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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Stille an. Dann verließ Bundo die Gasse ziemlich schnell. Er rannte bis zum Kai, wo gerade ein Schiff ablegte. Bundo sprintete über die Laufplanke, während diese an Bord gezogen wurde. Er wurde zu einem Seemann und starb drei Jahre später, als ihm in einem fernen Land ein Gürteltier auf den Kopf fiel. Nie erzählte er jemandem, was er in der Gasse gesehen hatte. Aber gelegentlich schrie er, wenn er einen Hund sah.
    Angua kam kurze Zeit später zum Vorschein und lief auf vier Beinen fort.
     
    Lady Sybil Käsedick öffnete die Tür und schnupperte.
    »Samuel Mumm! Du bist betrunken!«
    »Noch nicht, aber hoffentlich bald«, erwiderte Mumm fröhlich.
    »Und du hast noch immer deine Uniform an!«
    Mumm sah an sich hinunter und hob dann wieder den Kopf.
    »Stimmt!« sagte er gutgelaunt.
    »Die ersten Gäste können jeden Augenblick eintreffen. Geh in dein Zimmer. Willikins hat ein Bad vorbereitet und einen Anzug für dich bereitgelegt. Na los…«
    »Ausgezeichnet!«
    Mumm badete in lauwarmem Wasser und blieb dabei in rosaroten alkoholischen Dunst gehüllt. Nach einer Weile trocknete er sich so gut wie möglich ab und betrachtete den Anzug auf dem Bett.
    Der beste Schneider in der ganzen Stadt hatte ihn angefertigt. Es mangelte Sybil Käsedick nicht an Großzügigkeit; sie war stets bestrebt, alles zu geben.
    Der Anzug war in blauen und violetten Farbtönen gehalten, Spitzen zierten Ärmel und Kragen. Er war der letzte Schrei der aktuellen Mode. Sybil Käsedick wollte, daß Mumm einen Platz in der feinen Gesellschaft von Ankh-Morpork bekam. Sie hatte es nie gesagt, aber Mumm vermutete folgendes: Wahrscheinlich glaubte sie, er sei zu schade für den Wachdienst.
    Mit einer Mischung aus Benommenheit und Verwirrung starrte er auf das Kleidungsstück. Er hatte nie einen Anzug getragen. Als Kind wurden Lumpen irgendwie an ihm befestigt, und später gab es die aus Leder und Kettenhemd bestehende Uniform der Wache: bequeme und praktische Kleidung.
    Zu dem Anzug gehörte auch ein Hut. Mit Perlen dran.
    Mumm hatte nie eine Kopfbedeckung benutzt, die nicht aus Metall bestand.
    Die Schuhe waren lang und spitz.
    Im Sommer hatte er immer Sandalen getragen, im Winter die traditionellen billigen Stiefel.
    Hauptmann Mumm schaffte es gerade so, ein Offizier zu sein. Er wußte nicht, wie man zu einem feinen Herrn wurde. Nun, der Anzug schien der erste Schritt zu sein…
    Die Gäste trafen ein. Er hörte das Knirschen von Kutschenrädern auf dem Kies, gelegentlich auch ein rhythmisches Klatschen von den Füßen der Sänftenträger.
    Er sah aus dem Fenster. Die Teekuchenstraße lag höher als der größte Teil von Morpork und bot ein prächtiges Panorama – wenn man an solchen Dingen Gefallen fand. Der Palast des Patriziers war ein dunkler Schemen inmitten von Schatten; ganz oben schimmerte Licht in einem Fenster. Wenn er dort zuerst hinsah und dann den Blick nach unten und gleichzeitig in die Breite gleiten ließ, offenbarte sich ihm eine Finsternis, die immer schwärzer zu werden schien – besonders in den Teilen der Stadt, wo man keine Kerzen anzündete, weil man dadurch gute Nahrung vergeudet hätte. Im Bereich des Steinbruchwegs glühte rötlicher Fackelschein. Das war verständlich: Immerhin feierten die Trolle Neujahr. Ein vager Glanz hing über der Unsichtbaren Universität, genauer: über den Dächern des Forschungstrakts für hochenergetische Magie. Mumm hätte am liebsten alle Zauberer verhaftet, allein aufgrund des Verdachts, daß sie zu schlau waren. Weitere Lichter zeigten sich bei der Ankertaugasse und in der Glatten Straße. Leute wie Hauptmann Schrulle nannten diese Gegend das
Vergnügungs
viertel

    »Samuel!«
    Mumm versuchte, die Krawatte zurechtzurücken.
    Er war mit Trollen, Zwergen und Drachen fertig geworden, doch jetzt bekam er es mit einer neuen Spezies zu tun: mit den Reichen.
     
    Nachher fiel es Angua immer schwer, sich zu erinnern, wie sie die Welt »in jenem anderen Zustand« wahrnahm – so hatte es ihre Mutter immer ausgedrückt.
    Zum Beispiel entsann sie sich daran, Gerüche zu sehen. Die Straßen und Gebäude… natürlich existierten sie nach wie vor, aber hauptsächlich als grauer Hintergrund, vor dem sich Geräusche und Gerüche in Linien aus… buntem Feuer und in Wolken aus… aus farbigem Rauch abzeichneten.
    Genau das war das Problem. Es gab keine geeigneten Worte, mit denen Angua nachher beschreiben konnte, was sie gehört und gerochen hatte. Wenn man eine Zeitlang eine völlig neue, achte

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