Heliosphere 2265 - Band 7: Die Opfer der Entscheidung (Science Fiction)
Noriko Ishida deaktivieren.
Jayden bemerkte, dass seine Arme unaufhörlich zitterten. Schnell verschränkte er sie hinter dem Rücken. Die letzten zwei Tage hatten ihm und jedem hier an Bord alles abverlangt. Nachdem die interne Kommunikation wiederhergestellt war - und die Wissenschaftler und Offiziere, die als Boten fungiert hatten, sicher um zahlreiche Kilo leichter waren -, war die Verständigung deutlich einfacher. Die Schichten liefen flüssig ab, die Techniker taten, was sie nur konnten. Doch das war nicht viel. Die Strahlung im Maschinenraum war noch immer auf einem Niveau, das jedes Betreten unmöglich machte.
Jayden warf im Vorbeigehen einen Blick zum Stasetank. Dort saß sie: Lieutenant Commander Giulia Lorencia. Die Chefingenieurin verbrachte jede freie Minute am Tank von Ishida. Viele davon gab es nicht, koordinierte sie doch die Instandsetzungsarbeiten im Maschinenraum. Die Lieutenant Commander war am Ende, wirkte wie ein Häufchen Elend. Der Tod ihres Stellvertreters und der unfassbare Anschlag auf ihre beste Freundin hatten sie in tiefster Seele erschüttert.
“Sollte es notwendig werden, den Tank abzuschalten”, sagte Jayden leise, “dann setzen Sie sich zuerst mit mir in Verbindung. Ich bringe es der L.I. bei, während Sie die Prozedur ausführen.”
“Verstanden, Sir.”
“Sonst noch etwas?”
Isaak nickte. “Abgesehen von Toten und Verletzten? Wir können die Heilung von Tess Kensington einstweilen nicht abschließen. Es gibt quasi nur vorrangige Patienten, die mit dem Leben ringen. In spätestens zwei Tagen können wir gar keine Behandlung mehr durchführen und lediglich noch einfache Injektionen verabreichen.
Wir haben mittlerweile die Bestätigung, dass Paramedic Syra Pembleton die Explosion des Pulsers nicht überlebt hat. Ein Bergungsteam fand sie in der Kabine von Commander Kensington.”
“Ich verstehe.”
“Über die anderen Fälle halte ich Sie auf dem Laufenden.”
Jayden nickte, doch der Doktor war schon auf und davon. Isaak arbeitete seit zwei Tagen ohne Unterbrechung. Lange konnte er das nicht mehr durchhalten. Keiner von ihnen konnte das. Aber wer vermochte in dieser Situation auch nur an Schlaf zu denken, oder eine Stunde Entspannung einzuschieben? Nicht, solange man etwas tun konnte.
Jayden rieb sich müde die Augen, dann kehrte er zur Kommandobrücke zurück.
*
Dritter Tag der Havarie
Lieutenant Commander Giulia Lorencia saß am Stasetank und konnte den Blick nicht von Noriko Ishida abwenden. Immer wieder fragte sie sich, warum Johnston gerade sie ausgewählt hatte. Natürlich war es bedeutungslos. Der Grund spielte keine Rolle, nur das Ergebnis. Sie alle trugen diese verdammten Chips in ihrem Schädel, doch es war ihr egal; völlig egal. Nur der zerbrechliche schwache Leib hatte Bedeutung, der vor ihr im Tank lag.
Noriko war ihre Freundin. Ihre einzige Freundin. Giulia konnte sich dieses Schiff einfach nicht ohne sie vorstellen. Sie wollte es gar nicht.
Eigentlich hatte sie ihr so viel erzählen wollen, mit ihr noch über so viele Dinge reden wollen. Aber das war einstweilen nicht möglich.
Wenn du wieder erwachst … Sobald du wieder erwachst, werden wir reden. Dann erzähle ich dir alles. Alles über den verdammten Torpedo, den ich manipuliert habe. Dass ich es war, die damals den Club der Captains aufdeckte und die Information an Sjöberg weitergab. Der wiederum dafür sorgte, dass du aufgenommen wurdest, weil er wusste, dass du alles auffliegen lassen würdest. So fiel es nicht auf mich zurück und nicht auf ihn.
Ich bin schuld, dass deine Karriere zerstört wurde. Es tut mir so leid. Aber der Torpedo hat dich gerettet. Ein einfaches Stück Metall, ein Sprengkopf und eine Parlidensignatur. Es war so leicht, diesen Dummkopf Walker auszunutzen. Dass er für Michalew arbeitet wusste doch jeder. Und jetzt erweist sich Sjöberg als der Böse, der uns Killchips in den Schädel gesetzt hat.
Sie verbarg den Kopf in den Händen. Ihre Gedanken überschlugen sich, Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie musste stark sein. Für Noriko, für Cross und das Schiff, für alles, woran sie glaubte.
*
Vierter Tag der Havarie
Lieutenant Commander Tess Kensington trank einen Schluck Wasser, dann hielt sie ihre Unterarme unter den Wasserstrahl. Sie benötigte fünf Minuten alleine und hatte sich profanerweise für die Toilette der Krankenstation als Rückzugsort entschieden.
Das Spiegelfeld warf ein fremdes Antlitz zurück. Ihr Gesicht glich einer
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