Helle Barden
abgesehen davon, bewegte er sich nicht.
»Der Schwefel«, sagte Knuddel, ohne sich umzudrehen. »Steigt ihnen sofort zu Kopf.«
Karotte schlug mit der Faust auf die Theke. »Wir sollten etwas unternehmen!«
»Wir könnten uns seine Stiefel schnappen«, schlug Nobby vor.
»Ich spreche von Herrn Hammerhock.«
»Oh, ja«, sagte Nobbs. »Jetzt klingst du wie der alte Mummy. Wenn wir uns wegen jeder Leiche in dieser Stadt aufregen würden…«
»Diesmal liegt die Sache anders!« erwiderte Karotte scharf. »Normalerweise handelt es sich nur um… äh… um Selbstmord oder Auseinandersetzungen zwischen den Gilden oder so. Aber diesmal war das Opfer ein Zwerg. Eine Stütze der Gesellschaft! Er brachte den ganzen Tag damit zu, Schwerter, Äxte, Grabwaffen, Armbrüste und Folterinstrumente herzustellen. Und plötzlich liegt er im Fluß, mit einem großen Loch in der Brust! Es ist unsere Pflicht, etwas zu unternehmen.«
»Hast du dir was in die Milch geschüttet?« fragte Colon. »Sollen sich die Zwerge selbst darum kümmern. Es ist wie mit dem Steinbruchweg: Stecke deine Nase nicht dorthin, wo sie jemand abreißen und aufessen kann.«
»Wir sind die
Stadt
wache«, betonte Karotte. »Wir sind nicht nur für die Teile von Ankh-Morpork zuständig, die größer sind als hundertzwanzig Zentimeter und aus Fleisch bestehen!«
»Ein Zwerg kommt als Täter nicht in Frage.« Knuddel schwankte ein wenig. »Und auch kein Troll.« Er versuchte, sich an die Nase zu klopfen, verfehlte jedoch das Ziel. »Weil der Leiche weder Arme noch Beine fehlen.«
»Hauptmann Mumm verzichtet bestimmt nicht darauf, Ermittlungen anzustellen«, sagte Karotte.
»Hauptmann Mumm lernt gerade, bald ein Zivilist zu sein«, meinte Nobby.
»Nun, wenn ihr meine Ansicht hören wollt…«, begann Colon und stand auf.
Er hüpfte. Er sprang auf einem Bein umher. Seine Lippen bewegten sich, und schließlich gelang es ihm, zwei Wörter zu formulieren.
»Mein Fuß!«
»Was ist damit?«
»Etwas steckt darin!«
Colon hüpfte nach hinten, griff nach seiner Sandale und stolperte über Detritus.
»In dieser Stadt kann man auf die erstaunlichsten Dinge treten«, sagte Karotte.
»An deiner Sandalensohle hängt etwas«, bemerkte Angua. »Nun halt doch endlich still.«
Sie zog ihren Dolch.
»Ein Stück Pappe oder so. Mit einer Reißzwecke. Wer weiß, woher das Ding stammt. Wahrscheinlich hat es eine Weile gedauert, bis sich die Spitze der Reißzwecke ganz durch die Sohle gebohrt hat.«
»Ein Stück Pappe?« wiederholte Karotte.
»Und darauf steht etwas…« Mit dem Messer schabte Angua den Schmutz fort.
»Was bedeutet das?« fragte sie.
»Keine Ahnung«, sagte Nobby. »Vielleicht soll es darauf hinweisen, daß etwas gefährlich ist, zum Beispiel die Reißzwecke. Oder wir sehen hier die Visitenkarte von Herrn Gfähr. Was weiß ich? Ich schlage vor, wir genehmigen uns noch eine Runde…«
Karotte nahm das Stück Pappe und drehte es nachdenklich hin und her.
»Werft die Reißzwecke nicht weg«, erklang Knuddels Stimme. »Fünf von den Dingern kosten einen Groschen. Mein Vetter Gimick stellt sie her.«
»Dies hier ist wichtig«, sagte Karotte. »Der Hauptmann sollte davon erfahren. Ich glaube, er hat nach dieser Pappe gesucht.«
»Was soll daran wichtig sein?« fragte Feldwebel Colon. »Es ist nur ein Stück Pappe. Mit einer verdammten Reißzwecke, die mir in den Fuß gestochen hat.«
»Ich weiß nicht, welche Bedeutung sich dahinter verbirgt«, erwiderte Karotte. »Wie dem auch sei: Wir müssen den Hauptmann informieren.«
»Sag du’s ihm«, meinte Colon. »Sicher weilt er jetzt bei Ihrer Ladyschaft.«
»Um dort zu lernen, ein feiner Herr zu sein«, fügte Nobby hinzu.
»Na schön, ich teile es ihm mit.« Karotte schien ein wenig verärgert zu sein.
Angua sah durch das schmutzige Fenster. Bald ging der Mond auf. Das war das Problem mit Städten: Man mußte immer damit rechnen, daß der Mond hinter einem Turm oder so lauerte.
»Ich gehe jetzt besser heim«, sagte die junge Frau.
»Ich begleite dich«, bot sich Karotte an. »Ich muß ohnehin dem Hauptmann Bericht erstatten.«
»Ich möchte nicht, daß du wegen mir einen Umweg machen mußt.«
»Das würde mich sogar freuen.«
Angua sah den Ernst in Karottes Miene.
»Es liegt mir fern, dir Umstände zu machen«, sagte sie.
»Schon gut. Ich wandere gern. Das hilft mir beim Nachdenken.«
Angua lächelte trotz ihrer Verzweiflung.
Sie verließen die Taverne und traten in den nicht mehr
Weitere Kostenlose Bücher