Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hell's Kitchen

Hell's Kitchen

Titel: Hell's Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
Vom Netzwerk:
ihr erzählt hatte, ich käme vom städtischen Gesundheitsamt und würde eine Kontrolluntersuchung der aktenkundigen Fälle von Geschlechtskrankheiten durchführen, und ob sie zufälligerweise den Namen und die Anschrift des jungen Mannes kannte, der neben ihr auf den Fotos zu sehen war, machte ich dank der Hilfe der entgegenkommenden Freundin innerhalb einer Stunde meine Festnahme.
    Aber diesmal hatte ich kein solches Glück. An den frischen Reifenspuren im Schneematsch erkannte ich, daß an diesem Morgen irgendein Fahrzeug in der Gasse gewesen sein mußte. Aber das war’s dann auch schon.
    Ich warf einen Blick um die Ecke der Kirche. Ein Stück die Avenue hinauf traten die letzten Gläubigen aus dem Haupteingang des Tempels auf den Bürgersteig, wo allmählich ein reger Fußgängerverkehr herrschte.
    Ich drehte mich um und wollte zurück zum Lieferanteneingang gehen. Waterman machte einen Schritt auf die Gasse hinaus, um dort auf mich zu warten.
    Ich wollte gerade sagen, daß ich es nicht für eine besonders gute Idee hielt, da draußen auf der Gasse zu stehen. Doch dann hörte ich hinter mir schwere Schritte. Ich drehte mich um, sah aber nur noch einen ausgestreckten Arm auf meinen Kopf zugerast kommen. Ich verlor das Gleichgewicht und ging zu Boden, schlitterte gegen die Ziegelwand des Nachbargebäudes und schürfte mir die Stirn auf. Dann rannte jemand mit großen Schritten an mir vorbei.
    Ich rappelte mich auf, rutschte wieder aus und schlug mir auf dem Boden das Knie auf. Ich sah den Rücken eines Mannes in einem langen Mantel, der schwerfällig auf Waterman zulief, der einfach nur bewegungslos und verwundbar dastand.
    Dann fielen zwei Schüsse. Der Schütze in dem Mantel erwischte Waterman aus kürzester Entfernung ins Gesicht oder den Hals. Dann lief er, langsam, weiter auf den Zaun zu.
    Waterman stürzte. Er drehte sich und landete auf der Brust und umklammerte seinen Hals, und zwischen seinen Fingern schoß Blut heraus. Und als das warme Blut auf den Schnee fiel, dampfte es.
    Ich hätte den Schützen erwischen können, wenn ich auf ihn geschossen hätte, aber mir blieben nicht mal die wenigen Sekunden, die es dauerte, eine meiner Waffen zu ziehen. Wenn ich Waterman retten wollte, hatte ich keine Zeit für Scharfschießübungen.
    Ich drehte ihn auf die Seite, so daß das Blut auf den Boden lief, statt sich in seiner Halswunde zu sammeln und ihn zu ertränken. Ich zog seine Hände fort und tastete in dem Loch in seinem Hals, bis ich die Jugularvene fand.
    »Roy... Roy!« schrie ich. »Hilfe, Roy!«
    Meine Stimme hallte dumpf durch die Gasse. Ich hörte, wie meine Worte von einer Ziegelwand zur anderen prallten.
    Zwischen Daumen und den ersten beiden Fingern drückte ich vorsichtig Watermans Jugularvene ab, was den Blutstrom auf die Hälfte reduzierte. Mit der freien Hand öffnete ich seinen Mund, und sofort flössen Blut und Schleim heraus. Mit den Fingern schöpfte ich die Flüssigkeiten aus seinem Mund, damit die Luftröhre frei blieb.
    Watermans Augen wurden rot. Ich wußte, daß er starke Blutungen hatte. Bestenfalls würde ich ihn zehn Minuten in diesem Zustand halten können, bevor er in einen komatösen Schock fiel. Dann lag es allein an den Ärzten, und danach an Mächten höher als die Medizin.
    Die Ruhe und Langsamkeit war überwältigend. Die graue Friedlichkeit, mit der Samuel Waterman mir entglitt. Sekunde um erstarrte Sekunde.
    Dann hörte ich irgendwo im Inneren der Kirche Roy brüllen. Ich hörte, wie er die Stahltreppe heraufgepoltert kam.
    »Father!« brüllte er. »Father Love!«
    Und der große, schwerfällige Bursche in dem Mantel begann den Zaun hinaufzuklettern. Ich sah nur seinen Rücken. Er war gedrungen, wie ein Mann mittleren Alters, aber trotz seiner Trägheit hatte ich das Gefühl, daß er jünger war, als er aussah.
    Unbeholfen kletterte er höher. Er erreichte das obere Ende des Zaunes, als Roy durch die Stahltür auftauchte.
    »Father Love!«
    Der untersetzte Bursche auf dem Zaun drehte sich einmal kurz um und sah genau in meine Richtung. Aber ich konnte keine Einzelheiten seines Gesichtes erkennen. Das Blut des Mannes, den ich hielt, war überallhin gespritzt, auch auf meine Stirn und in meine Augen.
    Der Schütze ließ sich auf die andere Seite hinunterfallen, krachte in die trockenen, winterlich spröden Blätter. Bei diesem Geräusch drehte Roy sich um. Dann schaute er ihm nach, wie er über das Abrißgrundstück davonlief.
    »Rufen Sie einen Krankenwagen, Roy! Und sorgen

Weitere Kostenlose Bücher