Hell's Kitchen
sagte ich, »gestern abend um deine Garderobe herumgeschlichen und...?«
»Ja, und im Dunkeln muß er wohl gedacht haben... oh, ich weiß auch nicht, was er gedacht hat. Vielleicht hat er geglaubt, du wolltest mir was tun, ich weiß nicht. Aber was zum Teufel spielt es überhaupt schon für eine Rolle, was er gedacht hat? Wichtig ist doch nur, daß er keinen wirklichen Schaden angerichtet hat, okay? Labeija hat Doc Allingham gerufen, und dann haben der Doc und ich dich nach Hause gebracht... Wir haben unser Bestes getan, das Beste, von dem wir etwas verstanden... Wieso belassen wir es nicht einfach dabei?«
Und ich beschloß, daß immer noch Zeit war, irgendwann später mal, alles das zu überprüfen, was Mona gesagt hatte. Daher entschied ich, daß sie, wenigstens für den Augenblick, recht hatte, und daß wir es dabei bewenden lassen sollten. Und das wollte ich ihr auch gerade sagen, als Allingham mit seinem knochigen Schädel und seiner roten Nase hereinkam.
»Wo Sie jetzt ja wieder irgendwie auf den Beinen sind«, meinte er, »wie fühlt’s sich denn so an, mein Sohn?«
»Ich fühle mich wie ein Hundeknochen in einer Welt hungriger Wölfe.«
Und dann lachte Mona, und dabei fühlte ich mich wieder so gut, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war.
Auch Allingham lachte und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, wie Trinker es oft tun, und sagte: »Tja, dann werde ich wohl mal wieder verschwinden, da Sie mich ja nicht mehr brauchen.« Er machte jedoch keinerlei Anstalten zu gehen und beobachtete Mona, während sie in ihrer Handtasche nach Geld suchte.
Sie sagte zu ihm: »Sie werden das hier doch... das hier doch als einen Ihrer vertraulichen Hausbesuche behandeln, Doc, nicht wahr?«
»Madam, ich versichere Ihnen - ärztlich gesprochen, ich suhle mich in den Tiefen der Diskretion.«
Ich sagte zu ihm: »Das dachte ich mir schon.«
Und Mona reichte ihm ein paar Scheine.
Er ging in das andere Zimmer, und ich beobachtete, wie er Hut und Mantel von der Couch unter dem Wohnzimmerfenster nahm, zusammen mit einem schwarzen Arztköfferchen, einer Tasche, wie ich sie als kleiner Junge gesehen hatte, als Ärzte noch Hausbesuche machten und nicht in den Alkoholbeständen rumwühlten, solange sie da waren. Dann ging Allingham. Wir lauschten auf seine schwerfälligen Schritte die Treppe hinunter.
Und dann lächelte Mona mich an und legte wieder die Hände auf meine Brust und sagte nichts. Sie machte mit den Fingern einfach kreisförmige Bewegungen auf meiner Haut, und dann wanderten ihre Hände tiefer und tiefer. Und nach einer Weile sagte sie: »Du warst ganz schön lange weg, obwohl ich kaum glaube, daß es besonders entspannend und erholsam gewesen ist. Jetzt werde ich’s dir entspannend Wachen, Hock, okay? Meinst du, das würde dir gefallen?«
Ich spürte ihren warmen Atem, als sie über mir stand. Dann hob sie ein Knie aufs Bett, und ihr Kleid wanderte ihr Bein hoch, und ein Schuh glitt von ihrem Fuß. Und ihre Hände wanderten tiefer.
Und ich schloß meine Augen und erinnerte mich an jene andere Nacht.
Sag einfach hallo, und ich weiß, daß ich nichts anderes tun muß, als eine Leuchtkugel abzuschießen und mich zu entspannen.
Mona hatte mich beim Denken beobachtet. Ich wußte es, als ich die Augen wieder aufschlug und sie anschaute. Und sie wußte es. Und sie sagte: »Hallo.«
Gegen Mittag wehte ein intensiver, süßlicher Duft nach Kaffee und Zichorien durch das Haus. Und nach Pekannußbutter, die auf getoasteten Melasse-Muffins schmolz. Und ich war wach, erinnerte mich wohlig daran, was passiert war, nachdem Mona »hallo« gesagt hatte.
In mancher Hinsicht fühlte ich mich gut. In anderer, was zum Beispiel meinen Kopf betraf, fühlte ich mich ein wenig zerschlagener als gewöhnlich.
Ich drehte mich um und warf einen Blick durch die Schlafzimmertür, und da war Mona, stand vor dem Fenster, das auf die West Forty-second Street hinausführte, die Rückseite meines Hauses. Sie stand da in ihrem ganz normalen Kleid, strich mit einer Hand durch ihr dunkles Haar und trank Kaffee und schaute auf den grauen Tag hinaus, und sie war wunderschön...
Aber wie häßlich sie auch gewesen war - es war nur eine flüchtige Erinnerung. Verschwunden war sie dennoch nicht ganz und würde auch vorläufig nicht verschwinden. Wie Mona in ihrer Garderobe saß, ein Glas Wein in der Hand, und die Flecken und der Kummer und ihre immer noch verborgenen Sorgen... »Ich habe gewisse Schwierigkeiten wie alle
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