiehlt Sina. Ich zögere. Ihr Blick findet den silbernen Consulting-Oscar meines Vaters. Sie greift ihn und zielt auf meinen Kopf.
    »Ich sagte, weg da!« Zögernd mache ich den Weg frei. In dem Moment platzt die Schranktür auf, und Jessica fällt heraus. Ihr Kopf ist dunkelrot. Sina kreischt, wie ich sie noch nie haben kreischen hören. Sie sieht von Jessica zu mir, wieder zu Jessica, die offenbar keine Luft bekommt. Jemand muss ihr helfen. Mit einem Griff öffne ich den Knebel und nehme den roten Ball aus ihrem Mund. Geräuschvoll saugt sie die Luft ein, atmet zwei-, dreimal, viermal tief ein und aus. Sina ist mit dem Rücken an der Wand heruntergerutscht und hockt auf allen vieren in der Ecke.
    »Das kann doch jetzt alles nicht wahr sein«, stammelt sie. Tränen laufen ihr aus den Augen, als sie mich ansieht. »Was ist nur los mit dir? Macht es dir

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