Helle Barden
Piranhas öffnen.
Jeder wurde auf seine eigene Art damit fertig. Colon dachte nie darüber nach, und Nobby machte sich deshalb keine Sorgen. Die Rekruten waren noch nicht lange genug dabei, als daß es sie belasten würde, und Karotte… er blieb immer er selbst.
Hunderte von Personen starben jeden Tag in der Stadt, oft durch Selbstmord. Was spielten einige mehr oder weniger schon für eine Rolle?
Der innere Mumm hämmerte mit den Fäusten an die Wände.
Einige Kutschen standen vor der Käsedick-Villa; überall wimmelte es von diversen weiblichen Verwandten und austauschbaren Emmas. Sie buken und kochten und putzten. Mumm schritt durch die allgemeine Hektik, und kaum jemand beachtete ihn.
Er fand Sybil im Drachenstall. Wie üblich trug sie Stiefel und Schutzkleidung. Sie mistete aus, völlig unberührt vom kontrollierten Chaos im großen Gebäude.
Die Lady sah auf, als sich die Tür hinter Mumm schloß.
»Oh, da bist du ja«, stellte sie fest. »Ich habe erst später mit dir gerechnet. Ich konnte das Durcheinander nicht ertragen und bin deshalb hierhergekommen. Aber ich muß mich bald umziehen…«
Sie unterbrach sich, als sie Mumms Gesichtsausdruck bemerkte. »Was ist los?«
»Ich kehre nicht zurück«, verkündete der Hauptmann.
»Tatsächlich? Letzte Woche hast du gesagt, du wolltest bis zum Schluß bei der Truppe bleiben.«
Sybil hörte alles. Und sie vergaß nur selten etwas.
Sie klopfte Mumm auf die Hand.
»Ich bin froh, daß du’s hinter dir hast«, sagte sie.
Korporal Nobbs stürmte ins Wachhaus und warf die Tür hinter sich zu.
»Nun?« fragte Karotte.
»Es sieht nicht besonders gut aus«, berichtete Nobby. »Angeblich planen die Trolle einen Protestmarsch zum Palast, um Kohlenfresses Freilassung zu verlangen. Hier und dort treiben sich Gruppen von Zwergen und Trollen herum. Sie sind auf Stunk aus.
Und
Bettler. Nimmer Niedlich war sehr beliebt. Dazu kommen Leute von den Gilden.« Nobbs atmete tief durch und fügte bedeutungsvoll hinzu: »Die Stadt gleicht einem Faß mit Pulver Nummer eins.«
»Was haltet ihr davon, wenn wir unser Quartier in die Ebene außerhalb von Ankh-Morpork verlegen?« fragte Colon.
»Wieso denn?«
»Wenn heute nacht jemand ein Streichholz an der falschen Stelle anzündet, bleibt nicht viel von der Stadt übrig«, brummte der Feldwebel kummervoll. »Normalerweise genügt es, die Tore zu schließen, aber diesmal hat der Fluß zuwenig Wasser.«
»Ihr flutet die Stadt, nur um Brände zu löschen?« vergewisserte sich Angua.
»Ja.«
»Und noch etwas«, sagte Nobby. »Die Leute haben Dinge nach mir geworfen.«
Karotte hatte an die Wand gestarrt. Jetzt holte er ein kleines, zerknittertes Buch hervor und blätterte darin.
»Kam es zufälligerweise zu einem unwiederbringlichen Verlust von Recht und Ordnung?« fragte er. Seine Stimme schien aus der Ferne zu kommen.
»Ja«, bestätigte Colon. »Recht und Ordnung gingen vor etwa fünfhundert Jahren verloren. Daraus hat sich ein für Ankh-Morpork typischer Zustand ergeben.«
»Ist der Zustand derzeit noch typischer als sonst? Das ist sehr wichtig.« Karotte blätterte erneut.
»Wenn man Dinge nach mir wirft…«, sagte Nobby. »Das läßt sich nur durch einen allgemeinen Zusammenbruch von Recht und Ordnung erklären.«
Einige Sekunden lang herrschte erwartungsvolle Stille.
»Damit kommen wir nicht durch«, sagte Colon schließlich.
»Einige der Dinge haben mich sogar
getroffen
«, betonte Nobby.
»Warum sollte man überhaupt etwas nach dir werfen?« fragte Angua.
»Weil ich ein Wächter bin«, antwortete Nobbs. »Die Zwerge sind wegen Herrn Hammerhock sauer auf die Wache, und den Trollen gefallen wir nicht, weil Kohlenfresse verhaftet wurde. Die anderen Leute möchten uns eine Abreibung verpassen, weil es ihnen nicht gefällt, wenn zornige Zwerge und Trolle durch die Stadt ziehen.«
Jemand hämmerte an die Tür.
»Vermutlich hat sich draußen eine wütende Menge eingefunden«, sagte Nobby.
Karotte öffnete.
»Ich sehe keine wütende Menge«, verkündete er.
»Ugh.«
»Es ist ein Orang-Utan. Er trägt einen bewußtlosen Zwerg, und ein Troll folgt ihm. Außerdem scheint er nicht gerade bester Laune zu sein.«
Willikins, Lady Käsedicks Diener, hatte für Mumm ein Bad vorbereitet. Ha! Morgen würde er auch
sein
Diener sein.
Und das Bad war nicht etwa eins der üblichen Sitzbäder, eine alte, verbeulte Wanne, die man vor den Kamin zog. O nein. In der Käsedick-Villa wurde das Regenwasser vom Dach in
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