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Hell's Kitchen

Hell's Kitchen

Titel: Hell's Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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Sie dafür, daß die sich beeilen.« Und dann fiel mir wieder ein, wo ich war. »Sagen Sie, es wäre für einen Cop.«
    Watermans Augen fielen zu.

12

    Jetzt kamen all die trostlosen und vertrauten Aufräumungsarbeiten, die immer auf eine Schießerei folgen, so trostlos und mir über die Jahre so vertraut, daß sie nur noch reine
    Abstraktionen darstellten. Weder das benommene Opfer noch der flüchtende Täter, nicht einmal ich selbst scheinen wirklich etwas mit dem zu tun zu haben, was geschehen ist, als wären wir alle zu bloßen Zuschauern unseres eigenen Traumes eines Kriminalfilmes degradiert, als würden wir alle im Dunkeln sitzen und benebelt unsere jeweiligen Szenen verfolgen.
    Wie oft schon hatte ich inzwischen miterlebt, wie ein Mann zusammengeschossen wurde, im Kino und im wirklichen Leben? Wie oft schon waren meine Hände in der Hoffnung, auch nur den winzigsten Pulsschlag zu finden, über einen unter Schock stehenden, reglosen Körper geflogen? Wie oft schon hatte ich meine Hände angestarrt und sie rot und glänzend und klebrig vom gerinnenden Blut eines anderen Menschen gesehen?
    In diesem zeitlosen Augenblick, während ich über Samuel Watermans verwundetem Körper kniete, als es schien, ich würde mich selbst als Akteur in immer wieder demselben alten Film beobachten - während Dutzende von Father Loves Gemeindemitgliedern von der Straße in die schmale, schneeglatte Gasse drängten, einige der Männer an mir vorbeistürmten und in der sinnlosen Verfolgung des Bewaffneten über den Zaun kletterten, die anderen einen Kreis um mich bildeten und Gebete in den Wind hinausschrien -, verstand ich schließlich das natürliche Phänomen und dessen Wert, all die mörderische Gewalt zu abstrahieren, deren Zeuge ich im Verlauf meiner Karriere als New Yorker Cop geworden war. Die Abstraktion ist mein eigener, notwendiger Selbsterhaltungsmechanismus gegen den Anblick von soviel Verderbtheit, sie hat mich davor bewahrt, über die Kante zu stolpern und die Grenze zum Wahnsinn zu überschreiten. Und jetzt würde es Watermans einzige Chance sein, die Kugel zu überleben, die durch seinen Hals gefetzt war, jetzt lag seine Zukunft in meinen Händen.
    Durch das Geheul der erschrockenen, sich um mich drängenden Menge hörte ich Roys Stimme zu mir vordringen.
    »Platz da! Platz da!«
    Dann war Roy da, kniete mir gegenüber. Er legte eine große Hand auf Watermans reglose Schulter. Ich entfernte mehr Blut und Schleim aus Watermans Mund, hielt meine Finger auf seine Jugularvene gepreßt.
    »Sind unterwegs«, sagte Roy. Und in verschwommener Ferne hörte ich die durchdringende Sirene eines Krankenwagens, gefolgt vom tiefen Schmettern seiner Hupe.
    Ich sah, daß sich Watermans Brust nicht mehr hob, ein schlechtes Zeichen. Er hatte aufgehört zu atmen.
    »Was jetzt?« fragte Roy. »Was brauchen wir jetzt?« In seiner Stimme lag Angst, Angst um Watermans Leben. Aber er gab sich größte Mühe, ruhig zu sprechen; er brüllte nicht.
    Roy beugte sich dichter zu mir, um besser verstehen zu können. »Kann sein, daß Waterman gleich zu zucken beginnt«, sagte ich. »Das wird den Leuten Angst machen, aber es sieht schlimmer aus, als es ist - außerdem weiß ich, was ich dann tun muß. Halten Sie die Leute weg, und wenn möglich, sorgen Sie dafür, daß sie ganz aus der Gasse verschwinden.«
    Roy nickte.
    »Okay«, sagte ich. »Denken Sie aber vor allem daran, daß die Leute hier keine Gefahr darstellen. Sie haben nur Angst. Also holen Sie sich einige der größeren Männer und Frauen - groß, damit jeder sie sehen kann -, und lassen Sie sich von denen helfen. Wenn man die Leute einspannt, sträubt sich die Menge weniger. Verstanden?«
    Roy nickte.
    »Wir brauchen unbedingt Platz, damit der Krankenwagen hierher zurücksetzen und die Sanitäter übernehmen können. Jede Sekunde zählt, verstanden? Stellen Sie einen Mann draußen auf die Straße. Er soll diese Straßenseite von Autos freihalten und den Krankenwagen hier reinlotsen. Verstanden?«
    Und dann hatte ich alles gesagt, wozu ich Zeit hatte. Alles andere lag allein an Roy.
    Ich beugte mich über Waterman und preßte meine Lippen auf seinen blutverschmierten Mund, drückte seine Nase zu und blies mehrere Atemstöße in seine Lungen. Dann setzte ich mich auf und schlug mit der flachen Hand auf seinen Brustkorb, schlug ihm genau aufs Brustbein. Ich wiederholte die Mund-zu-Mund-Beatmung, das Schlagen, dann wieder die Mund-zu-Mund-Beatmung...
    Die Sirene wurde lauter, beschleunigte

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